Gebrauchtwagen: Jeder Fünfte erwägt Onlinekauf

Der reine Online-Handel mit Gebrauchtwagen bietet enormes Marktpotential. Das belegt eine aktuelle Marktstudie des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) im Auftrag der Gebrauchtwagenplattform Autoscout24. Demnach kann sich beinahe jeder Fünfte Verbraucher (18 Prozent) vorstellen, seinen nächsten Gebrauchtwagen rein online zu kaufen, sprich ohne jeden physischen Kontakt zum Autohaus. Ausgehend von den 6,03 Millionen Besitzumschreibungen im Jahr 2023 entspricht das einem theoretischen Marktpotential von etwa 1,07 Millionen Autos.  

Vor allem junge Menschen zeigen sich aufgeschlossen. Bei den unter 30-Jährigen liegt der Anteil der Online-Interessierten bei 23 Prozent, bei den über 50-Jährigen hingegen nur bei 10 Prozent. Darüber hinaus zeigen Männer mehr Interesse als Frauen (21 vs. 15 Prozent). "Die Verbraucher kennen E-Commerce aus allen Lebenslagen. Das überträgt sich über kurz oder lang auch aufs Auto", erklärt Studienleiter Prof. Benedikt Maier den Befund. Und angesichts der höheren Online-Kaufbereitschaft unter jungen Menschen werde dieser Anteil in Zukunft auch noch weiter steigen. Bis 2040 etwa sei ein Anteil von 30 Prozent durchaus denkbar.

Wer im reinen Online-Handel das Rennen macht, ist dabei offen. Befragt nach der Attraktivität verschiedener Anbieter liegen Online-Vermittlungsplattformen wie Mobile.de und Autoscout24 (85 Prozent), Vertragshändler (81,9 Prozent), Hersteller (81,8 Prozent) sowie freie Händler (77 Prozent) annähernd gleichauf. Branchenungebundene Online-Versandhändler wie Amazon oder Otto liegen mit 55 Prozent deutlich dahinter. Das verschaffe den etablierten Akteuren zwar Luft, sei aber kein Grund zum Ausruhen, so die Studienautoren.

Die Studie belegt gleichzeitig aber auch, dass das klassische physische Autohaus auf absehbare Zeit weiter unentbehrlich bleibt. Zwar beginnt, die im Schnitt 40-tägige Customer Journey fast immer online – 86 Prozent nutzen Online-Marktplätze wie Mobile.de oder Autoscout24 um sich einen Marktüberblick zu verschaffen – kommt in deren Verlauf aber bis dato kaum ohne physischen Kontakt aus. Fast drei Vierteln (72 Prozent) der Autokäufer ist beispielsweise eine Probefahrt wichtig, knapp zwei Dritteln der persönliche Besuch beim Händler. "Die Kunden werden analoger, je weiter die Customer Journey voranschreitet", so Maier.

Anders als früher steht bei Customer Journey zudem nicht mehr die Händlersuche am Anfang, sondern das Auto. 59 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer entdeckten ihr später gekauftes Auto auf einer Online-Plattform. "Erst das Auto, dann der Händler – wer die attraktivste Ware hat, macht das Geschäft", so Maier.

Für das laufende Jahr erwartet das IfA-Institut, dass sich der Gebrauchtwagenmarkt bei etwa 6,7 Millionen Besitzumschreibungen einpendelt (plus elf Prozent). Nachdem die Fahrzeugknappheit der Corona-Zeit überwunden ist, dürfte allerdings das Ertragspotential bei Gebrauchtwagen unter Druck geraten. In den Jahren von 2021 bis 2023 erzielte der Gebrauchtwagenverkauf laut IfA einen Deckungsbeitrag drei zwischen durchschnittlich 4,0 und 4,7 Prozent. "Wer das aktuelle Ertragspotential bei Gebrauchtwagen weiter behalten will, muss sein Zusatzgeschäft ausbauen", so Maier.

Dieses werde häufig unterschätzt. Denn 43 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer planen, Service-/Werkstattleistungen des Autohauses in Anspruch zu nehmen, 27 Prozent der Kunden kaufen Fahrzeugzubehör und 12 Prozent entscheiden sich für eine Kfz-Versicherung über den Autohändler.

Das durchschnittliche Ertragspotenzial (Deckungsbeitrag III) für den reinen Gebrauchtwagenverkauf liegt laut der Erhebung derzeit bei 759 Euro. Der Vergleichswert für Kunden, die auch für Zusatzdienstleistungen wie Service, Versicherung, Finanzierung oder Zubehör gewonnen werden können, liegt dagegen bei 1.589 Euro. "Die erfolgreiche Vermarktung von Finanzierungs- und After-Sales-Geschäften kann den Ertrag mehr als verdoppeln", erklärte Bastian Grühn, Senior Director Sales Strategy & Operations bei Autoscout24.

Für die repräsentative Studie wurden im Zeitraum von 14. bis 21. August 2023 mehr als 3.000 Gebrauchtwagenkäufer befragt, deren letzter Gebrauchtwagenkauf nicht länger
als zwölf Monate zurücklag.