Schneller, günstiger: So will VW sein China-Problem in den Griff bekommen

Es ist ein klares Bekenntnis. „Wir sind stolz darauf, China als unseren zweiten Heimatmarkt zu bezeichnen“, sagte Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume auf dem Capital Markets Day am 24. April in Peking. Rund ein Drittel seines Absatzes macht der Volkswagen-Konzern in China, da ist eine solche Aussage nur folgerichtig.

Zuletzt stotterte das Geschäft der Wolfsburger in China aber vor allem im wichtigen Elektroauto-Markt. Jetzt will sich der Konzern zurückkämpfen. Auf dem Investoren-Event in Peking konkretisierte Volkswagen seine Pläne für die Zukunft. „Wir wollen ab 2026 verstärkt von der Wachstumsdynamik des Marktes profitieren“, so Blume.

Das Ziel für China: Das anteilige operative Ergebnis soll 2030 inklusive des vollkonsolidierten Joint Ventures in Anhui bei rund drei Milliarden Euro liegen. Als Etappenziel für 2027 nennt der Konzern für China ein Ergebnis von mehr als zwei Milliarden Euro. Bis 2030 will man jährlich rund vier Millionen Fahrzeuge in seinem wichtigsten Markt absetzen, jedes zweite davon rein elektrisch. 2023 lieferte der Volkswagen-Konzern in China rund 3,2 Millionen Fahrzeuge aus.

Damit peilt Volkswagen in China bis 2030 einen Marktanteil von etwa 15 Prozent an. Es gehe darum, die Position als Nummer eins unter den internationalen Herstellern in China zu verteidigen und weiter unter den Top drei der Fahrzeughersteller zu spielen. Das ist ein Abschied von früheren Ambitionen. Noch 2023 war VW größter Hersteller in China.  Und vor nicht allzu langer Zeit war bei Volkswagen noch die Rede davon, die rund 20 Prozent Marktanteil aus Vor-Covid-Zeiten auch in Zukunft halten zu können.

Trotzdem sieht VW-China-Chef Ralf Brandstätter noch immer großes Potenzial im chinesischen Markt. So werde die Zahl der zur Mittelklasse zählenden Menschen bis 2030 von 400 Millionen auf 600 Millionen wachsen. Auch die Sättigung des Marktes ist noch weit von europäischen Verehältnissen entfernt. So kommen derzeit nur 180 Fahrzeuge auf 1000 Menschen in China, während es in Deutschland etwa mehr als 500 sind. Sollte die Dichte in China nur auf 250 pro tausend Einwohner steigen, dann sei dies eine "Wachstumsmaschine".

Nicht erst bis 2030, sondern schon für die nächsten drei Jahre kündigt der Volkswagen-Konzern für seine in China vertretenen Marken 40 Modellneuheiten an, die Hälfte davon elektrifiziert. Dazu zählten mindestens acht China-spezifische reine Elektroautos. Bis 2030 will der Volkswagen-Konzern in China mehr als 30 neue reine Elektroautos auf den Markt bringen. Auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verzichtet der Konzern aber auch künftig nicht. Sie spielten bis auf Weiteres eine wichtige Rolle zur Finanzierung der technologischen Transformation.

Neue Einstiegsmodelle der Marke Volkswagen in der Kompaktklasse sollen eine besonders wichtige Rolle für den Turnaround in China spielen. Ein Segment, das laut des Konzerns in Zukunft mehr als 50 Prozent des Marktes ausmachen soll. Bis 2026 möchten die Wolfsburger hier Kostenparität gegenüber dem lokalen Wettbewerb erreichen.

Dazu beitragen soll die neue China Main Platform (CMP) für vollelektrische Kompaktmodelle im Einstiegssegment, die Volkswagen derzeit in seinem Forschungs- und Entwicklungszentrum der Volkswagen China Technology Company (VCTC) in Hefei entwickelt. Für das größte Entwicklungszentrum des Konzerns außerhalb Deutschlands und die benachbarten Produktionsanlagen kündigte der Konzern erst Anfang April weitere 2,5 Milliarden Euro Investitionen an.

In die CMP integrierte Bausteine wie die neue, zusammen mit XPeng entwickelte Elektrik- und Elektronik-Architektur CEA (China Electrical Architecture) oder die Verwendung von neuen Batterietechnologien sollen die Kosten um 40 Prozent senken. Als Starttermin für erste Serienfahrzeuge auf der CMP-Plattform nannte Volkswagen bereits zu einem früheren Zeitpunkt das Jahr 2026.

Dabei gehe es nicht darum, das Netzwerk an Zulieferern stärker zu lokalisieren und beispielsweise deutsche Zulieferer in China abzulösen. "Im Zentrum stehen maßgeschneiderte Lösungen für den chinesischen Markt", so Brandstätter. Große Kostenvorteile ergeben sich laut Brandstätter auch durch die neue Elektronik-Architektur, die mit deutlich weniger Steuergeräten auskommt und beispielsweise auch weniger Kabel benötigt. Zudem erlaube die Zusammenarbeit mit XPeng größere Stückzahlen, was ebenfalls zur Kostensenkung beitrage.

Um schneller auf neue Markterfordernisse reagieren zu können, will Volkswagen in China künftig außerdem seine Entwicklungszeiten verkürzen. Durch die Bündelung aller Entwicklungseinheiten und -prozesse der für China bestimmten Fahrzeuge in der VCTC in Hefei erhöhe man die Entwicklungseffizienz deutlich, so der Konzern. Ziel sei es, die Entwicklungszeit neuer und für den lokalen Markt bestimmter Produkte um 30 Prozent zu reduzieren.

Was Volkswagen auf seinem Capital Markets Day erneut bekräftigte: die Relevanz lokaler Kooperationen. Dazu zählt nicht nur die erwähnte Partnerschaft mit XPeng. Diese sieht über das CEA-Projekt hinaus bekanntermaßen auch die Entwicklung zweier Mittelklasse-Elektroautos auf XPeng-Plattform vor, von denen das erste ebenfalls 2026 erscheinen soll. Auch Joint Ventures mit Software- und Technologieunternehmen vor Ort sollen die Reaktionszeiten der Wolfsburger deutlich verkürzen, um neuen Kundenbedürfnissen schneller zu entsprechen.

Lokale und zentrale Entwicklung, Partnerschaften vor Ort und mehr Tempo bei allen Projekten, all das fasst Volkswagen als „In China für China“-Strategie zusammen. "Bei allen unseren Projekten und Initiativen hat die Wirtschaftlichkeit höchste Priorität", sagt Ralf Brandstätter, China-Vorstand im Volkswagen-Konzernvorstand und CEO der Volkswagen Group China.

"Mit einem markenübergreifenden Effizienzprogramm und konsequenter Kostenarbeit werden wir unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in China weiter nachhaltig stärken." Damit leiste die Region auch zukünftig einen starken Beitrag zum Ergebnis und Cashflow des Konzerns.