Stuttgart. Daimler, Ford und Nissan arbeiten bei der Brennstoffzelle zusammen und wollen damit dem Wasserstoffantrieb zum Druchbruch verhelfen. Die strategische Kooperation hat zum Ziel, gemeinschaftlich Brennstoffzellenstacks und ein entsprechendes Gesamtsystem zu entwickeln, das in den jeweiligen Fahrzeugen der Partner - angepasst auf die jeweils markenspezifischen Anforderungen - eingebaut werden kann. Das erste Brennstoffzellenfahrzeug soll 2017 auf den Markt kommen. Alle drei Autohersteller wollen zu gleichen Teilen in das Projekt investieren. Mit der Initiative sollen Entwicklungskosten gespart und höhere Produktionsvolumina erreicht werden. Die damit verbundenen Skaleneffekte bei Komponenten und Modulen sollen die teure Technik wettbewerbsfähig machen. Die Automobilwoche hat vor kurzem bereits über die anstehenden Kooperation der drei Hersteller berichtet.
"Durch diese Zusammenarbeit wird diese Technologie noch schneller auf dem Markt für alle Kunden zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar sein", sagt Raj Nair, Group Vice President, Global Product Development, Ford. "Wir werden alle von dieser Beziehung profitieren und das gemeinsame Ergebnis wird besser sein als das jedes Einzelnen." Auch Daimler-Forschungs- und Entwicklungschef Thomas Weber glaubt trotz der vielen Rückschläge weiter an die Brennstoffzelle: "Wir sind davon überzeugt, dass Brennstoffzellenautos eine zentrale Rolle in der emissionsfreien Mobilität der Zukunft spielen. Dank des großen Engagements aller drei Partner können wir Elektromobilität mit Wasserstoff auf eine breitere Basis stellen. Das heißt konkret: Mit dieser Kooperation machen wir die Technologie für viele Kunden weltweit zugänglich." Als Folge der gemeinsamen Initiative verschiebt Daimler nun die Markteinführung der Brennstoffzelle: Ursprünglich sollte eine B-Klasse Fuel Cell bereits im kommenden Jahr an den Start gehen.Daimler gilt als Brennstoffzellen-Pionier und hat schon 1994 das erste Fahrzeug vorgestellt. Bei dieser Technologie entsteht aus der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie, die das Fahrzeug antreibt. Als Abgas entsteht lediglich Wasserdampf, deshalb gilt der Antrieb als lokal emissionsfrei. Allerdings bestehen noch hohe Hürden: Dazu gehören die hohen Kosten für den Antrieb ebenso wie ein fehlendes flächendeckendes Tankstellennetz für den Wasserstoff sowie der hohe Energieaufwand für die Erzeugung des Wasserstoffes. Erst vor kurzem hat sich BMW mit dem japanischen Hersteller Toyota bei der Brennstoffzelle verbündet.Daimler, Ford und Nissan kooperieren bei Brennstoffzelle
Die drei Autohersteller wollen gemeinsam einen Brennstoffzellenantrieb entwickeln und 2017 das erste wettbewerbsfähige Fahrzeug auf den Markt bringen.
Die Brennstoffzelle:
Auf dem Weg weg vom Öl tüfteln die Autobauer derzeit vor allem an zwei Lösungen, die saubere Autos ohne schädliche Abgase auf die Straße bringen sollen. Neben den Elektroautos mit Batterie gibt es die Brennstoffzellentechnik. Für viele Ingenieure ist sie die Krönung des Antriebs - lautlos, leistungsstark und aus dem Auspuff strömt nur harmloser Wasserdampf. Die Brennstoffzelle treibt bereits U-Boote an.Der Autobauer Daimler wollte ursprünglich schon 2014 eine B-Klasse mit Brennstoffzelle auf den Massenmarkt bringen - dieses «Zwischenziel» ersetzt der Konzern nun durch eine Kooperation mit Ford und Nissan. Das Trio will eine gemeinsame Brennstoffzelle entwickeln, die 2017 in sechsstelliger Stückzahl reif für den Massenmarkt sein soll.Die auf den ersten Blick umweltfreundlich erscheinende Technik hat allerdings noch einige Haken: Der Wasserstoff für den Tank muss erst einmal gewonnen werden. Wie umweltschonend das geschieht, ist ebenso unklar wie die Frage, wie schnell ein engmaschiges Tankstellennetz erwachsen könnte. Der Löwenteil des Wasserstoffs wird laut Daimler heutzutage aus Erdgas gewonnen. Stammt die Energie dafür aus Atom-, Kohle- oder Gaskraftwerken, schmälert das die Umweltbilanz.Auch das Tankstellennetz braucht Schub: Mit Stand Anfang 2013 gab es deutschlandweit laut Daimler nur 15 Wasserstofftankstellen. Doch die Politik treibt das Thema zunehmend voran: Die EU-Kommission legte beispielsweise Anfang 2013 Pläne vor, das Tanknetz für alternative Antriebe massiv auszubauen - eine Grundvoraussetzung für den Erfolg.Trotz dieser Probleme halten viele Experten die Brennstoffzelle für den Königsweg und rein batteriegetriebene E-Autos nur für einen Zwischenschritt bei der Entwicklung für die Mobilität der Zukunft. (dpa/swi)
Hohe Signalwirkung
Bei der Zusammenarbeit handelt es sich zunächst um eine Entwicklungspartnerschaft. Noch ist nicht entschieden, welcher Hersteller mit welchem Fahrzeug und zu welchem Zeitpunkt auf den Markt kommt. Laut Weber soll dies in den nächsten zwei Jahren im Rahmen einer möglichen Kooperation für die Produktion festgelegt werden. Bei Daimler bildet die neue Kompaktwagenarchitektur (Mercedes Frontwheel Architecture - MFA) die Basis für den alternativen Antrieb. Eine Option ist auch der Austausch von Fahrzeugarchitekturen. Zu den genauen Entwicklungskosten wollten die Partner keine Angaben machen.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Brennstoffzellen-Fahrzeuge zu erreichen, wollen Daimler, Ford und Nissan die Kosten für den Antrieb auf das Niveau eines Dieselhybrids zu drücken - ohne dies näher zu beziffern. Insgesamt streben die drei Hersteller eine sechsstellige Stückzahl an - gemeinsam und über den Lifecycle der jeweiligen Fahrzeuge.Von der Kooperation versprechen sich die Partner außerdem eine hohe Signalwirkung für Zulieferer, Politik und Industrie im Hinblick auf den weiteren Ausbau der weltweiten Wasserstoffinfrastruktur: Eine ausreichende Zahl an Wasserstofftankstellen sei die notwendige Voraussetzung, um mit Wasserstoff betriebene Elektrofahrzeuge in großer Stückzahl auf den Markt zu bringen. "Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle sind, ergänzend zu heutigen batterieelektrischen Fahrzeugen, der nächste logische Schritt für unsere Branche in Richtung nachhaltiger Mobilität", sagt Mitsuhiko Yamashita, Vorstandmitglied und Executive Vice President von Nissan, verantwortlich für den Bereich Forschung und Entwicklung. "Wir blicken in eine Zukunft, in der wir - dank der Brennstoffzellenfahrzeuge als Erweiterung des batterieelektrischen Null-Emissions-Portfolios - auf vielerlei Kundenbedürfnisse antworten können."An der Entwicklung des Brennstoffzellenstacks und -systems arbeiten Daimler, Ford und Nissan gemeinsam an vier verschiedenen Standorten weltweit. Gleichzeitig prüfen die Partner die Entwicklung weiterer Komponenten, um zusätzliche Synergieeffekte zu erzielen. Die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen sind derzeit nicht geplant. Die Partnerschaft ist offen für weitere Mitglieder. Dazu könne auch Daimler-Kooperationspartner Renault gehören. Die Zusammenarbeit von drei Automobilherstellern über drei Kontinente hinweg soll auch zu einer internationalen Standardisierung von Komponenten sorgen - eine wichtige Voraussetzung, um höhere Skaleneffekte zu erreichen.