Chip-Spezialist SiMa.ai geht nächsten Schritt

Bisher setzen Autohersteller auf die großen Chip-Spezialisten wie Nvidia oder Qualcomm, um ihre Software-definierten Fahrzeuge mit genügend Rechenpower und Intelligenz auszustatten. Doch die kleine kalifornische Firma SiMa.ai schickt sich an, in diese Phalanx der Tech-Riesen einzudringen. Mit einer neuen Finanzierungsrunde sowie dem ersten Partner, der den Chip in eine Plattform für das automatisierte Fahren integriert hat, geht das Unternehmen nun die nächsten Schritte.

Angeführt von der Investmentfirma Maverick Capital hat das Unternehmen aus dem Silicon Valley weitere 70 Millionen Dollar eingesammelt und kommt mit bereits vorhandenem Kapital von Geldgebern wie Amplify Partners, Dell Technologies Capital und Fidelity Management auf einen Grundstock von 270 Millionen Dollar. "Damit wollen wir unter anderem unsere Verkaufsmannschaft weiter ausbauen", sagt Harald Kröger, Ex-Bosch-Manager und Automotive-Chef des Start-ups mit Sitz in San Jose.

Der von SiMa.ai entwickelte Chip soll Software-definierten Autos verstehen helfen, was sie in der Welt sehen oder hören – und diese Daten mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) dann in Text, Sprache oder Videoinhalte umwandeln. Bisher dominieren hier Chips der Tech-Riesen, die zwar in Verbindung mit einer Cloud gut funktionieren, aber an Bord eines Autos als stromhungrig und vergleichsweise teuer gelten. Sie benötigen meist ein eigenes Thermomanagement, was an der Reichweite von E-Autos knabbert. Außerdem erhöht die Verbindung zur Cloud die Latenzzeiten, was im Falle des automatisierten Fahrens problematisch sein kann. Der Chip von SiMa.ai verarbeitet die Daten vor Ort und benötigt keine zusätzliche Kühlung, was Effizienz und Tempo deutlich erhöht.

"Die Daten aus Kameras oder Lidar können durch den perfekt auf KI ausgelegten Chip mit der zehnfachen Geschwindigkeit konventioneller KI-Chips verarbeitet werden – es gibt auch Anwendungen, die hundertfach beschleunigt sind", sagt Kröger. Dabei könne der Chip auch generative KI, wie sie zum Beispiel ChatGPT nutzt, voll integrieren. So können Systeme zum automatisierten Fahren etwa schneller lernen, dass bei einem auf die Straße rollenden Ball ein Kind folgen könnte. Im Moment arbeitet das Unternehmen bereits an der zweiten Generation des Chips, der im nächsten Jahr zur Serienreife gelangen könnte. Produziert wird er vom taiwanesischen Branchengiganten TSMC.

Mit Bright Drive hat SiMa.ai zudem erstmals einen Partner aus der Autoindustrie gewonnen, der den Chip in eine Plattform zum automatisierten Fahren integriert hat. Bei dem Unternehmen handelt es sich um einen Entwicklungsdienstleister aus Ägypten, dessen Ingenieure allerdings mehrheitlich über langjährige Erfahrung bei europäischen Zulieferern verfügen. Die Plattform ist für jegliche Stufen des automatisierten Fahrens ausgelegt und kann in verschiedenen Fahrzeugtypen, also beispielsweise auch Lkw oder Bussen eingesetzt werden. Vorgestellt werden soll die Plattform erstmals auf der Messe Embedded World (9. bis 11. April) in Nürnberg.

Damit könnte der Chip von SiMa.ai theoretisch relativ schnell in die Serie gehen und tatsächlich in ersten Fahrzeugen eingesetzt werden. Kröger bleibt aber vorsichtig und hält an seinem Ziel fest, spätestens 2029 auf der Straße zu sein. Das Interesse aus der Industrie sei jedenfalls da – aus seiner Sicht auch wegen einer wachsenden Unzufriedenheit mit etablierten Anbietern. "Die Künstliche Intelligenz ist ein Software-Spiel – und das beherrschen wir", sagt Kröger selbstbewusst. Er weiß aber auch, dass Projekte in der Autoindustrie einen langen Vorlauf haben und einmal gewählte Partner nicht so schnell wieder aussortiert werden.

Aus dem Datencenter:

Marktvolumen Software im Auto 2020 und Prognose