Warum Mercedes das Geschäft mit Gebrauchtwagen neu ordnet

Mercedes ordnet die Vermarktung seiner Gebrauchtwagen europaweit neu. Bisher war die Vermarktung von Leasingrückläufern und Händler-Vorführwagen, die beim Agenturmodell im Eigentum des Herstellers verbleiben, von Land zu Land unterschiedlich geregelt.

Künftig gibt es dafür eine europaweit einheitliche B2B-Auktionsplattform, die nun in Österreich als Pilotmarkt gestartet ist und schrittweise auf ganz Europa ausgerollt wird.

Die Vermarktung der Fahrzeuge erfolgt dabei in einer Kaskade. Den Erstzugriff hat in der Regel der Händler, bei dem ein Leasingfahrzeug zurückgegeben wird.

Entscheidet er sich gegen einen Kauf, wird das Fahrzeug zunächst in einer ersten Auktionsphase exklusiv den nationalen Mercedes-Partnern angeboten. Findet sich dort kein Käufer, startet die zweite Phase, in der alle anderen europäischen Mercedes-Händler bieten können.

Erst in der dritten Phase, wenn vorher in ganz Europa kein Mercedes-Partner gekauft hat, können Händler mitbieten, die keinen Mercedes-Händlervertrag haben. Dadurch dürften künftig deutlich weniger Fahrzeuge im freien Handel landen als bisher.

"Ziel der Plattform ist, den Handel intensiver in die Vermarktung der Mercedes-eigenen Gebrauchtwagen einzubinden und die Wertschöpfung im eigenen Netz zu halten", erklärt Tom Krüger. Er ist Geschäftsführer des B2B-Auktionsanbieters CarOnSale, der die Plattform für Mercedes betreibt.

Für CarOnSale ist die Kooperation ein beträchtlicher Erfolg, da auf diese Weise europaweit alle anderen Auktionsanbieter ausgestochen werden und das eigene Handelsvolumen beträchtlich steigen wird.

Genaue Zahlen nennt Krüger nicht, es gehe aber um eine "fünfstellige Zahl" an Fahrzeugen. Zum Vergleich: Für das Gesamtjahr 2024 erwartet CarOnSale insgesamt über alle Marken hinweg ein Handelsvolumen von 100.000 Autos.

Die Kooperation bringt CarOnSale zugleich näher an seine Wettbewerber. Bislang dominieren den Markt für B2B-Auktionen Auto1 (2023: 523.000 Autos), BCA (306.000) und Auktion & Markt (140.000).

Bis alle Mercedes-Vorführwagen und Leasingrückläufer über die neue Plattform gehandelt werden, wird es aber wohl noch eine Weile dauern. Bisher steht lediglich Anfang 2025 Frankreich als nächster Starttermin fest. Wann der wichtige deutsche Markt folgt, ist noch unklar.

Kauft ein Händler auf der Plattform, ist Mercedes nur bei Käufen im Inland Vertragspartner. Erhält ein Mercedes-Partner aus einem anderen Land den Zuschlag, fungiert CarOnSale als Zwischenhändler, der das Fahrzeug erst Mercedes abkauft und dann im selben Atemzug an den Händler weiterverkauft.

"Durch diese Konstruktion sind wir für alle Fragen rund um Steuer und Transport verantwortlich", erklärt Krüger und ergänzt: "Cross-Border-Geschäfte sind wahnsinnig komplex. Man braucht viel Spezialwissen und entsprechende Infrastruktur."

Auf der Plattform bietet CarOnSale daneben auch eine Einkaufsfinanzierung. Partner ist dabei nicht die Mercedes-Bank sondern als White-Label-Lösung das Fintech-Start-Up Billie.

Neben der neuen Auktionsplattform existiert weiterhin die sogenannte "Drehscheibe", über die Mercedes ausgemusterte Werksdienstwagen an seine Händler vermarktet. Betreiber hier ist der Gebrauchtwagenmanagement-Software-Anbieter Alpha Online.

Diesen hatte CarOnSale im August übernommen, um seine Auktionsplattform direkt in der Autohaus-IT von Händlern platzieren zu können und so weiteres Wachstum zu generieren. Dieser Plan gehe auch auf, so Krüger:

"Wir sind dank der Übernahme von Alpha Online der einzige Anbieter am Markt, der einen vollständig integrierten Prozess von der Fahrzeughereinnahme bis zur Vermarktung bieten kann." Dass man die ursprünglich geplanten 100.000 Fahrzeuge in 2024 deutlich übertreffen werde, sei auch darauf zurückzuführen.