Autohandel: Kaum noch Lust auf chinesische Marken

Chinesische Hersteller bleiben in Deutschland weit hinter den Erwartungen zurück. Nun wächst die Skepsis bei den Händlern. Viele sahen die neuen Anbieter zunächst als Ausgleich für wegbrechende Geschäfte, doch bislang kommen sie dafür meist nicht infrage.

"Die Euphorie für chinesische Marken ist aus der Handelsorganisation gewichen", sagt Thomas Peckruhn, ZDK-Vizepräsident und geschäftsführender Gesellschafter der Autohaus-Liebe-Gruppe. "Die Händler schauen sich natürlich genau an, wie sich die chinesischen Hersteller auf dem deutschen Markt entwickeln, bevor sie in eine Marke investieren."

In den ersten drei Monaten kamen die chinesischen Hersteller in Deutschland (ohne Volvo) auf einen Marktanteil von rund 1,5 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 0,5 Punkten.

Das liegt einerseits daran, dass E-Autos kaum gefragt sind, andererseits haben deutsche und europäische Hersteller in dem Segment kräftig aufgeholt und mittlerweile ein gutes Angebot.

"Für viele Händler besteht einfach nicht die Notwendigkeit, auf chinesische Marken zu setzen", sagt Stefan Reindl, Direktor beim Institut für Automobilwirtschaft.

Zudem hadern die chinesischen Marken mit schlagkräftigen Marketingaktivitäten und vertrauensbildenden Vertriebskonzepten, die bislang einen schnellen Erfolg in Europa beziehungsweise Deutschland sowie ein Engagement deutscher Händler verhindert haben.

Das bekommen die Hersteller aus China nun immer stärker zu spüren: Die Nio-Marke Firefly hat ihren Markteintritt auf das dritte Quartal verschoben. Man habe die Herausforderungen beim Aufbau von Vertriebs- und Servicenetzen unterschätzt, begründete Firmenchef William Li die Verschiebung.

Auch andere Hersteller können ihre Pläne nicht wie erwartet umsetzen. Changan sprach im vergangenen Jahr noch von 50 Partnern bis Ende 2025, jetzt will der Autobauer mit zehn Händler im dritten Quartal an den Start gehen.

Bei der SAIC-Marke Maxus, die seit 2020 in Deutschland am Start ist, sind die Netzzahlen leicht rückläufig, zudem gibt es diverse offene Stellen.

Und BYD, Ende 2022 in Deutschland mit prominenten Händlern gestartet, kommt laut Brancheninsidern bei der aktuellen Neustrukturierung des Netzes langsamer voran als erwartet. Auf eine Anfrage der Automobilwoche reagierte der Hersteller zunächst nicht.

Ein wesentlicher Faktor für die Skepsis der Händler sind die von chinesischen Herstellern geschürten Hoffnungen, die nicht eingetreten sind. Im laufenden Jahr will BYD in Deutschland rund 50.000 Pkw verkaufen, so die Zielvorgaben von Europachefin Stella Li.

Nach einem Quartal zählte das Kraftfahrtbundesamt gerade mal gut 1200 Neuzulassungen. Auch viele andere Fahrzeugbauer konnten ihre Ankündigungen nicht halten.

"Wenn einzelne chinesische Hersteller in den nächsten fünf Jahren einen Marktanteil von 0,5 bis einem Prozent erarbeiten können, dann wäre das schon ein Erfolg“, sagt Reindl. Ohnehin ist es für Importeure schwer, in Deutschland auf einen Marktanteil von mehr als zwei Prozent zu kommen.

Das gilt auch für asiatische Hersteller. Und es braucht Zeit."Beim Blick in die Vergangenheit zeigt sich, dass der Markteintritt eines Importeurs eine Zeitspanne von rund einer Dekade in Anspruch nimmt", so Reindl.

Die Zeit haben nicht alle chinesischen Hersteller. Denn auf ihrem Heimatmarkt tobt ein Preiskrieg. Reindl schätzt, dass es in China derzeit rund 150 aktive Automobilmarken gibt, davon knapp 100 chinesische Eigenmarken und rund 40 Joint-Venture-Marken. Die Konsolidierung wird kommen - früher oder später.

Händler, die in eine chinesische Marke investieren, brauchen also Geduld und Risikobereitschaft. China-Experte Jochen Siebert (JSC-Automotive) ist skeptisch: "Ich kann nur jeden Händler warnen, in eine chinesische Marke zu investieren. Das zahlt sich in der aktuellen Situation nicht aus."