München. Viereckl sieht derzeit für Sicherheitsfunktionen wie Kollisionsschutz, Gefahrenwarnungen und Notrufsysteme ein Renditepotenzial pro Fahrzeug von bis zu 1600 Euro. Im Jahr 2020 dürften es sogar 1800 Euro sein. Für Funktionen, die das teil- bis vollautomatisierte Fahren ("Drive Assistant“) ermöglichen, steigt das Renditepotenzial von 2100 Euro auf bis zu 4600 Euro. Beide Segmente sind Teil eines Gesamtmarkts Fahrzeugvernetzung, der von 9,3 Milliarden Euro bis 2020 auf knapp 200 Milliarden Euro explodieren dürfte und ein lukratives zusätzliches Geschäftsfeld für die Autoindustrie darstellt. "Hersteller, Zulieferer und Handel werden wahrscheinlich aber nur ein Drittel des Marktes vereinnahmen können. Zwei Drittel des Gesamtumsatzes dürften Serviceprovider aus der Telekommunikations- und Computerbranche oder auch Versicherungen schreiben“, sagt Viereckl. Zu diesem Markt gehört nach der Definition von Management Engineers das Mobilitätsmanagement – also beispielsweise hochaktuelle Verkehrsinformationen oder auch die Parkplatzsuche – sowie das Fahrzeugmanagement. Hierunter fallen Dienstleistungen für Halter und Fahrer wie die automatisierte Abrechnung von Tanken und Gebühren, das Werkstattrouting und nutzungsbasierte Versicherungsmodelle. Dazu kommt das Entertainment und Komfortfunktionen wie Müdigkeitsassistenten oder Massagesitze, die unter der Bezeichnung "Well-being“ zusammengefasst werden.
Internet + Sicherheit = Cash
Eine repräsentative Umfrage von Robert Bosch in Deutschland, Frankreich und Italien bestätigt das hohe Interesse der Autokäufer an Sicherheitsfunktionen. "Angesichts der Nachfrage und der immer kostengünstigeren und leistungsfähigeren Technik werden die Hersteller die Chance nutzen, sich damit im Wettbewerb zu differenzieren“, so Gerhard Steiger, der bei Bosch den Geschäftsbereich Chassis Systems Control leitet. Auch der Gesetzgeber treibt die Verbreitung von sicherheitsrelevanten Funktionen stark voran: Nach Einschätzung von Zulieferer TRW werden die Hersteller ab 2015 zum ersten Mal Umfeldsensorik in ihre Fahrzeuge einbauen müssen, um weiter fünf Sterne beim europäischen NCAP-Test zu erreichen. Fahrerassistenzsysteme werden dadurch einen enormen Schub erhalten und den Durchbruch von einer Sonderausstattung zur Standardfunktion schaffen, so TRW. Für Viereckl sind deshalb jene Zulieferer die größten Profiteure des neuen Markts, die Kompetenz in Elektrik und Elektronik haben und Assistenzsysteme anbieten können: "Sie liefern die Sensorik, Aktorik sowie die Software und treiben die Innovationen. Die Rolle der Zulieferer wird gegenüber den Herstellern deutlich aufgewertet.“
Neue Konkurrenz erwächst den Herstellern durch mobile Assistenzsysteme aus dem Nachrüstmarkt und in Form von Smartphone- Apps. Deren Anbieter kommen aus der schnelllebigen Elektronikbranche und bringen in kurzen Abständen neue, innovative Echtzeit-Dienste. Häufig bilden Informationen aus einer Community die Grundlage etwa für Verkehrsinfos, Radarwarner oder auch Baustelleninformationen. Solche Anbieter bedrohen vor allem das Einstiegssegment, wo die Hersteller mit ihren Navigations- und Infotainmentlösungen sowie integrierten Fahrerassistenzsystemen nicht hinterherkommen – weder beim Preis noch bei der Aktualität. Dass Internet-Gigant Google beim autonomen Fahren der Autoindustrie das Wasser abgräbt, erwartet Viereckl aber nicht: "Am Ende entscheiden auch bei diesem Thema Qualität und Großserienkompetenz. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das eine fachfremde Industrie leisten kann.“