Berlin. „Die Designstrategie reflektiert die Richtung, die der Vorstand uns als Designern vorgibt“, sagte Martin Smith, Designchef von Ford Europa, Asien/Pazifik und Afrika, auf dem Automobilwoche Kongress in Berlin. 2004 war Smith zu Ford gewechselt, mit der Aufgabe, dort eine neue Designsprache zu kreieren. Die damalige Strategie war vom früheren Fordchef Jacques Nasser vorgegeben worden. „In Fahrdynamik sollten wir die Besten sein, in Package sollten wir die Besten sein - aber das Design sollte nur wettbewerbsfähig sein.“ Für Smith, der zuvor für Opel und Audi tätig war, war es das erste Mal, dass er für ein Unternehmen arbeitete, für das Design nicht an erster Stelle stand. „Insofern hatte ich eine schöne Aufgabe“, blickt der Top-Designer lächelnd auf seinen Start bei Ford zurück. Bei Nasser sollten die Fahrzeuge einer „etwas teutonischen Form“ entsprechen, einem sehr mitteleuropäischen Design, erinnert sich Smith.
Er begann mit seinem Designteam, die Markenstrategie zu analysieren. Sie wollten die Atmosphäre bei Ford darstellen, Smith spricht von einer „sehr humanen, farbenfrohen Firma“. Darauf aufbauend entstand eine neue Designrichtung: Das Kinetic Design, das mit einem Concept-Car im August 2005 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. „Das war der Anfang einer neuen Ära. Wir wollten die fahrdynamischen Qualitäten visualisieren“, so Smith. „Wir haben eine Formensprache mit dynamischen Linien und gespannten Flächen geschrieben und sehr technische Details in das Fahrzeug integriert.“ Der gesamte Ansatz wurde als „Energie in Bewegung“ beschrieben, das bedeutet, ein Auto wirkt auch im Stillstand so als ob es sich bewegt. Damit startete die neue Ford-Strategie, jedes darauf folgende Auto, ob Kuga oder C-Max, wurde zuerst mit einem Concept Car vorgestellt. Smith' Team setzte auch bei der Kundenbefragung auf eine neue Strategie, die Zielgruppe wurde genau definiert. Ebenso wie zuvor eine theoretische Zielperson namens „Antonella“ samt ihrem Freund „Anton“, von denen die Designer wussten, welchen Kaffee sie trinken und wo sie shoppen gehen. Die reale Zielgruppe wünschte sich ein „sprinty car“, berichtet Smith: „Sprinty ist zwar ein englisches Wort, aber sehr hilfreich.“ Obwohl der Vorstand von den ersten Entwürfen ziemlich irritiert war, „viel zu sprinty und zu sportlich“, wurde der Entwurf für den Kleinwagen umgesetzt - der Fiesta „avancierte zum erfolgreichsten Fahrzeug in der B-Klasse“.Damit gab es im Ford-Konzern zwei Design-Ausrichtungen: Kinetic Design in Europa, in Nordamerika wurde die Strategie „Red, white and bold“ verfolgt. Der derzeitige Fordchef Alan Mulally gab für das gesamte Unternehmen eine neue Richtung aus: „One Ford, one team, one plan, one goal.“ Weltweit wurden wieder zuvor definierte Kundengruppen befragt, bevor der Fiesta global angeboten wurde. „Das war das erste Auto, das wir mit einem einheitlichen Namen weltweit gelauncht haben“, so Smith. Das inspirierte die Designer, das nächste Weltauto zu entwerfen – 2010 folgte der Ford Focus.Automobilwoche Kongress
Fords Kinetic Design verkauft sich sehr erfolgreich
Martin Smith entwickelte für Ford eine weltweit einheitliche Formensprache. Damit verbesserte der Top-Designer nicht nur die Optik, sondern verhalf der Marke auch zu neuen Absatzerfolgen.
One Ford Global Design
Die Aufspaltung zwischen Europa und Nordamerika bestand auch im SUV-Segment: In Nordamerika gab es den Escape, in Europa den Kuga. Mulally regte eine Plattform und ein gemeinsames Auto an. Die zweite Generation heißt zwar immer noch je nach Markt Escape beziehungsweise Kuga, ist aber dasselbe Fahrzeug. „Das Auto wird überall auf dem Globus weltweit verkauft“, so Smith, der ein Verkaufsziel von 600.000 pro Jahr nannte.
Die neue Designsprache betrifft auch die Nutzfahrzeuge von Ford, Elemente des Kinetic Designs wurden beispielsweise auch im Transit umgesetzt. „Wir haben mit Kinetic Design eine Designsprache entwickelt, die sich sehr erfolgreich verkaufen lässt.“ Der nächste Schritt war, sie zu einen globalen Formensprache weiterzuentwickeln, Smith nennt sie das „One Ford Global Design“. Als erstes Ergebnis wurde auf der IAA in Frankfurt 2011 das Ford Evos Concept vorgestellt. „Neue dynamische Silhouetten, eine effiziente Karosserie-Gestaltung, eine präzisere Formensprache und neue technische grafische Elemente. Und nicht zuletzt das neue Gesicht von Ford, das Premiumqualität ausstrahlen soll“, so beschreibt es der Star-Designer.Der aktuelle Ford Fusion, der in Europa als Mondeo läuft, habe die Marke in Nordamerika „absolut transformiert. Vor ein paar Jahren dachten einige Kunden, dass Ford nur Trucks und SUVs produziert. Wir waren nicht bekannt für hübsche Fahrzeuge“, sagt Smith. Dieses Auto habe das Markenimage völlig verändert. Der Erfolg habe Ford dazu inspiriert, eine neue Ausstattungslinie zu erschaffen: Vignale. Die Luxusausführung wurde vor zwei Monaten auf der IAA präsentiert. Auch die Vorstellung des Ford S-Max Concepts in Frankfurt habe gezeigt, wie man eine erfolgreiche Formensprache in der zweiten Generation weitentwickeln kann.Der 5. Dezember wird ein wichtiger Tag für Ford, kündigte Smith an. Dann wird die sechste Generation des Mustangs weltweit in fünf Städten parallel eingeführt. „Das Rad hat sich völlig gedreht. Ein uramerikanisches Produkt wie der Mustang ist nun ein Weltprodukt, mit einer Technik, die das Auto sicherlich zu einem Welterfolg machen wird.“