ID.1: So will VW die 20.000 Euro schaffen

20.000 Euro für einen elektrischen Kleinwagen, der in Deutschland entwickelt und Europa produziert wird, sind eine klare Ansage. Volkswagen hat die Herausforderung angenommen und will mit dem ID.Every1 zeigen, dass sie das schaffen können.

Wie das geht, erklärt Entwicklungs-Chef Kai Grünitz am Rande der Weltpremiere des Einstiegs-Stromers.

Die Quintessenz: Jedes Teil wird hinterfragt. Ein Auto für 20.000 Euro zu bauen und dabei kein Geld zu verlieren, sei eine Herausforderung, die sich nicht mit einer gezielten Sparmaßnahme schaffen ließe, so Grünitz. "Das ist nicht irgendein einzelner Faktor, sondern das Gesamtkonzept des Fahrzeuges, um diesen Kostenpunkt zu treffen."

Größter Kostenpunkt beim E-Auto ist die Batterie: VW setzt beim ID.1 auf die günstigere Lithium-Eisenphosphat-Zellchemie, die Zellen stellt die hauseigene Batterie-Tochter PowerCo her. Die sind nicht so leistungsfähig wie Nickel-Mangan-Cobalt-Akkus (NMC), aber preiswerter und haltbarer.

Über den Energiegehalt spricht VW noch nicht, gibt lediglich 250 Kilometer Reichweite an; das spricht für rund 40 Kilowattstunden Strom. Sowohl kleinere als auch größere Alternativen schließt Grünitz nicht aus, wobei die Luft nach oben dünn wird. Schließlich muss VW den Respektabstand zum größeren ID.2 waren.

Beim Batteriegehäuse setzen Grünitz und sein Team auf Maßarbeit, haben es so angepasst, dass auf dem begrenzten Bauraum möglichst viel Energie reinpasst. Überhaupt sollen 80 bis 85 Prozent "tailor made" sein - natürlich immer mit Blick auf die Kosten.

Der Hersteller setzt auf den Modularen Elektronik Baukasten (MEB) und auf vorhandene, "auskonstruierte Komponenten", um Skaleneffekte zu erzielen. Der Vorderwagen ist ziemlich identisch mit dem des ID.2, die Hinterachse ist kostenoptimiert.

Am günstigsten ist freilich immer das Bauteil, das man ganz weg lässt: "Wir haben zum Beispiel ein cleanes Design, ohne Einsatzteile, ohne Schnörkel, ohne Gitter," erklärt der Chef-Entwickler. Alles, was man nicht zusätzlich anbaue, spare "wirklich Geld".

Immer unter der Prämisse, damit keine Kundenfunktionen wegzunehmen oder Nachteile für den Kunden zu erzeugen.

Sparpotenzial haben die Experten auch beim E-Motor, der bei den kleinen ID-Modellen vorn sitzt, ausgemacht. Grünitz spricht von einem Spagat zwischen Effizienz und Kosten; wie er den beim ID.1 gemeistert hat, verrät er noch nicht im Detail. Dass das Pendel eher in Richtung Kosteneffizienz ausgeschlagen haben dürfte, ist aber klar.

Das gilt auch für den Innenraum: Ein Kleinstwagen wie der ID.1 wird "nicht die Wertigkeit haben wie ein A0 oder A-Fahrzeug", also ein, zwei Klassen darüber, gibt Grünitz zu. "Sie werden auch Hartplastikflächen in dem Auto haben, aber in einer Art und Weise, dass der Kunde das nicht als störend oder nicht wertig findet." 

Überhaupt soll der Kunde von den Sparmaßnahmen so wenig wie möglich merken, schließlich stand er bei der Entwicklung im Vordergrund. Bei ID.3 und Co. hat VW viel Lehrgeld bezahlt, wollte partout Dinge anders machen, hat Lautstärkeregler gestrichen und auf Slider gesetzt, bei denen von vornherein klar war, dass sie nicht gut bedienbar sind.

Und, das vielleicht Auffälligste, so Grünitz: man habe den Namen weggelassen. Ob das umgekehrt heißt, dass VW bei den kleinen Stromern wieder zu Klarnamen statt Ziffern zurückkehrt, bleibt offen. Schon länger ist vom ID Golf die Rede, ID Up und ID Polo wären durchaus denkbar.

Fest steht schon jetzt: Vieles soll bei den kleinen Stromern anders werden, besser. "Wir haben zum ersten Mal technikfrei geschaut, was die Kunden in so einem Auto wollen", so Grünitz.

Daraus entstand eine Liste mit 34 Punkten, die ein VW mitbringen soll, und die definierte schlussendlich die Vorgaben für die Elektronikarchitektur. Früher habe man umgekehrt gearbeitet, so der Entwickler, und anhand einer bestehenden Architektur überlegt, welche Funktionen man realisieren könne.

Die Elektronik-Architektur entwickelt VW nicht allein, sondern zusammen im Joint Venture mit Rivian. Ein Investment, das anfangs hoch ist – knapp sechs Milliarden Euro hat VW beigesteuert – aber in Zukunft enorme Sparpotenziale entwickeln soll. Der ID.1 soll der erste VW werden, der die neue Architektur nutzt, die Zusammenarbeit mit den Rivian-Kollegen läuft gut an.

Grünitz ist begeistert: Am ID.Every1 arbeitet ein schlankes, agiles Team, gerade mal ein paar Hundert Mitarbeiter. "Man trifft sich zwei-, dreimal, dann ist die Entscheidung getroffen", schwärmt er.

Viele Funktionen würden oft über Nacht umgesetzt, "wir sagen, so hätten wir es gern, und einen Tag später kommt ein Update auf das Auto. Das ist etwas, was wir so nicht kennen." Die VW-Kunden bisher auch nicht...