Stuttgart. Daimler entmachtet die Länderchefs und richtet die weltweite Organisation stärker nach Sparten aus. "Nach unseren erfolgreich gestarteten Produktoffensiven bei Pkw und Nutzfahrzeugen machen wir nun mit der Weiterentwicklung unserer Strukturen den nächsten strategischen Schritt zur Erreichung unserer Wachstumsziele. Wir wollen näher am Puls des Kunden sein", so Daimler- und Mercedes-Chef Dieter Zetsche. Mit der Neuausrichtung setzt der Stuttgarter Autohersteller rund um den Globus eine gigantische Personalrochade in Gang. In der bisherigen Organisation verantworten hochrangige Manager (Daimler intern Ebene 1 oder Ebene 2) spartenübergreifend das gesamte Geschäft in einem Land. Dazu gehört der Pkw- und Lkw-Vertrieb ebenso wie das jeweilige Aftersalesgeschäft sowie Verwaltungsfunktionen wie Human Resources und IT. Lukrativ ist der Job außerdem, weil damit vielfältige Repräsentationspflichten für den Konzern verbunden sind. Damit ist nun Schluss.
Die Position des gesamtverantwortlichen Länderverantwortlichen wird abgeschafft. Stattdessen entstehen neue Stellen, die allerdings der jeweiligen Sparte zugeordnet sind. In vielen Ländern wird der heutige Landeschef den Posten als Pkw-Vertriebsverantwortlicher übernehmen. Die Verantwortung für den Nfz-Vertriebschef wird neu besetzt. Anstatt eines Aftersales-Managers für Pkw und Nfz gibt es künftig zwei - für jede Sparte einen. "Wir reduzieren Komplexität, werden schneller und flexibler und geben unseren Geschäftsfeldern eine jeweils umfassende Verantwortung, um das Geschäft effizient zu steuern und vorausschauend weiterzuentwickeln. Dabei geht es nicht in erster Linie um Kostenvorteile, sondern um direktere Kundenbeziehungen und natürlich die Steigerung unseres Absatzes. Damit stärken wir Daimler als Ganzes, betont Zetsche. Unter dem Strich rechnet Daimler nicht mit einem Stellenabbau, wie ein Sprecher auf Nachfrage der Automobilwoche betonte. Die Umsetzung soll schnellst möglich erfolgen.Mercedes will bis 2020 beim Absatzvolumen und der Profitabilität wieder an die Spitze des Premiumsegments zurückkehren. Derzeit liegt die Marke mit dem Stern weit abgeschlagen hinter den bayerischen Konkurrenten BMW und Audi. Teil der Strategie MB 2020 ist der Ausbau des Produktportfolios. Bis 2020 sollen zwölf neue Modelle (ohne Vorgänger) dazu kommen. Damit soll das Verkaufsvolumen von geplanten 1,4 Millionen Autos in diesem Jahr auf rund 2,6 Millionen Fahrzeuge zulegen. Zur Steigerung der Profitabilität will die Pkw-Sparte bis Ende 2014 zwei Milliarden Euro an Kosten sparen. Bis Ende 2015 sollen es sechs Milliarden Euro sein. Mercedes-Benz Cars hat sich eine Umsatzrendite von zehn Prozent zum Ziel gesetzt, den Zeitpunkt des Erreichens aber offen gelassen. Die Truck-Sparte peilt bis 2020 ein Absatzvolumen von mehr als 700.000 Einheiten - im vergangenen Jahr waren 462.000 leichte, mittlere und schwere Lkw verkauft worden. Die Zielrendite liegt bei acht Prozent.Daimler entmachtet Länderchefs
Vor allem als internes Signal ist die Schaffung von Bereichsvorständen zu verstehen: Bisher gab es unterhalb des Konzernvorstands für jede Sparte eine Geschäftsführung. Die Gremien der beiden größten Sparten Mercedes-Benz Cars und Daimler Trucks werden nun aufgewertet, indem sie nun verbal als Bereichsvorstand tituliert werden. Personell gesehen gibt es hier keine Änderungen. Auch die Aufgabenbereiche im Konzernvorstand ändern sich nicht. Eine Ausnahme zumindest auf Konzernebene bildet der Wachstumsmarkt China: Hier ist seit Dezember 2012 Hubertus Troska auf den neu geschaffenen Posten des China-Vorstands gerückt, der spartenübergreifend für das Geschäft verantwortlich ist. Vor allem die Pkw-Sparte ist in China ins Hintertreffen geraten und wächst nur unterproportional zum Premiumsegment. Im Stuttgarter Zentralvertrieb wurde vor kurzem ein eigener Bereich "Vertriebssteuerung China" geschaffen, der alle Pkw-Vertriebsfunktionen mit Bezug zum chinesischen Markt koordinieren und bündeln soll.
Zum Bereichsvorstand von Mercedes-Benz Cars gehören Dieter Zetsche (Vorsitzender), Thomas Weber (Entwicklung), Andreas Renschler (Produktion & Einkauf), Joachim Schmidt bzw ab dem 1. Oktober sein Nachfolger Ola Källenius sowie Frank Lindenberg (Finance & Controlling). Den Bereichsvorstand Daimler Trucks bilden Wolfgang Bernhard (Vorsitzender), Martin Daum (LKW NAFTA – Freightliner, Western Star, TBB), Albert Kirchmann (LKW Asien – Fuso, Bharat Benz), Stefan Buchner (LKW Europe und Lateinamerika – Mercedes-Benz), Frank Reintjes (Powertrain & Produktionsplanung), Sven Ennerst (Entwicklung & Einkauf) und Matthias Gründler (Finance & Controlling).