VW Nutzfahrzeuge zieht beim Agenturmodell die Notbremse

Erst Skoda, nun VW-Nutzfahrzeuge: Eine weitere VW-Konzernmarke steigt kurz vor dem Start in den Agenturvertrieb auf die Notbremse. "Der Start des Agenturmodells für die vollelektrischen Modelle der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge in Deutschland wird sich aufgrund operativer Herausforderungen verzögern", so eine Sprecherin gegenüber der Automobilwoche.

Genau wie Skoda wollte VW-Nutzfahrzeuge (VWN) eigentlich am 1. Oktober starten. Während die Tschechen den Start vorerst auf 1. Januar 2026 vertagt haben, nennt VWN erst gar keinen Ersatztermin mehr.

Man führe nun vorerst den Vertrieb aller Fahrzeuge im Eigenhandel fort, so die Sprecherin weiter. Unberührt von der Entscheidung jetzt bleibt zudem die bereits seit Jahren etablierte Agentur im Großkundenvertrieb.

Ob allein operative Gründe hinter der Verschiebung stehen, darf bezweifelt werden. In einem Rundschreiben, in dem VWN die Händler über den Schritt informiert, und das der Automobilwoche vorliegt, macht VWN "verschiedene marken- und marktspezifische Umstände" geltend. Der größte Umstand bei Volkswagen: Der Konzern muss dringend sparen, auch im Vertrieb. Nachdem der Plan, Milliarden über Preiserhöhungen in die Kassen zu spülen angesichts einer mauen Nachfrage und Überkapazitäten bei allen Herstellern gescheitert ist, ist der Druck groß, andernorts zu sparen.

Ein Ansatzpunkt dafür ist das Agenturmodell. "Eine Ausweitung der Agentur ist teuer", sagt ein Brancheninsider. Es würden neue Investitionen, vor allem in IT und Personal, anstehen.

Zudem holt sich der Hersteller mit der Agentur auf Dauer erhebliche Kosten und Risiken ins Haus, die vorher im Handel lagen: Lager- und Finanzierungskosten, Marketing- und Vertriebskosten, Logistik. Doch es sind nicht nur die finanziellen Kosten, das Agentursystem hat auch einen hohen Preis in der Zusammenarbeit mit dem Handel, der sich gegen die aktuelle Situation wehrt.

Dass VW nun den angedachten Ausbau der Agentur auf Verbrenner weiter vorantreibt, darf bezweifelt werden. Eine Rolle rückwärts bei den bereits eingeführten Agentursystemen bei VW Pkw, Audi und Seat/Cupra ist allerdings ebenfalls unwahrscheinlich. Auch der bei VWN bereits in Schweden, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Polen gestartete Agenturvertrieb bleibt von der Entscheidung für den deutschen Markt erst einmal unberührt. "Dass Volkswagen jetzt schnell das Agentursystem wieder zurückdreht, erwarte ich nicht", sagt ein Brancheninsider über die bestehenden Agentursysteme bei VW, Audi und Seat. Aber der Hersteller werde den Erfolg des Vertriebssystems nochmals gründlich evaluieren.

Das haben auch andere Hersteller bereits getan: Stellantis etwa will – wenn überhaupt – erst 2027 starten. Auch Ford hat seine Agenturpläne bereits eingestampft, ebenso Jaguar.

Die Verschiebung bei VWN jetzt ist indes bereits der zweite Aufschub. Ursprünglich sollte die Elektro-Agentur bereits im zweiten Quartal 2024 starten, wurde dann aber im Mai auf Anfang Oktober verschoben.