Doch kein Billigauto? Tesla steht vor Strategieschwenk

Tesla kommt nach dem Schock der schlechten Quartalszahlen nicht zur Ruhe. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat das Unternehmen seine Pläne für ein preiswertes E-Auto gekippt. Stattdessen beeilte sich Vorstandschef Elon Musk zu verkünden, dass Tesla nun im August sein fahrerloses Robotaxi vorstellen will. 

Bislang hatte es stets geheißen, dass das Einstiegsmodell zum Preis von rund 25.000 Dollar Ende 2025 erstmals im Werk in Austin, Texas, vom Band rollen sollte. Auch auf den Tesla-Produktionsstraßen in Grünheide bei Berlin sollte der Wagen gebaut werden. So hatte Musk es angekündigt.

Musk verortete sein Unternehmen unlängst “zwischen zwei Wachstumsphasen”. Die erste Welle wurde dabei von Model 3 und Model Y angeschoben. Die nächste Welle sollte unter anderem vom 25.000-Dollar-Auto getragen werden. 

Doch nun rückt Tesla offenbar von seiner bisherigen Strategie ab. Die Welle, um im Bild von Elon Musk  zu bleiben, soll durch das Autonome Fahren angeschoben werden – mit dem Robotaxi als ersten Meilenstein. 

Musk reagierte am Freitag mit einem für ihn typischen Tweet auf seiner Social-Media-Plattform X (früher Twitter) auf den Reuters-Bericht über das Aus für das 25.000-Dollar-Auto: “Reuters lügt (mal wieder)”, schrieb er. Jedoch führte er das nicht weiter aus. Er beeilte sich auch nicht zu versichern, dass Tesla zu seinen bisherigen Plänen für ein preiswertes E-Auto stehe.

Stattdessen rückte er den Fokus auf das Robotaxi, das seine Vision vom selbstfahrenden Auto stützt. Beide Fahrzeuge, das Einstiegsmodell wie das Taxi, werden auf derselben Plattform entwickelt. Das Robotaxi hat laut Musk am 8. August Weltpremiere. 

Musks Aktionismus dürfte vor allem auf die Finanzmärkte zielen. Die Tesla-Aktie wurde seit Jahresanfang regelrecht verprügelt und verlor rund ein Drittel an Wert. Investoren sind zunehmend skeptisch. Denn der Höhenflug der Aktie seit 2020, der Musk zeitweise zum reichsten Menschen der Welt machte, folgte einer klaren These. 

Demnach ist Tesla, anders als etwa VW oder Toyota, weniger ein Autobauer, sondern vielmehr ein Tech-Unternehmen. Das wiederum verheißt Investoren enorme Gewinnmargen, wie sie etwa Alphabet (Google), Microsoft oder Meta (Facebook, Instagram)  vorweisen.

Die Autoindustrie mit ihren komplexen Prozessen, dem hohen Einsatz von Material und Mensch ist von solcher Profitabilität weit entfernt. Musk muss nun also den Eindruck zerstreuen, dass Tesla  eben auch nur das ist: ein Autokonzern mit überschaubarer, weil  branchentypischer, Profitabilität.

Riskant ist Teslas Wette auf das Autonome Fahren alle mal. Seit Jahren bietet Tesla bereits das Software-Upgrade FSD (“Full Self Drive”) für seine Modelle. Bisher ist die "Autopilot"-Technik nicht mehr als ein Fahrassistenz-System. Der Mensch am Steuer muss weiter die Kontrolle ausüben und gegebenenfalls eingreifen.

Und den besten Leumund hat Teslas FSD auch nicht. Ein Todesfall aus dem Jahr 2018 wird vor einem Gericht in Kalifornien verhandelt. Technisch gesehen verlässt sich das Tesla-System auf Kameras, anders als etwas die Google-Tochter Waymo. Deren umgebauten Wagen nutzen teure Laser-Scanner, um die Umgebung im Blick zu behalten.

Waymo hat Tesla auch etwas Wichtiges voraus: einen Einsatz in der Praxis. In San Francisco fahren mehr als 200 mit dem Waymo-System ausgestattete Robotaxis. Erst vor wenigen Wochen gestatten Kaliforniens Behörden den Einsatz in einem größeren Gebiet, darunter in Teilen von Los Angeles. Über eine solche Zulassung verfügt Tesla noch nicht. 

Eines erreichte Elon Musk mit seiner Robotaxi-Ankündigung immerhin. Im nachbörslichen Handel erholte sich die Aktie am Freitag  etwas, nachdem die Nachricht vom Aus für das 25.000-Dollar-Auto zuvor für eine Talfahrt gesorgt hatte. (mit dpa)