Stuttgart. Paukenschlag bei Bosch: Der ansonsten auf Kontinuität und Harmonie bedachte Autozulieferer und Technologiekonzern verkündete erst den Ausstieg aus dem Milliarden Euro Verluste schreibenden Solargeschäft und gab dann völlig überraschend das Ausscheiden von Bernd Bohr bekannt, der das Unternehmen aus persönlichen Gründen zum 1. Juli verlässt. Bohr ist stellvertretender Bosch-Geschäftsführer und Leiter der größten und renditestärksten Sparte Kfz-Technik. Bislang hatte nichts darauf hingewiesen, dass der erst 56-jährige Manager nach 30 Jahren Tätigkeit bei Bosch sich künftig beratenden und Aufsichtsrats-Tätigkeiten widmen und mehr Zeit für die Familie sowie persönlichen Interessen haben will. So lautete zumindest die offizielle Begründung des Stuttgarter Stifungsunternehmens. Gleichzeitig gab Bosch weitreichende Änderungen im Top-Management bekannt.
Anstatt einen Nachfolger für die Leitung der Kfz-Technik zu benennen, wird ab dem 1. Juli Henning Scheider als Koordinator der Sparte fungieren. Dabei übernimmt der 50-Jährige von dem bisherigen Verantwortlichen, Peter Tyroller, die Bereiche Marketing und Verkauf sowie den Verkauf Kraftfahrzeug-Erstausrüstung und soll damit erster Ansprechpartner für weltweite Automobilkunden sein. Darüber hinaus ist er für die Bereiche Automotive Aftermarket, Electrical Drives und die ZF Lenksysteme GmbH zuständig. Tyroller (55) übernimmt von Uwe Raschke (55) die Verantwortung für die Region Asien-Pazifik mit Sitz in Schanghai und von Bohr die für Indien. Der 55-jährige ist seit 2006 Mitglied der Bosch-Geschäftsführung.Bosch befindet sich schon seit knapp einem Jahr in einem tiefgreifenden Umbruch: Seit dem 1. Juli 2012 leitet Volkmar Denner den Konzern, sein Vorgänger Franz Fehrenbach wechselte auf die Position des Aufsichtsgremiums. Denner verschrieb dem konservativen Unternehmen einen drastischen Kulturwandel zu mehr Offenheit, Schnelligkeit und Experimentierfreude. Indes verschlechterten sich die ökonomischen Rahmenbedingungen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr ging der Umsatz bereinigt um Wechselkurseffekte mit 52,3 Milliarden Euro um 0,9 Prozent zurück. Die Rendite vor Steuern und Zinsen fiel auf rund zwei Prozent, während Bosch sich eine Zielmarge von sieben bis acht Prozent gesetzt hat. Neben der Konjunkturschwäche leidet Bosch auch unter strukturellen Problemen.Als Milliardengrab erweisen sich die Photovoltaik-Aktivitäten, die mit teuren Zukäufen in der Boom-Phase aufgebaut wurde. Am Nachmittag hat Bosch den Ausstieg für Anfang 2014 verkündet: Alle Bereiche sollen zeitnah verkauft werden. Sämtliche Entwicklungs- und Vertriebsaktivitäten werden beendet. Das Modulwerk in Venissieux, Frankreich, soll veräußert werden. Die ursprünglich in Malaysia geplante Fertigung wird nicht aufgebaut. Bosch plant die Anteile an der aleo solar AG zu verkaufen.Die Verluste des Geschäftsbereiches Solar Energy beliefen sich allein im vergangenen Jahr auf rund eine Milliarde Euro. Der Geschäftsbereich beschäftigt derzeit rund 3000 Mitarbeiter.Bosch-Geschäftsführer Bernd Bohr scheidet überraschend aus
Erst verkündete der Stuttgarter Autozulieferer und Technologiekonzern den Ausstieg aus dem Milliarden Euro Verluste schreibenden Solargeschäft, dann gab er völlig ohne Vorwarnung drastische Änderungen im Top-Management bekannt.
Asenkerschbaumer wird stellvertretender Bosch-Chef
In der Kfz-Technik-Sparte wird Rolf Bulander (54), seit 1988 bei Bosch tätig, künftig in die Geschäftsführung einziehen und dort für die zentrale Funktion Qualität und die Geschäftsbereiche Gasoline Systems, Diesel Systems und Starter Motors and Generators sowie die Bosch Engineering GmbH zuständig sein. Der studierte Maschinenbauer war in verschiedenen Funktionen auch außerhalb der Kraftfahrzeugtechnik erfolgreich tätig, zuletzt ab 2010 als Vorsitzender des Bereichsvorstandes im Geschäftsbereich Gasoline Systems.
Neben Scheider und Bulander wird Dirk Hoheisel (54) von diesem Zeitpunkt an in der Kraftfahrzeugtechnik die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Car Multimedia, Chassis Systems Control und Automotive Electronics tragen. Er ist außerdem für die Systemintegration in der Kraftfahrzeugtechnik verantwortlich.Zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden der Bosch-Geschäftsführung wird Stefan Asenkerschbaumer (56) berufen. Asenkerschbaumer ist seit 2010 innerhalb der Bosch-Geschäftsführung für den Finanzbereich, Einkauf und Logistik sowie Informationsverarbeitung zuständig. Er ist seit 1987 in der Bosch-Gruppe tätig.Uwe Raschke, der seit 2008 für Asien zuständig gewesen ist, bleibt für die Regionen Europa, Russland, Mittlerer Osten und Afrika sowie für den Unternehmensbereich Gebrauchsgüter verantwortlich, der aus dem Geschäftsbereich Power Tools und dem Gemeinschaftsunternehmen BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH besteht. Darüber hinaus ist er auch für User Experience im gesamten Unternehmen zuständig.