Die Aussichten für die Logistik sind schlecht: Jeder dritte Fahrer geht bald in Rente. Das reißt eine große Lücke.
Fertigfahrzeuglogistiker wie Mosolf steuern wie die gesamte Branche auf einen noch größeren Lkw-Fahrer-Mangel als bisher zu.
Der Fachkräftemangel ist längst in der Fahrerkabine angekommen und spitzt sich in den nächsten Jahren deutlich zu. Denn die Fahrer werden immer älter und zugleich fehlen die jungen Nachwuchsfahrer.
„Etwa 30 Prozent der Fahrer gehen in den nächste fünf bis sieben Jahre in Rente“, sagt Frank Schnelle, Geschäftsführer beim Europäischen Verband für Fertigfahrzeuglogistik (ECG).
Das trifft nicht nur die Fertigfahrzeuglogistiker, das trifft alle Spediteure. Jüngst hat der Logistikverband BGL Alarm geschlagen, dass aufgrund bundesweit 100.000 fehlender Lkw-Fahrer die Weihnachtsgeschenke nicht rechtzeitig zum Fest ankommen.
Das könnte in den nächsten Jahren noch deutlich schlimmer werden. Denn nach Berechnungen der internationalen Fahrergewerkschaft IRU von Ende vergangenen Jahres bleibt im Jahr 2028 in Europa knapp jede fünfte Fahrerkabine unbesetzt. Es fehlen rund 745.000 Fahrer.
Das trifft alle Logistikunternehmen – mal mehr, mal weniger. Denn „Mit Blick auf die Fahrer fischen wir immer im Teich anderer Logistiker“, sagt Wolfgang Göbel, Vorstand Logistics & Services bei Mosolf und Präsident des europäischen Verbands der Fertigfahrzeuglogistiker. „Strukturell löst sich das Problem in absehbarer Zeit so aber nicht.“
Dennoch können die Fertiglogistiker derzeit etwas aufatmen. „Aufgrund der konjunkturell schwachen Situation ist derzeit der individuelle Bedarf nicht so hoch“, Göbel. „Man kann aktuell von einer guten Versorgung sprechen.“
Das liegt an der relativ schwachen Nachfrage. Die Hersteller in Deutschland produzieren weniger, zum Teil sind sie auf Kurzarbeit. Entsprechend müssen die Spediteure weniger fertige Fahrzeuge transportieren. Ähnlich sieht es nach Göbels Einschätzung auch im nächsten Jahr aus.
Doch auf die Fahrerflaute müssen sich auch die Fertiglogistiker einstellen. „Fahrer aus Osteuropa nur mit Geld ködern, reicht nicht“, so Göbel. Ohnehin haben sich die Löhne der Fahrer in Gesamteuropa angeglichen. Logistikriese Mosolf geht darüber hinaus: „Wir bieten ihnen ein komplettes Paket.“
Sind die Fahrer bereit nach Deutschland zu ziehen, kümmert sich der schwäbische Logistiker aus Kirchheim um die Familie. „Bei Mosolf haben wir hier extra Mitarbeiter eingestellt“, sagt Mosolf-Vorstand Göbel. Der hilft, wenn die Frau auf Jobsuche ist und die Kinder in die Schule gehen. Denn für Göbel ist klar: „Nur wenn sich die Familie wohlfühlt, fühlt sich auch unser Fahrer wohl.“
Weit verbreitet ist das Modell, dass Fahrer zwei oder drei Wochen unterwegs sind und dann wieder eine Woche in ihre Heimat zurückkehren. Auch hier hilft das Logistikunternehmen: Hilfe gibt es bei der temporären Unterkunft und der Organisation der Heimreise.
Doch selbst dann ist es schwer, neue Fahrer zu finden. „Von zehn Bewerbungen eignen sich vielleicht zwei, um längerfristig in dem Beruf zu bleiben“, sagt Göbel. Denn der Transport fertiger Fahrzeuge ist für die Fahrer mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden.
Sie transportieren ein teures sowie unverpacktes Gut, müssen die Fahrzeuge be- und entladen. Einen Lkw mit einem Container zu fahren, ist deutlich risikoärmer.
Um die Fahrerlücke zu verkleinern, haben die Spediteure einen neuen Weg eingeschlagen: „Entscheidend ist, dass wir junge Menschen im Alter von 17 Jahren ansprechen, bevor sie sich für einen Beruf entschieden haben“, so ECG-Geschäftsführer Schnelle. „Wenn wir auf 21-Jährige zugehen, haben sie in der Regel einen Beruf erlernt und sind nicht mehr bereit zu wechseln.“
