Mercedes bringt in S-Klasse radikal neues Multimediasystem

Sindelfingen. Mit dem neuen Navigations- und Infotainmentsystem "Comand Online" macht Mercedes einen großen Technologiesprung. Dazu tragen zwei hochauflösende TFT-Displays, die wie ein großer durchgehender Bildschirm wirken und von hinten angeleuchtet werden, ebenso bei wie das neue Anzeige- und Bedienkonzept, das die individuelle Darstellung vieler Funktionen erlaubt und mit dreidimensionalen Visualisierungen beziehungsweise Animationen arbeitet. Zum ersten Mal nutzt der Stuttgarter Premiumhersteller außerdem eine fest eingebaute SIM-Karte, die Echtzeit-Verkehrsinformationen und E-Call ins Auto bringt sowie einen WLAN-Hotspot im Fahrzeug aufbaut. Das neue "Comand Online" debütiert in der neuen Oberklasse-Limousine S-Klasse im Sommer.

Herzstück des Systems ist der Atom-Prozessor von Intel, der zum ersten Mal bei Mercedes zum Einsatz kommt und dessen Leistungsfähigkeit den in den aktuellen Laptops verwendeten Komponenten in nichts nachstehe, wie die Schwaben betonen. Systemlieferant ist der US-Spezialist Harman. Die aktuelle Comand-Online-Generation wird vom japanischen Elektronikkonzern Mitsubishi Electric geliefert. Mobilfunk- und IT-Partner ist T-Systems. Die Tochter der Deutschen Telekom ist für die weltweite Mobilfunknetzanbindung verantwortlich, betreibt den Backend-Server, der die Services aus der Cloud bereitstellt und liefert auf Wunsch von Mercedes auch die Apps. Interessant: T-Systems erhält pro verkauftes Fahrzeug einen bestimmten Betrag, hängt also direkt am Erfolg oder Misserfolg der S-Klasse.

Die eingebaute SIM-Karte ist serienmäßig im Umfang von "Comand Online" enthalten. Der Kunde erhält dann für drei Jahre die Echtzeit-Verkehrsinformationen, die vom Navigationsspezialisten TomTom geliefert werden. Danach muss er sie auf eigene Kosten abonnieren. Um andere Dienste aus der Cloud nutzen zu können wie das Surfen im Internet, muss der Mercedes-Kunde wie heute auch sein eigenes Smartphone anschließen. Dem Autohersteller zufolge ist das System mit praktisch allen gängigen Smartphone-Betriebssystemen wie iOS von Apple und Android von Google kompatibel.

Beim Einstieg in die neue S-Klasse ist der neue Bildschirm, der vom Fahrerplatz bis fast zum Beifahrer hinüberreicht, das dominierende Element im Innenraum. Tatsächlich handelt es sich um zwei hochauflösende Farbdisplays. Dabei übernimmt das Linke die Funktion des bisherigen Kombiinstruments: Es zeigt rechts den Drehzahlmesser und links die Geschwindigkeitsanzeige. In der Mitte des Bildschirms mit einer Diagonalen von 30,7 Zentimetern lassen sich eine Vielzahl von Informationen darstellen - etwa zur Navigation, Gefahrenwarnungen der Assistenzsysteme oder Multimedia-Inhalte. Dabei fließen die Darstellungen in die beiden Rundinstrumente links und rechts hinein, wobei je ein Viertel des Kreisbogens verschwindet.

Der rechte Bildschirm ist für Navigations- und Multimedia-Funktionen vorgesehen. Hier kann der Nutzer das Display für verschiedene Informationen aufteilen: Zur Verfügung stehen zwei Drittel des Bildschirms auf der rechten Seite und ein Drittel auf der linken Seite. Bei diesem Bildschirm handelt es sich um einen Splitview, das heißt Fahrer und Beifahrer nutzen das gleiche Display, können sich aber unterschiedliche Inhalte anzeigen lassen - der Fahrer die Straßenkarte, der Beifahrer kann gleichzeitig einen Videofilm schauen. Zum ersten Mal bietet Mercedes visualisierte und animierte Funktionen mit 3D-Effekten an. Beispielsweise zeigt die Navigation beim Einschalten die Weltkugel aus der Satellitenperspektive und zoomt dann immer näher an den Standort heran. Auch die digitale Betriebsanleitung ist animiert und sorgt so schnell für den Durchblick.

Zentrales Bedienelement bleibt der Dreh-Rücksteller in der Mittelkonsole. Neu hinzukommt eine berührungssensitive Telefontastatur. Streicht man mit dem Finger über eine Taste wird dies auf dem Display angezeigt. Wie heute auch gibt es eine sprachgesteuerte Bedienung von Telefon und Audiosystemen, wobei man sich erstmals Textnachrichten und E-Mails vorlesen lassen kann. Für den Fonds gibt es drei Fernbedienungs-Varianten - eine davon ist eine App für iPhone und Android, die via WLAN den Zugriff auf Comand Online ermöglicht.

Mercedes reklamiert für sich, der weltweit erste Anbieter eines "echten Mehrplatz-Systems" zu sein: Durch die Sonderaustattung "Individual Entertainment im Fond" kann von allen vier Sitzplätzen unabhängig voneinander auf die Quellen des Entertainment-Systems zugegriffen werden - also auf Radio, TV Internet, Navigation, DVD-Laufwerk sowie über USB angeschlossene Geräte. Neu ist auch die Steuerfunktion aller Sitzplätze vom Fahrer aus. Dieser kann jedem Mitfahrer eine beliebig Audio/Video-Quelle auf das Display bzw. den Kopfhöhrer schalten.

Technisch realisiert wurde das Mehrplatzsystem über einen Lichtwellenleiter, ein so genanntes MOST-System. Außerdem nutzt Mercedes für die Fernbedienungen erstmals eine digitale Funktechnik anstatt Infrarot.

Auch die Navigation trägt mit interaktiven Aufbereitung von Inhalten zur Unterhaltung bei: Es gibt unter anderem einen animierten Kompass und eine "Driveshow" mit Informationen für die Passagiere ähnlich wie im Flugzeug. Dazu kommt die Anzeige von Google Maps, Google Earth und Street View. Neu sind die Apps TuneIn Radio (alle weltweit verfügaren Internet-Radiasender), HRS Hotelfinder, Länderverkehrsinformationen, Fluginformationen und die Finance-App von Finanzdienstleister Morningstar, die in 20 Sprachen über mehr als neun Millionen Wertpapiere von Aktien, Anleihen und Derivaten bis zu Währungkursen informiert.