Ohne ID.7: Wie VW seine Modellstrategie für die USA ändert

Ein kurzes Statement Ende Mai auf Volkswagens US-Medienseite musste genügen: Der ID.7 kommt zunächst nicht nach Nordamerika. Eigentlich sollte die Elektro-Limousine in den USA und Kanada noch dieses Jahr, spätestens jedoch 2025 auf den Markt rollen.

Ob es der ID.7 jemals nach Nordamerika schaffen wird, steht in den Sternen: Einen neuen Termin für die Einführung nennt Wolfsburg nicht. Ein Grund für den Schritt sei die unerwartet hohe Nachfrage nach dem ID.7 und insbesondere seiner Kombiversion Tourer in Europa und vor allem Deutschland.

Ein noch wichtigerer Grund dürfte allerdings sein: Volkswagen sieht in Nordamerika schlichtweg kein Potenzial für eine neue Limousine. Um 27,5 Prozent ist der Absatz der Marke im ersten Quartal 2024 in der Region nach eigenen Angaben gewachsen.

Dieses Plus, so eine Sprecherin, sei vor allem auf das SUV-Segment zurückzuführen. Da passt eine Mittelklasse-Limousine – in Nordamerika sowieso eine aussterbende Gattung – schlecht ins Konzept.

Die Elektromobilität will Volkswagen in den USA dennoch weiter vorantreiben. Daran ändert das (vorläufige?) ID.7-Aus ebenso wenig wie die von Nordamerika-Chef Pablo di Si beobachtete Kundenzurückhaltung bei reinen Elektroautos. „Zweifel an Elektroautos sind in allen Segmenten zu sehen“, sagte er im Mai im Interview mit dem Automobilwoche-Schwestermagazin Automotive News.

Allerdings: Das Angebot an Elektro-Autos der Marke Volkswagen ist in den USA und in Kanada  überschaubar. Es gibt bisher nur das Kompakt-SUV ID.4. Das in Chattanooga gebaute Fahrzeug schlägt sich in den USA zwar recht erfolgreich: Während der BEV-Absatz in den Staaten 2023 um rund 47 Prozent wuchs, steigerte sich der VW ID.4 um 84 Prozent. Hier profitiert VW auch vom Inflation Reduction Act, dessen Fördermaßnahmen auch Käufern des ID.4.

Dennoch: Bei den Verbrennern führt Volkswagen allein bei den SUVs gleich vier Modelle im Nordamerika-Portfolio. Zu haben sind Taos, Tiguan, Atlas und Atlas CrossSport. Und ein weiteres Elektro-SUV mit VW-Logo ist für Nordamerika derzeit nicht in Sicht.

Denn bis Ende dieses Jahres will VW lediglich die Langversion des Elektro-Vans ID.Buzz in die USA und nach Kanada bringen. Und die für die nächsten Monate geplanten Elektro-SUVs des Konzerns kommen entweder von Porsche (Macan) oder Audi (Q6 E-Tron).

„Obwohl wir ein globales Unternehmen sind, fehlte uns in Nordamerika jahrelang die lokale Präsenz“, so die VW-Sprecherin. Die E-Mobilität soll jetzt den Schub zur Veränderung bringen: „Wir sehen eine einmalige Gelegenheit, in das Segment der C-Pick-ups einzusteigen, in dem die Größe am wichtigsten ist.“

Gemeint ist damit aber ebenfalls kein VW-Modell, sondern das neue Konzern-Fabrikat Scout. Die Marke, deren Historie in den USA liegt, soll dem Konzern dabei helfen, seinen Marktanteil von derzeit vier auf zehn Prozent im Jahr 2030 zu steigern.

Für die Scout-Modelle errichtet Volkswagen derzeit ein eigenes Werk in Blythewood im US-Bundesstaat Sout Carolina. Ab Ende 2026 sollen in Blythewood Fahrzeuge vom Band rollen. Neben Chattanooga ist das die zweite US-Produktionsstätte des Konzerns.

Aber Volkswagen setzt in Nordamerika ohnehin nicht nur auf E-Autos. Modelle mit Verbrennungsmotor bleiben Teil der Produktpalette. Außerdem prüfe man auch für die Marke Volkswagen die Einführung von Plug-in-Hybriden, so der Konzern. Audi und Porsche sind damit auch in den USA und Kanada bereits im Geschäft.

Die Entscheidung gegen den ID.7 in Nordamerika soll keine Konsequenzen für das VW-Werk in Emden haben. Dort wird der Elektro-Mittelklässler zusammen mit ID.4-Varianten gebaut, die für Märkte außerhalb Nordamerikas bestimmt sind. Die Montage-Linien für die ID-Modelle sollen dort wie bisher im Zweischichtbetrieb laufen, heißt es von VW.