Fiat bläst zur Attacke im Aftersales

Frankfurt. Der italienische Autohersteller Fiat setzt verstärkt auf den Ausbau von Dienstleistungen, um den Neuwagenabsatz anzukurbeln und die Kunden bei den Konzernmarken zu halten. „Wir wollen die Fiat Group Automobiles als absoluten Leader in der Kundendienst-Innovation positionieren“, kündigt Pierre Fleck, verantwortlich für die weltweiten Aftersales-Aktivitäten, am Dienstag auf der Automechanika an. In den letzten Jahren habe Fiat für den Kundendienst ein neues Geschäftsmodell entwickelt, das ein Alleinstellungsmerkmal und einen Wettbewerbsvorteil für die Konzernmarken darstelle. Während Studien in Italien und in Frankreich den Erfolg ganz eindeutig bewiesen, wolle Fiat nun auch „in Deutschland mehr tun“.

Nach schwierigen Jahren und mehreren Umstrukturierungen ist Fiat in Deutschland wieder zunehmend auf Erfolgskurs. Trotz des schwierigen Marktumfelds steigerten die Italiener in den ersten acht Monaten den Pkw- und Transporterabsatz um über 15 Prozent. Großen Anteil hat die attraktive Modellpalette um die wiederbelebte Kleinwagen-Ikone Fiat 500. Allerdings hat das Service-Netz in Deutschland seit Jahrzehnten keinen guten Ruf. Fiat-Werkstätten erhalten bei Tests verschiedenster Automedien häufig schlechte Beurteilungen. Außerdem befindet sich der Importeur in einer Dauerfehde mit den unabhängigen Händlern über die Gestaltung des Margensystems.

„Wir müssen in die Qualität der gesamten Aftersales-Organisation investieren, wenn wir das Image unserer Marken weiter und nachhaltig verbessern wollen“, so Fiat-Deutschland-Chef Manfred Kantner. In Deutschland seien die Ausgaben für diese Aktivitäten „schlichtweg verdoppelt“ worden. Es gebe aber noch Verbesserungspotenzial. Die neue Strategie bei Fiat Group Automobiles Deutschland soll Julien Link umsetzen, der seit kurzem für Parts & Services verantwortlich ist. Deutschland ist für den Fiat-Konzern der zweitgrößte europäische Markt nach Absatz.

Um die Teilelogistik zu verbessern, hat Fiat in Duisburg ein zentrales Lager, das so genannte Master Depot aufgebaut. Im Frühjahr 2009 soll das erste von mehreren Local Distribution Center eröffnet werden. Mit Hilfe dieser Struktur will der Importeur einen tagesaktuellen Lagerbestand schaffen, die Belieferung am Tag der Bestellung realisieren und die Vorlaufzeit für dringende Orders von 17 Stunden auf 13,5 Stunden verringern. Dazu kommt die Einführung verschiedener Computerprogramme. „Mit dem Produkt wird der Kunde gewonnen, aber über Service und Kundendienst wird er gebunden“, so Fleck. Die Rolle des Netzwerks sei von entscheidender Bedeutung. „Aus diesem Grund verlagern wir von den Werkstätten, dass die präzisen Standards für Größe, Zuständigkeit, Personal und Ausrüstung eingehalten werden“, stellt der Manager klar, der in diesem Zusammenhang auf ein neues System zur Qualitätsmessung verwies.

Gleichzeitig kündigte Fleck die Kooperation mit dem hausinternenen Zulieferer Magneti Marelli an: Unter dem Stichwort „All Makes“ liefert die Fiat-Tochter Ersatzteile für Fahrzeuge aller Marken, die nicht zum Konzern gehören. „Wir beabsichtigen den Ausbau dieser Sparte, die sowohl für den Umsatz der Werkstätten als auch für die Kundenbindung sehr wichtig ist.“ Magneti Marelli vertreibt als Konzern eigener Zulieferer Ersatzteile und Fahrzeugkomponenten über ein unabhängiges Ersatzteilverkaufsnetz an Werkstätten und unterhält außerdem ein landesweites Werkstattnetz.

Auf der Endkundenseite will Fiat das Angebot von Mehrwert-Dienstleistungen ausbauen. „Der Kundendienst ist nicht mehr etwas, das hinterher passiert, sondern der Kunden hat diese Dienstleistung bereits bei der Auswahl des Fahrzeugs im Blick“, beschreibt Fleck die Fiat-Philosophie. Es sei daher das grundsätzliche Ziel, die Dienstleistung in das Vertriebskonzept der Marken zu integrieren. Beispiel: Das Kommunikationssystem Blue&Me NAV, das Fiat gemeinsam mit Microsoft entwickelt hat, beinhaltet den Dienst Car Manager. Fiat erhält dadurch Informationen zum Zustand des Autos und kann direkt mit dem Fahrer in Kontakt treten, um Störungen zu klären oder Wartungsmaßnahmen zu vereinbaren. Laut Fleck ist Fiat der erste Hersteller, der das „Simultaneous Engineering“ von Produkt und Dienstleistung anwendet: „Das macht uns nicht nur gegenüber anderen OEMs, sondern auch gegenüber den unabhängigen Werkstätten wettbewerbsfähiger.“