Woran Online-Gebrauchtwagenhändler scheitern

Anfang 2022 schien die Sache klar: Gebrauchtwagen werden künftig online gekauft. Immer neue Onlinehändler schickten sich an, den Markt aufzurollen. Zwei Jahre später bleibt vor allem Tristesse.

Schon im September 2022 musste sich der zu Hochzeiten mit sieben Milliarden Dollar bewertete Onlinehändler Cazoo aus Deutschland zurückziehen, im Mai folgte die Insolvenz. Fast zeitgleich schlitterte die frühere Allianz-Beteiligung Instamotion erst in die Insolvenz und Mitte Juli unter das Dach des hierzulande weithin unbekannten Wettbewerbers Carvago.

Auch von den Plänen der anderen Anbieter ist nicht viel übrig: CarNext hat sein Geschäft im September 2022 eingestellt, Yes Auto verschwand Anfang 2023. Driverama wiederum ist zwar noch am Markt, der Autoverkauf ist aber eingestellt, es wird nur noch angekauft. CEO Stanislav Galik schied zum Jahresende aus. Presseanfragen laufen ins Leere.

Dabei ist das Interesse eigentlich da, meint Benedikt Maier vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA): "Die Zeit ist reif für einen großen Online-Gebrauchtwagenhändler." Jeder fünfte Gebrauchtwagenkäufer in Deutschland könne sich den reinen Onlinekauf vorstellen, jeder zehnte würde ihn sogar bevorzugen.

"Das entspricht einem Marktpotenzial von 500.000 bis 700.000 Fahrzeugen", sagt der Professor.

Das häufige Scheitern hat mehrere Gründe. "Um als Online-Gebrauchtwagenhändler Erfolg zu haben, muss man das Geschäft in all seinen Facetten verstehen. Daran sind Cazoo & Co. gescheitert. Ein Gebrauchtwagen ist nun einmal kein Kaffeebecher", sagt Maier.

Wer bestehen will, braucht viel Kapital, gute Ankaufsquellen, ausgefeilte Logistik, riesige Lagerflächen und die Fähigkeit, Tausende unterschiedliche Autos aufzubereiten und zu bepreisen.

Cazoo habe all dies auf die leichte Schulter genommen, kritisiert Christian Wittmann, Gebrauchtwagenexperte bei der Retail-Unternehmensberatung rpc. "Cazoo wollte skalieren wie ein Tech-Start-up, aber das funktioniert nicht in einem Asset-heavy-lowmargin-Geschäft." Cazoo habe den operativen Betrieb mit Aufbereitung und Logistik und deren Kosten "völlig unterschätzt".

Der einzige Akteur hierzulande, der derzeit sowohl das Gebrauchtwagengeschäft als auch die Tech-Seite beherrscht, ist die Auto1-Tochter Autohero. "Auto1 macht sehr viel richtig", sagt Maier.

Dank der B2B-Sparte Auto1.com haben die Berliner den Fahrzeugnachschub im eigenen Haus. Cazoo hatte das nicht und war auf Zwischenhändler angewiesen. Das treibt die Kosten.

Brancheninsider berichten, dass die Briten Ware bei Auto1 oder Leasingfirmen wie LeasePlan zukaufen mussten. Anbieter wie Carvago und Instamotion haben ebenfalls kein eigenes Sourcing: Die Fahrzeuge dort stammen alle von Partnern, unter anderem Händlern.

Ein weiterer neuralgischer Punkt ist die Aufbereitung. Diese lag bei Cazoo zum großen Teil in Händen von Dienstleistern, während Auto1 sie zunehmend inhouse verlagert. Allein im Herbst 2023 gab Auto1 die Eröffnung drei neuer Aufbereitungszentren bekannt.

Dass das Rohergebnis pro Einheit im ersten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 1349 auf 1956 Euro stieg, führt das Unternehmen im jüngsten Geschäftsbericht explizit auf gesunkene Aufbereitungskosten zurück.

Andere wie CarNext hatten dagegen die Customer Journey nicht im Griff. "CarNext hatte mit LeasePlan im Rücken unbestritten Expertise im operativen Geschäft und Zugriff auf gute Ware. Problematisch hier war die Tech-Seite. Die User Experience war einfach nicht gut genug auf die Bedürfnisse der Online-Shopper abgestimmt", sagt Wittmann.

Von einem Durchbruch ist aber auch Auto1 noch weit entfernt. "Die Verkaufsstrecke bei Autohero funktioniert sehr gut und ist auf die Kunden ausgerichtet, die Markenbekanntheit und Fahrzeugauswahl muss aber noch besser werden", sagt Maier.

Nach Daten des IfA-Instituts werden Online-Plattformen wie Autohero oder Instamotion aktuell nur von unter einem Prozent der Gebrauchtwagenkäufer aktiv als Informationsquelle einbezogen. "Nur wenn sich das ändert, können solche Angebote Erfolg haben", konstatiert Maier. Wirklich bekannt seien einzig Vermittlungsplattformen wie Autoscout24 und Mobile.de.