Hamburg. Das war knapp. Erst kurz vor Ablauf einer von der US-Justiz gesetzten Frist, die ja sogar auf Antrag von VW zuvor bereits verlängert worden war, hat der Autohersteller aus der Alten in der Neuen Welt eine Einigung erzielt. "Gut, dass es in den USA nun nicht zum Äußersten kommen muss", erklärte eine Führungskraft des Wolfsburger Mehrmarkenkonzerns gegenüber Automobilwoche in einer spontanen Stellungnahme. Diese Einschätzung ist gewiss richtig. Schon mit Blick auf die anstehende – und entscheidende, wegweisende – Sitzung des VW-Aufsichtsrats ist es für die Führung um Konzernlenker Matthias Müller von enormer Bedeutung, eine erste Lösung für das besonders dringliche Problem in den Vereinigten Staaten von Amerika vorlegen zu können.
Ein anderer VW-Manager sagte jüngst auf Anfrage: "Mit der Einigung kommt ein wenig Ruhe in das Unternehmen". Auch das ist zunächst richtig. Doch an dieser Stelle ist für das Unternehmen allerhöchste Vorsicht geboten. Kein Zweifel: Es ist gut, die von "Dieselgate" betroffenen Kunden jenseits des Atlantiks großzügig zu entschädigen, Ihnen ein rundum angemessenes Kompensationspaket zukommen zu lassen. Fatal allerdings wäre es für VW, wenn sich die Kundschaft in Deutschland, in Europa, im "Rest der Welt" im Vergleich zur US-Klientel demnächst benachteiligt fühlen müsste. Gar billig abgespeist oder clever ausmanövriert. Dies darf um keinen Preis geschehen. Eine "Causa Diesel 2.0" darf es nicht geben bei VW.Wehret einer "Causa Diesel 2.0" bei VW
VW muss ohne den geringsten Schnörkel auf der ehrlichen Linie bleiben. "Das Verschieben des Starts der Flashaktion für den Passat ist enttäuschend", räumte das Vertriebsressort Deutschland von Volkswagen Pkw in einem Schreiben an die Händler Anfang April ein. "Wir haben unsere eigenen Planungen und Erwartungen an dieser Stelle nicht erfüllt". Das war ehrlich, ein deutliches Signal. Nun sollte möglichst bald der nächste Schritt folgen: VW bietet den vom Abgas-Skandal tangierten Kunden in Deutschland und weiteren Nationen ganz konkrete Abhilfemaßnahmen an. Für alle Baureihen mit manipulierten Selbstzündern. Im Rahmen einer großzügigen Entschädigungslösung. So generös, dass selbst notorische Nörgler verstummen. Und dem US-Paket zumindest in groben Zügen durchaus vergleichbar.
Der Stickoxid-Schlamassel wird VW so oder so teuer zu stehen kommen. Und so seltsam es sich lesen mag: Da kommt es auf ein paar Millionen Euro mehr auch nicht mehr an. "Frisierte" Fahrzeuge lassen sich "flashen". Kostspielig ist das, aber beherrschbar. Frustrierte Kunden wenden sich ab – und kommen womöglich auch niemals mehr zurück. Derlei aber würde die Wolfsburger richtig teuer zu stehen kommen – und ließe sich nachträglich kaum noch regulieren. Deshalb gilt für VW, jetzt und hier: "Von den USA lernen, heißt siegen lernen". Die zeithistorische Vorlage dieser Maxime mag längst widerlegt sein. In ihrer neueren, geografisch abgewandelten Fassung ist diese Losung für die VW-Lösung berechtigter denn je.