Rådströms Hauptaufgabe: Mehr Profitabilität für Daimler Truck

Von außen betrachtet mag der Übergang an der Spitze von Daimler Truck etwas holprig erschienen sein. Aufsichtsratschef Joe Kaeser verteidigte zusammen mit Betriebsratschef Michael Brecht in einer eilig anberaumten Pressekonferenz die Entscheidung jedoch als gründlich überlegt und abgestimmt mit allen Beteiligten.

Dabei wurde auch deutlich, was die Hauptaufgabe der neuen CEO sein wird, die ihr Amt am 1. Oktober antritt. Die Schwedin soll die Profitabilität des Dax-Konzerns auf das Niveau der besten Wettbewerber heben und die Marktkapitalisierung verbessern. Dabei werde sich auch das Geschäftsmodell in Zukunft stark verändern, so Kaeser.

Man habe sich beim Übergang von Vorgänger Martin Daum zu Karin Rãdström für einen in der Branche eher unüblichen Weg entscheiden, erläuterte Kaeser. Während normalerweise der Nachfolger nach der Verkündigung erst in sechs bis neun Monaten sein Amt wirklich antritt, bleiben in diesem Fall nur wenige Tage Vorlauf.

Dieses Vorgehen habe man bewusst gewählt, da Rådström so die Budgetplanungen für das nächste Jahr mitbestimmen könne. Die Umsetzung liege dann ohnehin in ihrer Verantwortung. Martin Daum habe dieses Vorgehen selbst vorgeschlagen und bleibe bis zum Ende des Jahres in beratender Funktion an Bord.

Eigentlich wäre sein Vertrag erst Ende Februar 2025 ausgelaufen. "Er hat das in einer unfassbar souveränen Art und Weise gemacht, das ist schon beachtlich", so Kaeser.

Bei der Auswahl der Kandidaten sei ein wichtiges Kriterium gewesen, dass diese über eine längere Zeit an der Spitze des Unternehmens bleiben könnten. "Die Transformation führt zu Veränderungen im Geschäftsmodell, deshalb wollten wir zwei Bestellperioden haben", so Kaeser. Damit habe sich das Feld intern gelichtet.

Auch Karl Deppen als Asien-Chef wurden zunächst Chancen eingeräumt, mit 58 Jahren galt er aber als zu alt. Kaeser lobte auch die Rolle von Technik-Chef Andreas Gorbach, der seine Kandidatur zurückgezogen habe, aber die Entscheidung für Rådström mitgetragen habe. "Er ist ein unheimlich starker Vorstand, der Daimler Truck als Lebensaufgabe begreift."

Mit der jetzigen Entscheidung sieht Kaeser den Vorstand optimal aufgestellt für die Zukunft. Mit Karin Radström (45), Andreas Gorbach (49) und Finanzchefin Eva Scherer (42) habe man junge Führungskräfte, denen erfahrene wie Karl Deppen oder John O'Leary (63) zur Seite stünden. "Wir mussten uns entscheiden, was der beste Mix ist", so Kaeser.

Für Rådström habe nicht nur ihre offene und unprätentiöse Art der Führung gesprochen, sondern auch ihre Erfolgsbilanz der vergangenen Jahre. Sie habe die Marke Mercedes innerhalb des Konzerns praktisch von einer schwarzen Null zu einer Umsatzrendite von rund zehn Prozent geführt. "Das muss man erstmal schaffen."

Rådströms Aufgabe für die nächsten 100 Tage sei es nun, ein schlagkräftiges Führungsteam aufzustellen. Dazu gehöre auch, Vorschläge zu machen für eine Nachfolge bei der Marke Mercedes, die als eine der großen Säulen im Konzern gilt. Namen für mögliche Kandidaten wurden dabei nicht genannt.

Der Zeitpunkt gilt dabei nicht als optimal, da der Lkw-Markt in Europa schwächelt und bei Mercedes im Werk Wörth sogar Kurzarbeit angemeldet wurde. "Wir brauchen hier Lösungen für die Menschen", so Betriebsratschef Michael Brecht.

In den vergangenen Monaten habe man sich bereits von "fast 2000 Leiharbeitern" trennen müssen. Ob mit diesen Maßnahmen die Krise bewältigt werden kann oder noch weitere Einschnitte folgen, blieb offen.

Unabhängig von den konjunkturellen Schwankungen, denen das Truck-Geschäft besonders ausgesetzt ist, soll Rådström das Unternehmen vor allem profitabler machen. "Die besten Wettbewerber haben eine Umsatzrendite von 14 bis 15 Prozent", sagte Kaeser.

Daran müsse man sich orientieren, um beispielsweise auch Preisnachlässe leichter abfedern zu können. Mit höheren Margen im Geschäft werden sich auch die Marktkapitalisierung verbessern.

Diese liege aktuell bei rund 26 Milliarden Euro, während die besten Konkurrenten auf das Doppelte kämen. "Ich sehe keinen Grund, warum wir das nicht auch erreichen können."

Damit sind Konflikte mit den Arbeitnehmervertretern praktisch programmiert. "Wir dürfen nicht nur auf die Kosten schauen", so Betriebsratschef Michael Brecht. Man habe bei der Flexibilität in den vergangenen Jahren bereits viel erreicht.

Wichtig seien aber vor allem das Produkt und der Kundennutzen. "Wir müssen alles diskutieren", so Brecht. So seien beispielsweise die Wettbewerber nicht "ausgedünnter" als Daimler Truck. Der Ton in den Verhandlungen müsse aber nicht rauer werden, vielmehr komme es auf die Suche nach dem gemeinsamen Nenner an.

Dies hätten viele Unternehmen in der Transformation nicht verstanden. "Es bringt nichts, sich einfach nur anzuschreien."

Wichtigster Hebel für eine gesteigerte Profitabilität dürfte dabei das sich ändernde Geschäftsmodell bei den Lkw werden. So spiele der Anschaffungspreis eine immer geringere Rolle. "Die Total Cost of Ownership, also die Kosten über die gesamte Laufzeit, das wird die große Nummer", so Kaeser.

Wenn ein Lkw beispielsweise aufgrund besserer Qualität weniger Standtage habe, wirke sich das auf die Gesamtkosten aus. Gleiches gelte, wenn die Ladezeit für elektrische Lkw kurz gehalten werden könnten. Spediteure rechneten zunehmend mit konkreten Anwendungsfällen.

"Ein Brennstoffzelle oder nur mit Batterie ist in der Anschaffung um den Faktor zwei teurer, aber es kommt auf den gesamten Lebenszyklus an", so Kaeser. Wichtig sei, was den Kunden bewegt. Für Rådström wird also entscheidend sein, ob sie auch unter diesen neuen Bedingungen eine hohe Rendite erwirtschaften kann.