Tesla: Analyst testet FSD – und gerät in Gefahr

Wie sicher ist das von Tesla beworbene Assistenzsystem "Full Self Driving" wirklich? Der Elektro-Pionier bewirbt seine Technologie selbstbewusst als "voll selbstfahrend", während es sich in Wahrheit um ein automatisiertes Fahrangebot nur nach Level-2-Plus handelt.

Dass das Unternehmen aber von einem "voll selbstfahrenden" Tesla-Modell noch weit entfernt ist und es unter Umständen sogar gefährlich sein kann, dem Assistenzsystem wegen dieser Marketing-Bezeichnung komplett zu vertrauen, fand ein Analyst der US-Firma Truist Securities jetzt bei einer Probefahrt heraus.

In einem Bericht an seine Kunden schreibt der Analyst laut einer Meldung von Bloomberg: "Das Model Y hat an einer Kreuzung beschleunigt, an der ein Fahrzeug vor uns gerade erst seinen Abbiegevorgang nach rechts teilweise vollzogen hatte. Mein schnelles Eingreifen war absolut notwendig, sonst hätte es definitiv einen Unfall gegeben."

Zudem habe er eingreifen müssen, weil das System nicht auf Handzeichen eines Polizisten reagiert habe, der den Verkehr kurzzeitig an den Straßenrand beordert habe. Außerdem, so heißt es im Bericht des Truist-Analysten William Stein weiter, habe Teslas "Full Self Driving"-System auf einem Highway zwei Mal die Spur gewechselt, obwohl durchgezogene Linien dies eigentlich ausdrücklich untersagten.

Analyst Stein habe nach eigenen Angaben das FSD-System des Elektro-Marktführers einmal im April und ein weiteres Mal jetzt kürzlich nach Vorlage der Halbjahreszahlen von Tesla getestet. Beide Testfahrten hätten in New Yorker Vororten jeweils bei guter Sicht und trockenen Bedingungen stattgefunden. 

Das Fazit zu seinem ersten Testlauf hatte laut Bloomberg noch "beeindruckend gut, aber für die heutige Zeit noch nicht nützlich" gelautet. Nach seinem Beinahe-Crash schrieb Stein jetzt: "Nicht besser, deutlich schlechter." Immerhin habe sich das Fahrzeug flüssiger im Verkehr und bei Spurwechseln bewegt, so der Truist-Analyst. Das Gefühl sei "insgesamt natürlicher" gewesen, verglichen mit der vorherigen Testfahrt im April.

Als besonders großes Risiko identifizierte William Stein die Nachlässigkeit des Systems, die Konzentration des Fahrers auf das Verkehrsgeschehen zu überprüfen. Selbst während der Analyst seine Augen 20-40 Sekunden von der Straße abwendete, habe das System weiter funktioniert und erst dann eine Warnmeldung ausgegeben, schreibt Stein in seinem Bericht. Sein Sohn habe als Beifahrer in dieser Zeit den Verkehr beobachtet, um erneut einen Unfall zu verhindern.

Das Fazit des Analysten ist trotz der Probleme des FSD-Assistenzsystems aber noch recht versöhnlich: "Die Version ist wahrhaft unglaublich, aber noch nicht annähernd in der Lage, die Herausforderungen des autonomen Fahren zu bewältigen."

Was die von Tesla geplante Vorstellung eines eigenen Robotaxis angeht, sei Stein allerdings "verwirrt, was Tesla da zeigen will". Das US-Unternehmen hatte die Präsentation des Modells von August auf Oktober verschoben. Experten sind skeptisch, ob Tesla das Versprechen eines vollständig autonom agierenden Robotaxis wirklich einlösen kann.