In Mathe waren sie immer furchtbar, doch wenn Mercedes jetzt zur Kurvendiskussion bittet, dann könnte die Sache ein bisschen anders laufen. Schließlich diskutieren wir über den neuen CLE, der im November erst als Coupé und im Frühjahr dann auch als Cabrio die Zweitürer in C- und E-Klasse ersetzt. Und der hat nicht nur wunderschöne Kurven in der Karosse. Sondern wer die Entwickler bei einer letzten Abnahmefahrt begleitet, der lernt schnell, dass der CLE anders als die Limousinen und Kombis eben nicht vornehmlich für die Autobahn gemacht ist, sondern für die Landstraßen und sich dort förmlich nach Kurven sehnt.
Dass Mercedes damit aus zwei Autos eines macht, liegt zum einen an den Herausforderungen der Transformation, die das Portfolio sonst ausufern lassen würde. Und zweiten kommen die Schwaben damit beiden Kundengruppen entgegen: „Denn die Käufer der zweitürigen C-Klasse haben sich ein etwas größeres und repräsentativeres Auto gewünscht und das E-Klasse-Coupé war vielen nicht sportlich genug“, sagt Christof Kühner, der oberste Testfahrer der Modellreihe. „Und statt zweimal das gleiche Auto zu bauen, haben wir eines entwickelt, das beide Anforderungen erfüllt.“
Behäbig geht anders
Aus zwei mach eins: Mercedes kombiniert die Coupé-Verionen von C- und E-Klasse zum CLE - und erfüllt damit beiden Kundengruppen einen Wunsch.
Für mehr Präsenz sorgen ein neues Format, das vor allem gegenüber der C-Klasse in jeder Dimension zum Teil deutlich zulegt - nicht umsonst wird der CLE mit 4,85 Metern zum Beispiel gute 16 Zentimeter länger und fünf Zentimeter breiter - sowie eine nachgeschärfte Form. Als wollte Mercedes einen Mustang im feinen Zwirn bauen, trägt der CLE deshalb die klassischen Züge eines Muscle Cars - mit breiten Hüften, Haifischnase und einer endlos langen Haube - potenter Powerdomes inklusive.
Und für mehr Dynamik haben Kühner & Co den CLE sehr viel strammer abgestimmt als die braven Limousinen. „Wir haben eigene Sitze mit mehr Seltenheit, drei Fahrwerke, von denen eines adaptive Dämpfer bekommt, und wir haben mit der neuen Hinterradlenkung die Chance genutzt, die Lenkung vorne entsprechend kürzer zu übersetzen und schärfer auszulegen“, sagt der Ingenieur und bittet zur ersten Fahrt auf den Beifahrersitz.
Durch Türen mit rahmenlosen Scheiben rutscht man in einen bequemen Sessel und wähnt sich der Straße deutlich näher als in der C- oder E-Klasse. Und wenn man in den Rückspiegel schaut, fühlt man sich noch ein bisschen besser. Denn auch wenn Kühner für den Fond mehr Kopf- und Schulterfreiheit verspricht, unter dem Panoramadach auch mehr Kopffreiheit in Aussicht stellt und der Kofferraum um 60 Liter wächst, wird aus einem sportlichen Zweitürer natürlich kein bequemer Viersitzer. In der ersten Reihe sitzt man deshalb deutlich bequemer. Aber jetzt geht der Blick erst einmal nach vorn und mit Verve treibt Kühner das Coupé durch die Kurven. Je enger die Radien werden, desto weiter zeigen seine Mundwinkel nach oben. Behäbig jedenfalls geht anders.
Das liegt natürlich auch am Antrieb. Denn wo es für C- und E-Klasse erst einmal beim Vierzylinder bleibt und der Plug-in-Hybrid die Spitze im Portfolio markiert, fährt der Prototyp mit einem Sechszylinder. „Dem vorerst einzigen in der Modellfamilie,“ wie Kühner stolz betont. Das kann man nicht nur hören, wenn auch nur im Innenraum, wo der kernige Sound insbesondere im Sportmodus kräftig verstärkt wird. Sondern vor allem kann man das spüren, so druckvoll wie das Coupé aus den Kurven heraus beschleunigt. Kein Wunder: Wo bei den Vierzylindern mit 258 PS im CLE 300 Schluss ist, kommt der neue CLE 450 dann auf immerhin 381 PS und geht mit 500 Nm zu Werke. Genug für einen Sprintwert von 4,4 Sekunden und ein Spitzentempo von mühelosen 250 km/h. Und vor allem genug, um schon jetzt Lust auf die AMG-Version zu machen, selbst wenn die mit ihrem Performance-Hybrid wohl nur noch als Vierzylinder kommt – und trotzdem über 600 PS aufbieten wird.
Schon im Stand ist die Kurvendiskussion ein Vergnügen und auf der Straße erst recht. Doch machen die Kurven des CLE nicht nur dem Fahrer Freude, sondern wahrscheinlich auch den Kassenwarten. Denn wie immer bei Coupés gibt’s auch diesmal wieder weniger Auto für mehr Geld – und unter 60.000 Euro wird der Zweitürer nicht zu haben sein.
Aus dem Datencenter: