VW Pkw oder VW Nutzfahrzeuge? Verwirrung um den Amarok

Volkswagen investiert 580 Millionen US-Dollar (512 Mio. Euro)  in Südamerika und plant einen neuen Amarok. Das Modell wird speziell für den lokalen Markt entwickelt und ab 2027 im argentinischen Pacheco produziert – allerdings nicht von VW Nutzfahrzeuge (VWN), sondern von der Pkw-Sparte. 

VW Pkw trägt schon jetzt in Südamerika die Verantwortung für den Pick-up. Und während VW Nutzfahrzeuge seit 2023 global den neuen, gemeinsam mit Ford auf Ranger-Basis gebauten Amarok II verkauft, fertigt und vertreibt die Pkw-Sparte in Südamerika weiterhin die 2010 auf den Markt gekommene erste Generation. 

Dadurch erklärt sich auch der deutliche Rückgang bei den Amarok-Verkaufszahlen der Nutzfahrzeug-Sparte im vergangenen Jahr. Mit 52.200 Einheiten verkaufte VWN 2024 über 20 Prozent weniger als im Vorjahr – weil der südamerikanische Markt inzwischen auf Pkw-Rechnung läuft. 

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die große Pkw-Schwester in das Nutzfahrzeug-Geschäft einmischt. Gerangel um die Zuständigkeiten gab es bereits unter anderem beim ID.Buzz, der zeitweise komplett von Hannoveraner in Wolfsburger Verantwortung übergehen sollte.  Zumal es für die Kunden kaum einen Unterschied macht. Anders als bei Konzernmarken wie Skoda oder Seat fahren die Modelle von VW Pkw und Nutzfahrzeuge unter dem gleichen Logo. 

Die Entscheidung, einen neuen Pick-up unabhängig von der VWN-Ford-Kooperation im Rahmen der VW-Pkw-Division zu entwickeln, verstärkt die Frage, ob Volkswagen die klare Trennung der Geschäftsbereiche aufweicht? Beider Sparten dementieren das. 

"Volkswagen Nutzfahrzeuge wurde als Marke vor 30 Jahren gegründet und positioniert sich seither, um die spezifischen Bedürfnisse von Gewerbe- und Freizeitkunden zu erfüllen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind sämtliche Funktionsbereiche von VWN auf das Nutzfahrzeuggeschäft ausgerichtet", erklärt eine Nutfahrzeug-Sprecherin – und daran solle sich auch nichts ändern. 

Vielmehr hätte es unter anderem organisatorische Gründe, da VWN in manchen Märkten beispielsweise keine eigene Vertriebs-Organisation habe. So übernimmt Volkswagen of America etwa auch in den USA den Vertrieb des ID. Buzz. 

Bleibt die Frage, warum VW nicht einfach den Ford-Amarok auch nach Südamerika bringt. Die Antwort darauf ist vage: VW wolle bis 2030 technologisch führender Volumenhersteller weltweit zu sein.

Der Ausbau "regionaler Marktpositionen und eigenständiger Produktlösungen" sei dafür ein zentraler Baustein. Dies hatte VW bereits Anfang des Jahres bei der Vorstellung des Drei-Phasen-Plans ("Aufholen", "Angreifen", "Anführen") angedeutet.

Umgekehrt gibt es allerdings auch keine Pläne, den neuen Südamerika-Amarok außerhalb des Kontinents zu vermarkten. Die  bestehende Partnerschaften mit Ford bleibe bestehen, betont VW.

Pkw-Chef Thomas Schäfer erklärt, die Investition von über einer halben Milliarde Euro stärke die "Position in einer strategisch wichtigen Region für die Marke Volkswagen." Der neue Amarok orientiere sich "perfekt an den marktspezifischen Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden.“ 
 

Warum die der aktuelle Amarok nicht trifft, lässt VW offen – ebenso wie Details zur Neuauflage. Bislang gibt es lediglich eine Skizze. Allerdings erläuterte Francesco Pecchia, Chef der Produktplanung bei VW Argentina, schon vergangenes Jahr in einem Interview, man habe sich der Ford-Allianz nicht angeschlossen um nicht 14 Jahre Arbeit und Entwicklung an dem Pick-up zu verlieren, der in Argentinien zum Maßstab wurde. In Argentinien hätten Pick-Ups laut Pecchia einen Anteil von 20 Prozent am Umsatz und noch mehr an der Automobilproduktion. 

Ein Grund dürfte sicherlich sein, dass VW den Amarok II nicht mehr selbst produziert, sondern ausschließlich im Ford-Werk in Südafrika herstellen lässt. Eine Fertigung vor Ort in Südamerika wäre nicht darstellbar. "Made in Argentina" spielt in der lokalen Vermarktung allerdings eine große Rolle. 

Außerdem dürfte Generation eins – und auch die Neuauflage – weitaus weniger komplex und damit wartungsfreundlicher sein, als der technologisch deutlich aufwändigere neue Amarok. Viele südamerikanischen Kunden bevorzugen Fahrzeuge, die einfach zu reparieren sind, wenig Elektronik haben und sich auch unter extremen Bedingungen bewähren.  
 
Ganz ohne Risiko ist das Investment in Argentinien allerdings nicht. Das Land ist wirtschaftlich instabil und hochverschuldet. Präsident Javier Milei fährt einen radikalen Sparkurs und will Investoren anlocken. Die Inflation konnte er eindämmen, IWF und Weltbank loben den Kurs. Jedoch ist Mileis Politik in Argentinien umstritten, es gibt  Proteste gegen seinen Kurs.