Zeekr vor Deutschland-Start: Chinesischer Premium-Herausforderer mit "europäischer Seele"

Ist die Geely-Marke Zeekr nur ein weiterer Versuch, mit günstigen chinesischen Modellen den europäischen Automarkt zu fluten? Die erst 2021 gegründete Marke sieht sich selbst eher als Luxus-Brand und High-Tech-Schmiede, die gegenüber den etablierten deutschen Premiummarken Mercedes, Audi und BMW im Elektro-Bereich technisch überlegen, qualitativ auf Augenhöhe und preislich klar im Vorteil sein will.

In den nur vier Jahren ihres Bestehens hat die Marke neun Modelle auf den Markt gebracht, davon sind bislang vier in Norwegen, Schweden und den Niederlanden erhältlich. In Deutschland ist Zeekr noch nicht mit einem Vertriebsnetz aktiv, dennoch können Flottenkunden und Dienstwagenberechtigte bereits drei verschiedene Modelle ordern – dafür existiert auch schon eine deutschsprachige Webseite.

Das große Ziel sei aber, sich auch in der Breite im größten europäischen Automarkt zu etablieren, sagt Lothar Schupet, der seit Januar 2023 das Zeekr-Geschäft in Europa aufbaut. Schupet ist Deutscher und hat eine BMW- und Mini-Vergangenheit. Seit Januar 2025 ist er geschäftsführender CEO von Zeekr in Europa; das Hauptquartier liegt in Amsterdam.

"Wir wollen in zwölf und spätestens 24 Monaten in Deutschland auf einem soliden Fundament starten", sagte Schupet im Gespräch mit der Automobilwoche am Rand der Autoshow in Schanghai. "Womöglich geht es auch noch schneller, aber ich will sicherstellen, dass unser Vertriebs- und Servicenetz vor diesem Start steht - und nicht erst danach aufgebaut wird, wie wir das bei einigen Wettbewerbern beobachten konnten."

In Deutschland habe die Marke bereits einige "interessante" Verträge mit großen Flottenkunden unterzeichnet, die ihren Dienstwagen-Berechtigten auch die Null-Emissions-Fahrzeuge von Zeekr anbieten wollen. Noch vor Deutschland werde Zeekr aber in Belgien, Dänemark, der Schweiz und Griechenland an den Start gehen.

"Griechenland ist zwar ein kleiner EV-Markt, aber dort gibt es interessante Fördermittel", begründet Schupet die Entscheidung. Auch Großbritannien stehe auf der Kandidatenliste. "Das könnten wir schnell umsetzen, denn wir haben die erforderlichen Rechtslenker schon im Programm, da wir bereits in Australien und Malaysia aktiv sind."

Welches Vertriebsmodell Zeekr letztlich in den neuen Märkten einführen werde, sei noch nicht entschieden. "Wir sammeln Erfahrungen in den Ländern, in denen wir schon begonnen haben. In Norwegen sind wir im Händlermarkt gestartet, in Schweden und in den Niederlanden im Direktvertrieb."

Gerade in Schweden habe sich der vergleichsweise günstige Start per Direktgeschäft als erfolgreich erwiesen. "Wir decken dort mit nur drei Stores tatsächlich das gesamte, sehr große Land ab."

Der Service wird dabei auch in anderen Werkstatt-Betrieben erledigt. "Entscheidend ist eine kurze Erreichbarkeit des Services – und das schaffen wir auch im Direktvertrieb."

Ein Kernproblem von Zeekr und fast allen chinesischen Marken ist die geringe Markenbekanntheit. "Wir sind in Fachkreisen schon ziemlich bekannt, aber in der Breite noch nicht", räumt Schupet ein.

Oft werde man als rein chinesische Marke bezeichnet, dabei habe Zeekr bereits ein Entwicklungszentrum in Göteborg sowie zwei Designzentren in Göteborg und Krakau, die die für den europäischen Markt zugeschnittenen Modelle entwerfen. "Wir sehen uns deshalb als Marke mit der Power eines chinesischen Giganten, aber mit einer europäischen Seele."

Anders als einige chinesische Wettbewerber habe Zeekr ein durchweg europäisches Management in Europa. "Dadurch haben wir ein umfassendes Verständnis für die komplexen und anspruchsvollen europäischen Märkte", versichert Schupet. Diese europäischen Gene wolle Zeekr nutzen, um ein solides Vertriebs- und Servicenetz aufzubauen.

Kernzielgruppe der neuen Marke seien zunächst bisherige Kunden deutscher Premiumhersteller, die entweder aus eigenem Antrieb oder aufgrund von Vorgaben ihres Arbeitgebers ihren Dienstwagen auf ein reines E-Auto umstellen wollten.

"Wenn diese Kunden merken, dass sie bei ihrer bisherigen Marke im E-Segment mindestens eine Baureihe kleiner ordern müssen, dann kommen sie gerne zu Zeekr, wo sie auch im BEV-Bereich die Fahrzeugklasse behalten können." Um die Berührungsängste mit der chinesischen Marke zu mindern, bietet Zeekr eine zehnjährige Garantie auf alle Komponenten an, auch auf die Batterie.

"Die Wahrnehmung chinesischer Hersteller war in Europa bisher nicht immer die Beste", räumt Europa-Manager Schupet ein: "Aber das ändert sich gerade massiv. Denn immer mehr Kunden sind bei einem EV nicht mehr bereit, Kompromisse bei der Ausstattung oder der Leistung einzugehen. Sie erwarten EVs mit der neuesten Technologie - und genau das bieten wir, zu einem unschlagbaren Preis."

Das neueste Modell, der im Dezember vorgestellte 7X, verfügt über eine 800-Volt-Architektur, eine üppige Leistung zwischen 310 und 470 kW, Luftfederung, Head-up-Display und elektrisch öffnende Türen. Daran gemessen ist der 7X vergleichsweise günstig: In den Niederlanden ist er ab 53.000 Euro erhältlich. Wettbewerber sind deutlich kostspieligere deutsche Top-Modelle wie der Audi Q6 e-tron, Porsche Macan oder Mercedes EQE SUV.

Ohne die Strafzölle der EU gegen chinesische Importeure könnte Zeekr preislich noch aggressiver auftreten, räumt Schupet ein. Derzeit werde die Marke in der EU mit einem Zollsatz von 28,8 Prozent belegt. "Aber wir haben trotz dieser Zollhürde noch klare Vorteile beim Preis, die wir nicht aufs Spiel setzen werden", versichert der Manager.