Continental in Audi-Rückruf verwickelt

München. Der Zulieferer Continental ist in die aktuelle Rückrufaktion der VW-Tochter Audi involviert. Das erklärte Vorstandschef Elmar Degenhart am Donnerstag Abend (30.10.) vor Journalisten des Müncher Wirtschaftspresseclubs. Audi muss derzeit weltweit 850.000 A4 zurückrufen, weil ein Softwarefehler dazu geführt haben könnte, dass der Airbag nicht auslöst. "Wir sind Lieferant des Systems", so Degenhart. "Das Problem liegt in der Elektronik. Die Ursache und die Verantwortlichkeit für dieses Problem werden gerade analysiert." Fest stehe aber, dass die Software nachgeflasht werden müsse. Ein Vorgang, der nur wenige Minuten in der Werkstatt in Anspruch nehme.

"Wer am Ende des Tages einen Fehler gemacht hat, ob der auf Seiten des Kundens liegt ob es eine gemeinsame Verantwortung ist, wird sich noch herausstellen", so Degenhart. Die Untersuchung sei "ein ganz normaler Vorgang". Wie teuer der Rückruf für die beteiligten Unternehmen werde, stehe noch nicht fest. Versichert sei Continental in einem solchen Fall nicht. Die Untersuchung des Audi-Falls könne nicht innerhalb von wenigen Tagen abgeschlossen werden. "Aber selbst wenn wir hier vollumfänglich die Verantwortung hätten, müssten wir deshalb keine Ergebniskorrektur vornehmen zu unserer Prognose", versicherte der Conti-Chef.

Continental sei in den vergangenen fünf Jahren nicht stärker an Rückrufen beteiligt gewesen als in den Jahren zuvor. Aber das Unternehmen habe die Maßnahmen erhöht, um Rückrufe zu vermeiden. Bei diesem Thema sei die Sensibilität mittlerweile "viel höher als noch vor zehn Jahren". Verschiedene Faktoren spielten dabei eine Rolle. So trage das Verhalten der Behörden dazu bei, dass Fahrzeuge schneller zurückgerufen würden. Zudem seien aufgrund der Plattformstrategien der Autohersteller die Volumina der Komponenten höher, dadurch steige das finanzielle Risiko.

Die aktuellen Diskussionen über eine mögliche weitere Verschärfung der CO2-Grenzwerte sieht Degenhart kritisch: "Es gibt Politiker, die tun so, als seien die 95 Gramm pro Kilometer CO2-Emissionen in 2020 schon eingetütet. Das ist mitnichten der Fall. Es wird die gesamte Industrie noch sehr große Anstrengungen abnötigen, auf der Hersteller- und Zuliefererseite, diese 95 Gramm im Flottendurchschnitt zu erreichen." Es seien "enorme finanzielle Aufwendungen" nötig. Nur weil es der Industrie gelungen sei, den CO2-Ausstoß relativ zügig von 160 auf 120 Gramm zu reduzieren, "darf man nicht den Trugschluss begehen, dass sich diese Geschwindigkeiten linear fortsetzen werden. Es ist wie beim Bergsteigen: Die letzten 100 Meter sind am beschwerlichsten und schwierigsten." Continental investiere entsprechend mehr in Forschung und Entwicklung: "Wir haben in den letzten zwei Jahren unsere Entwicklungsaufwendungen um mehr als einen halben Prozentpunkt erhöht. Da kommt schon eine gehörige Summe zusammen."

Degenhart zeigte sich skeptisch, den Wert von 95 Gramm weiter zu reduzieren: "Es haben sich verschiedene Möchte-gern-Experten versucht zu profilieren, indem sie, bevor wir das Jahr 2020 erreichen, schon neue Ziele für 2025 setzen. Am besten linear fortgesetzt in den Bereich von 60 Gramm. Aber das wäre vollkommen vermessen."

Die Bereitschaft der Kunden, für umweltfreundliche Autos tiefer in die Tasche zu greifen, "ist einfach noch nicht vorhanden", so Degenhart. "Das bringt unsere Kunden in eine sehr schwierige Situation. Sie sind gezwungen, mehr Systeme ins Auto zu bringen, um den Verbrauch zu reduzieren." Doch diese Maßnahmen würden von den Verbrauchern nicht entsprechend vergütet. Bei Kleinwagen blieben die Autohersteller "mehr oder weniger komplett auf den Kosten sitzen". Bei höherwertigen Fahrzeugen werde der Mehraufwand höchstens zu 50 Prozent vergütet. "Wir reden bei Hybridsystemen durchaus von Größenordnungen im Bereich von 1000, 1500 Euro. Multiplizieren Sie das mit einem Volumen von mehreren Millionen Fahrzeugen, da kommt schon ganz schön was zusammen."

Entgegen der trüben Konjunkturaussichten für 2015 zeigte sich Degenhart beim Ausblick optimistisch. "Wir erwarten für nächstes Jahr keinen Einbruch, darum haben wir keinen Grund, Trübsal zu blasen." Für 2014 prognostizierte er ein Produktionswachstum von rund zwei Prozent. Der Zulieferer will sich über weitere Zukäufe unabhängiger von der Autokonjunktur machen. Langfristig soll so der Umsatzanteil des Industriegeschäfts von 30 auf 40 Prozent steigen. Conti hatte im Februar die Übernahme des US-Kautschuk- und Kunststoffspezialisten Veyance für rund 1,4 Milliarden Euro angekündigt. Degenhart schloss weitere Übernahmen nicht aus: "Finanziell wären wir zu einer Milliarden-Übernahme in der Lage."