Stuttgart. Die Ertragsschwäche der Pkw-Sparte von Daimler wird auch im laufenden Geschäftsjahr anhalten - während alle anderen Divisionen steigende Gewinne prognostizieren. Bei Vorlage des Jahresabschlusses sagte Mercedes-Benz Cars für 2013 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) voraus, der leicht unter den knapp 4,4 Milliarden Euro des Jahres 2012 liegen soll. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war der operative Gewinn der Sparte bereits um 15 Prozent eingebrochen. Im Gesamtkonzern prognostiziert Daimler im laufenden Jahr einen bei 8,6 Milliarden Euro stagnierenden Ertrag. Absatz und Umsatz sollen allerdings zulegen.
"Das abgelaufene Geschäftsjahr war für Daimler insgesamt ein starkes Jahr mit vielen Erfolgen, aber auch mit erkennbarem Verbesserungspotenzial. Unseren Erfolgen und den zahlreichen zukunftsweisenden Investitionen im Jahr 2012 steht die Tatsache gegenüber, dass wir bei Ergebnis und Rentabilität unserem eigenen Anspruch noch nicht gerecht werden", so Daimler- und Mercedes-Chef Dieter Zetsche bei Vorlage des Jahresabschlusses.Im vergangenen Jahr legte der Umsatz der Stuttgarter um sieben Prozent auf 114,3 Milliarden Euro zu. Der Absatz stieg um vier Prozent auf knapp 2,2 Millionen Fahrzeuge. Beide Kennzahlen markieren Bestwerte in der Unternehmensgeschichte. Das EBIT schwächte sich allerdings von 8,8 auf 8,6 Milliarden Euro ab. Der Gewinnrückgang wurde jedoch durch den Ertrag aus dem Verkauf der Anteile am Luft- und Raumfahrtkonzern EADS abgemildert, der einen Ertrag von 709 Millionen Euro erbrachte. Im operativen Geschäft schmolz das EBIT demnach von 9,0 auf 8,1 Milliarden Euro ab. Der Gewinnrückgang wäre ohne den positiven Wechselkurseffekt von 958 Millionen Euro noch deutlicher ausgefallen. Der Verkauf von EADS schlug auch netto zu Buche: Der Nettogewinn von Daimler stieg von 6,0 auf 6,5 Milliarden Euro. Die Dividende soll bei 2,20 Euro pro Aktie stabil bleiben.Mit den nun vorgelegen Zahlen hat Daimler die eigenen Prognosen sowie die Erwartungen der Analysten erfüllt. Der Aktienkurs reagierte mit einem Plus von 2,2 Prozent auf 43,94 Euro. "Die Zahlen für 2012 sind mit Blick auf die Markterwartungen ganz ordentlich ausgefallen. Allerdings erstaunt der Ausblick, mit dem sich der Vorstand weit aus dem Fenster lehnt, zugleich aber Erfolge weiter in die Zukunft verschiebt. Operative Ergebnisverbesserungen über das Jahr 2014 hinaus zu kalkulieren, ist unsere Erkenntnis nach angesichts branchenüblicher, wiederkehrender Krisen und Unternehmensschwächen wenig zielführend", so Analyst Frank Schwope von der NordLB.Daimler hatte bereits im September 2012 überraschend eine Gewinnwarnung herausgegeben und bei Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal die Ergebnisprognose gesenkt. Sowohl der Konzern als auch die Pkw-Sparte hatten eingeräumt, dass das Gewinnniveau des Vorjahres nicht erreicht werden kann. Bereits 2011 lag MB Cars mit einer Umsatzrendite von 9,0 Prozent deutlich hinter den Wettbewerbern Audi mit 12,1 Prozent und BMW mit 11,8 Prozent. Die bayerischen Konkurrenten haben noch keine Zahlen für 2012 vorgelegt.Mercedes rechnet 2013 mit weiterem Gewinnrückgang
Mercedes-Benz Cars steigerte den Absatz um fünf Prozent auf 1.451.569 Fahrzeuge. Der Umsatz legte um sieben Prozent auf 61,6 Milliarden Euro zu. Der operative Gewinn sank von knapp 5,2 auf fast 4,4 Milliarden Euro. Davon spülten günstige Wechselkursrelationen alleine 846 Millionen Euro in die Kassen von Mercedes. Dagegen fiel die Umsatzrendite von 9,0 auf 7,1 Prozent. Zetsche begründete dies mit hohen Investitionen in die Produktoffensive, einer Abschwächung der Nachfrage im Jahresverlauf sowie dem damit einhergehenden Preiswettbewerb. Dazu kommen die Absatzprobleme in China. "Diese Ergebnisbelastungen konnten nur zum Teil durch weitere Effizienzverbesserungen ausgeglichen werden", so Daimler-Finanzchef Bodo Uebber.
Im laufenden Jahr will die Sparte einen neuen Absatzrekord erreichen. Allerdings rechnet Zetsche mit einer zunehmenden Wettbewerbsintensität in den Pkw-Märkten. Die Nachfrage in Europa könnte 2013 nochmals zurückgehen. "Für die globale Nachfrage erwarten wir ein Wachstums von zwei bis vier Prozent", so der Daimler-Chef. Er bekräftigte das Ziel, im Rahmen der Strategie "Mercedes-Benz 2020" bis 2020 wieder die Nummer eins bei Absatz und Profitabilität im Premiumsegment zu werden. Dazu müsste Mercedes allerdings die Konkurrenten BMW und Audi überholen."Wir wollen bis 2016 mindestens 1,6 Millionen Pkw der Marke Mercedes-Benz verkaufen und spätestens ab 2020 wieder an der Spitze des Premiumsegments stehen", so Zetsche. Ab dem Jahr 2014 und in den Folgejahren soll die Sparte ihre operativen Ergebnisse kontinuierlich verbessern - so wie alle anderen Divisionenen des Daimler-Konzerns. Das Margenziel von zehn Prozent gilt weiter - wann das erreicht werden kann, lassen die Stuttgarter aber offen.Um die Ziele zu erreichen, muss die Sparte deutlich effizienter werden als heute. Dazu hat hat Zetsche das Effizienzprogramm "Fit for Leadership" ausgerufen: "Zum einen geht es um die Ergebnissicherung in diesem und dem folgenden Jahr - gerade angesichts der zu erwartenden Schwäche wichtiger Märkte und unserer geplanten Investitonen in neue Produkte und Technolgien." Bis Ende 2014 will der Manager deshalb die Kosten um zwei Milliarden Euro drücken. Etwa ein Drittel davon soll bereits in diesem Jahr erreicht werden. "Rund 40 Prozent des gesamten Einsparvolumens soll aus der Reduzierung der Materialkosten erbracht werden", so Uebber. Die Pkw-Sparte rechnet bis 2017 mit zusätzlichen Materialkosten von sechs Milliarden Euro. Die Zusatzkosten sollten ursprünglich bis 2017 kompensiert werden. "Dank cross-funktionaler Effizienzmaßnahmen werden wir dies nun schon zwei Jahre früher - also 2015 - ausgleichen", stellte Zetsche in Aussicht.
Einen wesentlichen Beitrag soll die neu definierte Modulstrategie leisten. Dazu gehört die Reduzierung der Fahrzeugarchitekturen auf nur noch zwei Plattformen für Heck- und Frontantrieb sowie rund 100 standardisierte Module. "Ab sofort gibt es bei Mercedes kein Fahrzeug mehr, das nicht von der Modulstrategie profitiert", so Zetsche. Der größte Effekt wird sich allerdings erst 2018 einstellen, wenn dieser Ansatz über alle Baureihen und Derivate hinweg umgesetzt ist. Die Pkw-Sparte arbeitet bereits seit 2004, als das Effizienzprogramm Core gestartet wurde, an einer umfassenden Modulstrategie.Eine weitere Stellschraube sind Produktivitätsteigerungen in der Fertigung: Bis 2015 soll die Fertigungszeit pro Fahrzeug (hpv) auf 30 Stunden sinken. Im Jahr 2008 lag der hpv bei 43 Stunden. "Insgesamt werden die produktionsbezogenen Maßnahmen rund 20 Prozent der angestrebten Kostenverbesserungen beisteuern", prognostiziert Uebber. Die Fixkosten einschließlich der Vertriebs- und Verwaltungskosten sollen weitere 40 Prozent des Einsparvolumens erbringen. "Alle Maßnahmen führen dazu, dass wir den Breakeven-Punkt bei Mercedes-Benz Cars weiter optimieren und künftig in noch effizienteren Geschäftsstrukturen operieren werden", fasst Uebber zusammen.Auch im wichtigen chinesischen Markt will Daimler aufholen, bremst aber die Erwartungen auf eine schnelle Erholung. Im vergangenen Jahr hat die Marke Mercedes im Reich der Mitte den Absatz um gerade einmal 1,5 Prozent auf 196.211 Einheiten gesteigert, während Audi und BMW zweistellige Wachstumsraten ausgewiesen haben. Außerdem mussten die Schwaben nach einer verfehlten Absatzpolitik das Händlernetz stützen. Hintergrund: Im Gegensatz zu den Wettbewerbern verfügte Daimler über zwei verschiedene Vertriebsorganisationen - eine für Importfahrzeuge und eine für lokal gefertigte Fahrzeuge - die sich gegenseitig Konkurrenz gemacht haben. "Wir haben die Gründe dafür analysiert und erste Gegenmaßnahmen eingeleitet", unterstrich Zetsche. Dazu gehört die Neusausrichtung der Vertriebsorganisation unter einem Dach und die Berufung von Hubertus Troska auf die neugeschaffene Position des spartenübergreifenden China-Chefs im Vorstand. "Diese Neuerungen werden sich nicht über Nacht bemerkbar machen - aber im Laufe des Jahres wird sich die Wirkung entfalten", so Zetsche. Er bekräftigte das Ziel, ab 2015 in China mindestens 300.000 Pkw verkaufen zu wollen - davon sollen zwei Drittel aus lokaler Produktion sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hält es Zetsche allerdings nicht für möglich, die Wettbewerber einzuholen.
Die Produktoffensive von Mercedes - bis 2020 sollen 13 neue Fahrzeuge ohne direkten Vorgänger auf den Markt kommen - sowie in den anderen Sparten sorgt für hohe Investitionen in den kommenden Jahren. Im vergangenen Geschäftsjahr hat Daimler die Sachinvestitionen auf 4,8 Milliarden Euro erhöht, davon entfielen auf Mercedes alleine 3,5 Millionen Euro. Im laufenden und kommenden Jahr plant der Konzern nochmals rund 10,2 Milliarden Euro in Sachanlagen zu investieren - 7,3 Millionen Euro in der Pkw-Sparte. "Damit übertreffen wir erneut das bereits sehr hohe Niveau der beiden vorausgegangenen Jahre", betont Uebber. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben sollen sich 2013 und 2014 auf 10,8 Milliarden Euro summieren, von denen 7,6 Milliarden Euro der Pkw-Sparte zugute kommen. Im Jahr 2012 hat Daimler 5,6 Milliarden Euro insgesamt und daovn 3,9 Milliarden Euro bei Mercedes investiert.Die Ergebnisse der Sparten:
Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahrs rechnet der Daimler-Konzern aufgrund der schwachen Märkte mit einem Gewinnrückgang gegenüber der Vorjahresperiode. Das erste Quartal dürfte dabei markt- und zyklusbedingt das schwächste im Jahresverlauf sein, wie Uebber sagte. Aufgrund der geplanten Modellneuheiten sowie den Effizienzmaßnahmen rechnet der Manager mit einer Ergebnisverbesserung im zweiten Halbjahr gegenüber dem Niveau der ersten sechs Monate. Mercedes bringt im Frühjahr die stark modellgepflegt E-Klasse und im späteren Jahresverlauf die neue S-Klasse. Auch das ganz neue kompakte viertürige Coupé CLA geht in diesem Jahr an den Start. Auf der Auto China in Shanghai will Mercedes eine Konzeptversion des geplanten kompakten SUV zeigen. Die Serienversion wird auf der IAA in Frankfurt im September stehen. Das Fahrzeug geht zum Jahresende in die Produktion.
"Wir sind noch nicht am Ziel, aber auf dem richtigen Weg. Denn wir haben viele Stärken und gehen unsere Aufgaben konsequent an. Und so zielstrebig wir an unserer Effizienz arbeiten, so viel Anlass haben wir, optimistisch nach vorne zu schauen", so das Fazit von Zetsche.