Stuttgart. Kurz vor der IAA hat Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt überraschend seinen Rückzug aus dem operativen Geschäft verkündet. Er habe sich entschieden nach über 34 Dienstjahren mit Vollendung seines 65. Lebensjahres seine Aufgabe in jüngere Hände zu übergeben, teilte der Stuttgarter Autohersteller Daimler am Dienstag mit. Nachfolger wird der erst 44-jährige Ola Källenius, der aktuell die Performance-Marke AMG verantwortet. Källenius tritt seine neue Aufgabe zum 1. Oktober an. wobei Schmidt seinem Nachfolger bis Jahresende unterstützen will.
"Joachim Schmidt versteht und verkörpert Mercedes-Benz wie kaum ein anderer. Unter seiner Führung eroberte die Marke viele neue Regionen und begeisterte ihre Kunden mit ihren traditionellen Stärken. Er hat Vertrieb und Marketing neu ausgerichtet und damit zentrale Weichen gestellt, die Mercedes-Benz in ein neues Zeitalter bringen werden", würdigte Daimler- und Mercedes-Chef Dieter Zetsche den Manager.Daimler hat erst im März 2012 den Vertrag mit Schmidt bis zum 30. Oktober 2015 verlängert. Der Manager verantwortete seit Oktober 2009 den weltweiten Vertrieb und das Marketing der Pkw-Sparte. Er war nach dem überraschenden Abgang von Klaus Maier kurz vor der IAA 2009 auf diesen Posten zurückgekehrt, den er zuvor schon von 1999 bis 2005 innehatte. Schmidt ist Fan des Fußball-Bundesligisten VfB-Stuttgart und sitzt schon lange im Aufsichtsrat. Nach internen Querelen im Verein hat er vor kurzem den Vorsitz im Kontrollgremium übernommen.Mercedes-Vertriebschef Schmidt geht in Ruhestand
Mercedes will bis 2020 beim Absatzvolumen und der Profitabilität wieder an die Spitze des Premiumsegments zurückkehren. Derzeit liegt die Marke mit dem Stern weit abgeschlagen hinter den bayerischen Konkurrenten BMW und Audi. Teil der Strategie MB 2020 ist der Ausbau des Produktportfolios. Bis 2020 sollen zwölf neue Modelle (ohne Vorgänger) dazu kommen. Damit soll das Verkaufsvolumen von geplanten 1,4 Millionen Autos in diesem Jahr auf rund 2,6 Millionen Fahrzeuge zulegen. Zur Steigerung der Profitabilität will die Pkw-Sparte bis Ende 2014 zwei Milliarden Euro an Kosten sparen. Bis Ende 2015 sollen es sechs Milliarden Euro sein. Mercedes-Benz Cars hat sich eine Umsatzrendite von zehn Prozent zum Ziel gesetzt, den Zeitpunkt des Erreichens aber offen gelassen.
Der Schwede Källenius macht einen großen Karrieresprung. Er war erst im April 2010 an die Spitze von AMG gerückt und hat dort eine große Modelloffensive angeschoben, die den Absatz der Performance-Marke von rund 20.000 auf 30.000 Einheiten bis 2017 bringen soll. Zuvor war er Leiter des Mercedes-Werks in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama, leitete die Rennmotoren-Fabrik in England und war bei McLaren tätig. "Mit Ola Källenius übernimmt ein echter Car-Guy das Ruder. Er weiß, wie man eine Marke zum Erfolg führt und kennt sowohl unsere Kunden als auch unsere Organisation bestens. Ihm ist es maßgeblich zu verdanken, dass AMG die letzten Jahre überzweistellig gewachsen ist und seine Marktführerschaft in vielen Märkten massiv ausbauen konnte", so Zetsche. Dabei ist Källenius gar kein Ingenieur. Er studierte in Stockholm an der School of Economics und an der Elite-Uni St. Gallen in der Schweiz. Danach trat er 1993 in die Nachwuchsgruppe beim Daimler ein. Sein Weg führte ihn unter anderem in den Powertrain-Einkauf, den er als Bereichsleiter verantwortete. Sein Nachfolger bei AMG soll demnächst bekannt gegeben werden.Mit Källenius hat Daimler wichtige Postionen in Vertrieb und Marketing verjüngt und neu aufgestellt. Seit dem 1. Juni fungiert Carsten Oder als Marketingchef von Mercedes-Benz Cars. Der 48-Jährige leitete zuvor die Daimler-Ländergesellschaft in Portugal. In seiner neuen Funktion ist er quasi der Chef der Produkte und damit aller Produktmanager sowie Produktstrategen. Seit August ist Jens Thiemer für die Markenkommunikation der Pkw-Sparte zuständig. Er kam von der Kommunikationsberatung CNC und war zuvor lange Jahre für Daimler tätig. Thiemer folgt auf Anders-Sundt Jensen, der eigentlich als neuer Leiter "Global Sales Development" (GSD) vorgesehen war. Damit wäre er spartenübergreifend für die weltweite Planung und Umsetzung der Vertriebspolitik verantwortlich gewesen. Jensen hat allerdings kurz vor Übernahme seines neun Jobs bei Daimler mit bislang unbekanntem Ziel gekündigt. Nach Informationen der Automobilwoche soll dies allerdings nicht mit der Berufung von Källenius zu tun haben.