Bei Porsche ist noch genügend Platz

Hamburg. Bei Porsche haben Vorstand und Gesamtbetriebsrat jüngst ein "Maßnahmenpaket zur langfristigen Sicherung ihrer Standorte" geschnürt, wie die Verhandlungspartner wohlgemut erklärten. Die wichtigste Idee hinter der Initiative namens "Fit für die Zukunft" ist demnach die "Steigerung der Produktivität, Flexibilität und Effizienz im Unternehmen".

Eine gute Idee, wie sie hoch im Norden, beim Mutterkonzern VW zu Wolfsburg, bereits umgesetzt wird. Mit Blick auf die Kernmarke Volkswagen hatte Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer, ein Ex-Porsche-Manager, schon vor einem halben Jahr intern gefordert: "Wir müssen intelligent kürzen, ohne Kundenwerte oder strategische Ziele aus den Augen zu verlieren. Es geht um intelligente Varianz". Denn just diese, so Neußer, bringe "Geld für Innovationen und technische Neuheiten".

Nun also Porsche. Dort macht sich Betriebsratschef Uwe Hück, seit Anfang Juli Mitglied des VW-Aufsichtsrats, für eine Innovation, eine technische Neuheit in Form eines weiteren Modelltyps stark. "Fit für die Zukunft ist super!", bekräftigt der Hobby-Boxer. "Aber wir müssen noch einige Schritte weiter gehen. Wir brauchen für unsere Zukunft weiter ein enormes Wachstum an den Standorten und in der Region. Das geht nur mit einer weiteren Baureihe, die in Weissach entwickelt und in Zuffenhausen gebaut werden muss".

Hück ist hartnäckig, setzt nach – und fordert eine Art "Umparken im Kopf" ŕ la Opel: "Sollte der Aufsichtsrat ein solches Projekt beschließen, müssen wir eine Zeitenwende auch im Denken einleiten. Dann machen wir aus der Idee auch einen Erfolg". Daher tüftle man "schon an einem Papier, das diese Zeitenwende beschreibt". Der oberste Vertreter der Porsche-Arbeitnehmer: "Im Herbst werden wir es dem Vorstand vorlegen".

Wenn nicht alles täuscht, haben Hück und sein Team einen Porsche im Sinn, der als ernst zu nehmender Elektrosportwagen mehr böte als "nur" Tesla Paroli. Obendrein ist die Lücke zwischen den Topausführungen der Markenikone 911 sowie der Schräghecklimousine Panamera und dem vormaligen Flaggschiff 918 Spyder zu schließen, dessen Produktion vor Kurzem planmäßig auslief. Zwischen diesen Baureihen klaffte eine preisliche Lücke – nein, vielmehr eine Kluft – von rund einer halben Million Euro. Der italienische Wettbewerber Ferrari etwa wusste und weiß das fragliche Segment geschickt zu besetzen.

Porsche sollte hier nicht länger tatenlos zusehen. Gewiss, es sind Befürchtungen nicht einfach von der Hand zu weisen, die Exklusivität des Labels aus "Ländle" und Leipzig könne bei einer allzu starken Ausweitung der Porsche-Gesamtproduktion Schaden nehmen. Doch worin besteht die Alternative? Das jährliche Absatzvolumen bei 200.000 Einheiten zu deckeln? Sicher nicht: Die enormen Zuwächse in der Produktivität würden schon bald die ersten Arbeitsplätze überflüssig machen.

Das will Hück nicht. Und das wird auch der Porsche-Vorstand tunlichst zu vermeiden trachten. Das Prestige einer Premiummarke hat mit PS zu tun, mit Drehmoment, mit moderner Konnektivität und erlesenen Sonderausstattungen. Aber eben zunehmend auch mit gesellschaftlicher Verantwortung. Mit der Sorge um die aktuellen Jobs – und um die künftigen. "Fit für die Zukunft" trainiert sich Porsche daher am besten mit einem neuen Erfolgsmodell.

Dass dies funktionieren kann, ohne die eigene Fahrzeugfamilie zu kannibalisieren, haben die Ingenieure aus Weissach im Zusammenspiel mit den Zuffenhausener Kaufleuten mit dem kompakten Geländewagen Macan hinlänglich bewiesen. Nach dessen Marktstart war es um seinen großen Bruder Cayenne mitnichten geschehen. "Entscheidend sind intelligente Produktportfolios", hat VW-Chefingenieur Heinz-Jakob Neußer, der einstige Porsche-Macher, seinen Führungskräften ins Lastenheft geschrieben. Zwei- und viersitzige Sportwagen, leichte und schwere SUV, kommode und kraftstrotzende Reisewagen – das Porsche-Produktportfolio ist intelligent aufgestellt. Gleichwohl ist dort noch Platz zu füllen. "Raumausstatter", bitte melden.