EU-Assistenzpflicht schlägt auf Gebrauchtwagenmarkt durch

Seit 7. Juli schreibt die EU für neu zugelassene Fahrzeuge eine Reihe von Assistenzsystemen vor. Gleichzeitig trat die neue Cybersecurity-Richtlinie UNECE155 in Kraft. Zahlreiche Hersteller und Händler ließen daher vor dem Stichtag noch Fahrzeuge zu, die den neuen Regularien nicht entsprachen. Das geschah zum Teil in großem Stil.

Die Neuzulassungen im Juni stiegen im Vormonatsvergleich um 18 Prozent, während die Gebrauchtwagenumschreibungen lediglich um ein Prozent zulegten. Das hat unmittelbare Folgen für den Gebrauchtwagenmarkt. Darauf deutet der jüngste Marktreport der Gebrauchtwagenplattform Autoscout24 hin, der bemerkenswerte Ausschläge aufweist

So verzeichnet Autoscout24 seit Mai entgegen dem Trend eines seit Jahresbeginn deutlich sinkenden Angebots plötzlich steigende Gebrauchtwagenbestände im Handel. Im Juni etwa stieg das Angebot um ein Prozent. Gleichzeitig stiegen erstmals seit dem Höchststand im März 2023 auf einmal die Gebrauchtwagenpreise im Monatsvergleich wieder leicht an – um 0,2 Prozent auf aktuell durchschnittlich 26.657 Euro.

Stefan Schneck, Vertriebschef von Autoscout24 sprach bei der Vorstellung des Reports von einem "kurzzeitigen Preisrückgangsstopp", der sehr wahrscheinlich daher rühre, dass Händler die kurz vor dem Stichtag angemeldeten Fahrzeuge nun als Tageszulassungen auf die Gebrauchtwagenplattform stellen.

Das lasse einerseits das Angebot steigen und – weil es sich um sehr junge und daher tendenziell teurere Fahrzeuge handelt – auch das Preisniveau. Von einer echten Trendumkehr könne man erst sprechen, wenn auch im August Angebot und Preise wieder stiegen.

Auch die Standtage sind entgegen dem Großtrend der letzten Zeit wieder rückläufig. Im zweiten Quartal sank die von Autoscout24 gemessene durchschnittliche Standzeit um fünf Tage bzw. vier Prozent auf nunmehr 97 Tage.

Auch hier sei zu vermuten, dass die Trendumkehr nur von kurzer Dauer ist, weil sie von einer Schwemme an Tageszulassungen ausgelöst wurde, die neu gelistet wurden und daher den allgemeinen Durchschnitt senken, so Schneck. Aktuell listet Autoscout24 allein in Deutschland rund 836.000 Fahrzeuge.

Die Nachfrage der Kunden bleibt von diesen Entwicklungen eher unbeeindruckt auf mauem Niveau. So stieg der Gebrauchtwagennachfrageindex von Autoscout24 im Juni im Vergleich zum Vormonat zwar um ein Prozent auf 85 Punkte an, im Vergleich der ersten beiden Quartale 2024 zeigte sich von April bis Juni jedoch ein Minus von sieben Prozent.

Besonders die Nachfrage nach gebrauchten E-Autos liegt darnieder. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2022 stieg die Nachfrage nach E-Autos lediglich um den Faktor 1,1. Das Angebot stieg im selben Zeitraum jedoch um den Faktor 4,9. Mittlerweile machen gebrauchte E-Autos sechs Prozent des Angebots auf Autoscout24 aus. Grund für die schwache Nachfrage sind die hohen Preise. Mit 30.077 Euro sind E-Autos derzeit im Schnitt 13 Prozent teurer als Verbrenner (26.657 Euro).

Laut Autoscout übersteigt zudem der durchschnittliche Preis für ein E-Auto das durchschnittliche Budget der Kunden um 7.700 Euro. "Aus Sicht der Kundinnen und Kunden sind die gebrauchten Stromer damit nach wie vor zu teuer", so Schneck.

Aufgrund des Wertverlusts bei den Elektrischen habe sich das Preis-Gap zwar ein Stück weit geschlossen – im Vergleich zum zweiten Quartal 2023 sind die Fahrzeuge um rund 17 Prozent günstiger geworden. "Was ein fairer Preis für einen gebrauchten Elektrischen ist, muss von Käufern und Verkäufern aber weiterhin ausgehandelt werden", so Schneck weiter. Die Empfehlung von Autoscout24: "aggressives und frühes Remarketing".