Zunächst muss ich etwas richtig stellen: Daimler hat kein Fahrzeug tatsächlich gecrasht, sondern einen Frontalaufprall mit hoher Geschwindigkeit simuliert. Dabei hat man das Kältemittel direkt auf den heißesten Teil des Motors gespritzt und dann festgestellt, dass es brennt, weil es dort 700 bis 800 Grand heiß ist. Bewiesen wurde damit nur, was wir schon alle seit Jahren wissen ...
"Eine Spaltung der Branche ist möglich"
Dass R1234yf ein schwach entflammbares Mittel ist, das unter bestimmten Umständen brennen kann. Wenn ich Benzin nehme und spritze es auf einen heißen Motor, brennt es auch. Kein Mensch kommt aber auf die Idee zu sagen, dass Benzin verboten werden muss. Ähnlich verhält es sich mit anderen Flüssigkeiten im Auto.
Das Kältemittel ist von vielen Institutionen und Experten rund um den Globus getestet worden - auch vom VDA. Das Ergebnis war, dass keine Sicherheitsbedenken erhoben wurden. Alle diese Institute hätten vorhersagen können, dass bei der Versuchsanordnung von Daimler dieses Ergebnis herauskommt. Das haben wir nochmals nachgeprüft. Der Test wirft schon Fragen auf: Bei einen solchen Aufprall bleibt in den seltensten Fällen die Motorhaube geschlossen. Mit welcher Konzentration trifft das Kältemittel auf den heißen Motor? Und: Daimler hat nicht den geringsten Versuch gemacht, die Kältemittelleitung anders zu verlegen oder besonders abzuschirmen. Das empfehlen die Experten aber schon seit 2007.
Alle - auch wir bei DuPont - waren nach der überraschenden Mitteilung von Daimler komplett verwirrt. Nun prüfen die Beteiligten, welche Schlüsse daraus gezogen werden müssen. Da gibt es offensichtlich sehr unterschiedliche Meinungen bei den Herstellern.
Tatsächlich ist das in Deutschland ein heißes Thema. In den anderen europäischen Ländern ist es ein Non-Event und das gilt auch für die USA und Japan. Es geht im Kern doch nicht um die Frage, ob R1234yf gefährlich ist.
Ob man es im Auto einsetzen kann, wenn man bestimmte Risiken ausschließt. Benzin ist auch gefährlich, es lässt sich aber offensichtlich im Auto sicher einsetzen. Wir sind der Hersteller der Flüssigkeit, deren Eigenschaften seit langem bekannt und öffentlich sind. Es ist nicht an uns zu beweisen, dass diese Flüssigkeit in einem bestimmen Automodell sicher verwendet werden kann.
Es steht der Autobranche frei zu entscheiden, welches Kältemittel sie einsetzen will. Wenn Volkswagen Co2 verwenden will, können wir dies akzeptieren. Es wäre aber auch interessant zu erfahren, ab wann Volkswagen CO2 verwenden will: Im nächsten Jahr oder 2014 oder später. Die Europäische Union schreibt ab dem 1. Januar 2013, wenn das Moratorium endet, für Neufahrzeuge lediglich vor, dass das Kältemittel ein Global Warming Potential (GWP) von unter 150 haben muss. Sie sagt nicht, dass man R1234yf einsetzen muss. Co2 steht meines Wissens als Lösung am ersten Januar aber nicht zur Verfügung.
Das ist ja genau der springende Punkt. Als die EU Anfang 2006 die so genannte Mobile Air Conditioning (MAC) Directive verfügt hat, wurden verschiedenste Kältemittel geprüft. Das reicht über das Fluroprodukt HFC 152 a, Mischungen von verschiedenen Fluro-Materialien über hochexplosive Chemikalien wie Metan und Propan bis zu Co2. Heraus kam, dass jede Lösung gravierende Nachteile hatte und man entschied sich für R1234yf.
Genau. Und diese Lösung sollte dann auch noch bis Januar 2011, dem Start der europäischen Gesetzgebung, in ausreichenden Mengen verfügbar sein. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass die Chemieindustrie neun bis zehn Jahre braucht, um solch ein komplett neues Mittel kommerziell umzusetzen. Es war also der ausdrückliche Wunsch der Autoindustrie, R1234yf so schnell es geht zu industrialisieren.
Wir haben, um schneller auf den Markt zu kommen, das Mittel zusammen mit unserem Wettbewerber Honeywell entwickelt und getestet. Nun vermarkten wir R1234yf getrennt. Seit rund einem Jahr haben wir eine Fabrik in China und haben seit kurzem auch die lokale Transporterlaubnis. Insgesamt hat DuPont zwischen 100 und 200 Millionen Dollar investiert. Die Kapazität deckt den zu erwartenden Bedarf bis 2014 ab. Wir müssen nun aber schnell wissen, ob wir in den Kapazitätsausbau weiter investieren können oder nicht.
Zunächst einmal gilt doch der 1. Januar 2013 als Stichtag in Europa. Es wird nun interessant zu sehen, ob die Europäische Union ihre Umweltgesetze ändert. Dies würde auch in den USA, Japan und China starke Beachtung finden. Das wäre aber eine sehr merkwürdige Geschichte in meinen Augen. Den Autoherstellern steht es frei, sich für R1234yf zu entscheiden oder möglicherweise für CO2. Im letzteren Fall wären wir nicht glücklich, müssten das aber akzeptieren. Vielleicht kommt es auch zu einer Aufspaltung der Branche.
Ich persönlich kann mir vorstellen, dass jeder Hersteller das Risiko für sich prüft und eine Entscheidung fällt. Manche gehen dann in Richtung C02, andere nicht. Das wäre dann allerdings für die Branche sehr kompliziert. Und im Jahr 2008 hat man noch alles getan, um zu einer einheitlichen Lösung zu kommen. Für uns wären die Auswirkungen nicht so groß, denn wir stehen noch ganz am Anfang und sind noch relativ flexibel. Klar ist aber auch, dass wir auf das Prinzip Hoffnung keine Fabriken bauen.
Die Lösung steckt nicht in der Flüssigkeit, sondern im Fahrzeug-Design. Wenn man etwas positive Energie reinsteckt, um Risiken zu vermeiden, lassen sich sichere und gute Lösungen finden. Wir sind bereit, mit den Autoherstellern gemeinsam auf wissenschaftlich und technischer Ebene daran zu arbeiten. Wir sind gespannt, was in den nächsten Wochen herauskommt.