Schanghai. Mercedes will den Absatz in China in diesem Jahr weiter steigern und das Produktportfolio in den kommenden Jahren ebenso ausbauen wie die lokalen Produktionskapazitäten. "Wir müssen in China erfolgreicher sein", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche mit Blick auf das Ziel, bis 2020 wieder die Spitze im weltweiten Premiumsegment zurückzuerobern.
Der Stuttgarter Autohersteller stellte am Vorabend der Auto Shanghai die Studie Concept GLA vor. "Wir haben beschlossen, unser lokal produziertes Fahrzeugportfolio durch das kompakte SUV zu erweitern", kündigte Hubertus Troska an, der seit Mitte Dezember im Daimler-Vorstand spartenübergreifend für China zuständig ist. Nach Informationen der Automobilwoche wird die Produktion des GLA im Joint Venture mit der chinesischen BAIC in Peking Ende 2014 anlaufen und das neue Modell Anfang 2015 auf den Markt kommen. In Europa wird das Fahrzeug im Werk Rastatt gefertigt, Verkaufsstart ist Anfang 2014.In laufenden Jahr will Troska den Absatz in China weiter steigern. Genaue Zahlen nannte er aber nicht. Die Marke Mercedes hat im Jahr 2012 die Verkäufe gerade einmal um 1,5 Prozent auf 190.485 Fahrzeuge erhöht, dazu kommen 15.669 Smart-Modelle, sodass der Pkw-Absatz inklusive der inzwischen eingestellten Luxusmarke Maybach um 3,9 Prozent auf 206.181 Einheiten zulegte. Zum Vergleich: Audi wuchs um knapp 30 Prozent auf 405.838 Fahrzeuge, BMW um über 40 Prozent auf 326.444 Einheiten. Im ersten Quartal ging der Absatz von Mercedes in China um 11,5 Prozent auf 45.440 Fahrzeuge zurück, während die deutschen Premiumkonkurrenten um 14 beziehungsweise knapp acht Prozent zulegten und auch die Nachfrage insgesamt stieg. Auch im weltweiten Vergleich liegt Mercedes bei Absatz und Rendite mit deutlichem Abstand hinter BMW und Audi. Am kommenden Mittwoch dürfte Daimler die Jahresprognosen für den Konzern und die Sparten nach unten korrigieren. Indes bekräftigte Entwicklungschef Thomas Weber im Gespräch mit Journalisten, das Ziel, den globalen Pkw-Absatz in diesem Jahr zu steigern.Zetsche: "Wir müssen in China erfolgreicher sein"
In China will Mercedes bis 2015 auf ein Volumen von 300.000 Einheiten kommen. Davon sollen zwei Drittel aus lokaler Produktion stammen. "Wir werden in diesem Jahr sieben neue Fahrzeuge auf den Markt bringen", kündigte Troska an. Bis 2015 sollen es 20 neue oder facegeliftete Modelle sein. Im laufenden Jahr komme die neue E-Klasse in lokal produzierter Langversion, laut Troska das wichtigste Modell für Mercedes in China. Auf der morgigen Automesse steht die neue A-Klasse, die dann ebenfalls an den Start geht. Später kommt noch die neue S-Klasse und wahrscheinlich auch das viertürige kompakte Coupé CLA dazu. Vor der Einführung in diesem Jahr steht auch der Elektro-Smart. Das Fahrzeug ist das erste Elektroauto eines europäischen Herstellers in China. Weltweit gesehen hat der Nissan Leaf die Nase vorn. Bestätigt ist auch, dass 2014 die neue C-Klasse in die chinesischen Showrooms kommt. Außerdem will Mercedes die lange E-Klasse in einer Benzin-Hybrid-Version anbieten. "Die kontinuierliche Erneuerung und der Ausbau unseres Portfolios ist eine der strategisch wichtigsten Weichenstellungen in China", betont Troska.
Derzeit baut Mercedes die C- und E-Klasse sowie den SUV GLK am Standort Peking zusammen mit Joint-Venture-Partner BAIC. Die Kapazität beläuft sich auf etwas über 120.000 Einheiten. Im Moment wird zusätzlich ein Kompaktwagenwerk errichtet, so dass die Kapazität auf jährlich 200.000 Einheiten ansteigt. "Im Mai werden wir mit der Produktion in unserem neuen Motorenwerk in Peking beginnen, das eine Kapazität von 250.000 Einheiten hat", kündigte Zetsche an. Es ist das erste Mal, dass Mercedes Antriebe außerhalb von Deutschland fertigt.Großer Hoffnungsträger in China ist der neue GLA. Das Modell basiert auf der Frontantriebsarchitektur (MFA) wie die Schwestermodelle A- und B-Klasse sowie der CLA. Das SUV hat keinen Vorgänger und soll vor allem gegen den X1 von BMW und den Q2 von Audi antreten, der für 2015 geplant ist. "Wir erwarten ein aufregendes Rennen mit unseren Konkurrenten", so Weber. Weltweit - nicht nur in China - sind kompakte SUV im Trend: "Bis zum Ende der Dekade wird dieses Marktsegment von 1,7 Millionen Einheiten im Jahr 2012 auf rund 2,6 Millionen Einheiten weltweit wachsen." Der Mercedes-Entwicklungschef zeigte sich zuversichtlich, dass der GLA dem Trend der neuen Kompaktklasse folgt: In Deutschland verzeichnet die A-Klasse eine Eroberungsrate von über 40 Prozent.
Das vergleichsweise schlechte Abschneiden von Mercedes gegenüber dem Premiumkonkurrenten in China ist zu einem guten Teil auf eine nicht wettbewerbsfähige Vertriebsorganisation zurückzuführen: Jahrelang haben sich die Absatzorganisation des Joint Ventures und die Importeursgesellschaft gegenseitig Konkurrenz gemacht. Im vergangenen Dezember haben die Stuttgarter deshalb beide Organisationen in die neue Beijing Mercedes-Benz Sales Service Co verschmolzen. Auch das Händlernetz soll stark ausgebaut werden. "In diesem Jahr wollen wir 75 neue Geschäfte an das Netz bringen", so Zetsche. Im Durchschnitt sollen mittelfristig jedes Jahr 50 neue Händler dazukommen. "Der chinesische Markt hat enormes Potenzial. Im Jahr 2020 wird ein Drittel der weltweiten Neuzulassungen hier erfolgen", so Troska. Um die Bedeutung Chinas für die weltweite Autoindustrie deutlich zu machen, zitierte Zetsche den berühmten Sänger Frank Sinatra aus seinem Song New York, New York: "If you can make it there, you can make it anywhere."