Der chinesische Hersteller Nio kämpft mit geringen Absätzen und wird von der EU bald mit Strafzöllen belegt. Dennoch bringt die Marke jetzt ein neues Elektro-SUV nach Deutschland.
Der Nio EL8 ist über fünf Meter lang und soll das neue Flaggschiff des Portfolios sein.
Der chinesische Hersteller Nio gibt sich unbeirrt von weiter kaum nennenswerten Absätzen auf dem deutschen Markt und den drohenden Strafzöllen auf die aus China importierten Elektromodelle.
Sogar ein weiteres Modell für den deutschen Markt ist geplant: Das bisher auf dem Heimatmarkt und in Norwegen erhältliche Fünf-Meter-SUV EL8 soll ab Herbst auch in Deutschland an Kunden ausgeliefert werden.
Kurios dabei ist: Der EL8 heißt nur auf dem deutschen Markt EL8. In China und auch in Norwegen wird der Stromer als ES8 vertrieben.
Nach einem langjährigen Markenrechtsstreit mit Audi um die Wortmarke "S8" in ES8 unterlag Nio vor dem Oberlandesgericht München und benannte seine Modelle bereits im Vorfeld der Entscheidung in Deutschland um. Auch der kleinere ES6 heißt in Deutschland seit längerem EL6.
Jetzt also der EL8 für den deutschen Markt, der Ende 2022 zuletzt ein umfangreiches Facelift erhielt. "Es ist unser luxuriösestes SUV, unser Flaggschiff. Da haben wir alles reingepackt", sagt Marius Keil, Product Experience Manager bei Nio bei der Präsentation des Modells in München.
Auch beim Preis hat Nio alles reingepackt: Das Elektro-SUV mit sechs Sitzen und bis zu 510 Kilometer Reichweite kostet mindestens 82.900 Euro, zuzüglich einer Batteriemiete von monatlich 169 Euro, ohne die man die Nio-eigenen Batteriewechselstationen nicht nutzen kann.
Ein erster Vorbesteller fand sich am Rande der Präsentation in München trotzdem bereits. Der Kunde hatte den EL8 sogar schon bestellt, ohne den finalen Verkaufspreis zu kennen.
Der dürfte sogar höher liegen als ursprünglich mal eingeplant. Die voraussichtlich ab 4. Juli vorläufig geltenden Strafzölle seien bei der Bepreisung des Modells einkalkuliert, heißt es in München von Nio-Seite. Laut EU-Kommission sollen die Chinesen ab 4. Juli einen Zollaufschlag von 21 Prozent zu den bisherigen zehn Prozent zahlen.
In einem Statement gegenüber der Automobilwoche hatte Nio diese Praxis am Mittwoch bereits scharf kritisiert: "Wir lehnen die Nutzung erhöhter Zölle als strategisches Instrument gegen den weltweiten Handel mit Elektroautos deutlich ab."
Das Interieur des EL8: Kunden bekommen für fast 100.000 Euro Premium-Niveau im Innenraum und sogar einen kleinen Kühlschrank in der Mitte der hinteren Sitzreihe.
Doch auch der Start des EL8, dessen Auslieferungen ab September starten sollen, dürfte dem chinesischen Hersteller keinen Absatzboom bescheren. Aktuell kommt Nio in Deutschland bis einschließlich Mai auf 190 zugelassene Modelle des ET5, ET7 und EL6.
Dennoch betreibt der Hersteller in Deutschland inzwischen eine Infrastruktur mit großen Nio-Houses in Frankfurt, Düsseldorf, Berlin und (bald) Hamburg, sowie ein großes Hub in München. Außerdem sind 15 Batteriewechselstationen über das gesamte Bundesgebiet verteilt.
Dass das nicht wirtschaftlich sein kann, weiß auch die Nio-Zentrale in China. Deutschland-Chef Marius Hayler, der erst im Oktober von Ralph Kranz übernahm, steht unter massivem Erfolgsdruck.
Gleichzeitig betont Nio immer wieder, der Markenaufbau in Europa brauche Geduld. Im kommenden Jahr soll mit Firefly eine zweite Marke der Chinesen in Europa an den Start gehen, die ein günstigeres Preisniveau bieten soll.
