Stuttgart/Erlangen. Daimler hat die finnische Elektrobit zum exklusiven Software-Lieferanten für Fahrerassistenzsysteme gemacht. "Wir wollen die Innovationsführerschaft bei Fahrerassistenzsystemen übernehmen und trennen deshalb die Software von der Hardware. Elektrobit haben wir als unseren Tier1-Zulieferer für die Software ausgewählt", sagt Joachim Missel, der in der Pkw-Sparte von Daimler für Kamerasysteme und Einparkhilfen verantwortlich ist. im Gespräch mit der Automobilwoche. Mit diesem Schritt will der Stuttgarter Autohersteller Innovationen schneller ins Fahrzeug bringen, die Qualität erhöhen und die Kosten deutlich senken. Die Software von Elektrobit soll in praktisch allen Pkw-Baureihen von Smart bis Mercedes auf den Hardwareplattformen verschiedenster Lieferanten laufen. Der nun vereinbarte Kooperationsvertrag mit dem finnischen Spezialisten für Embedded Software läuft bis 2020.
Elektrobit schreibt Software für Navigations- und Infotainmentsysteme sowie Steuergeräte und will sich auch im Wachstumssegment Fahrerassistenzsysteme stärker etablieren. Die deutsche Zentrale befindet sich in Erlangen. Im Jahr 2009 wurde mit Audi das Gemeinschaftsunternehmen eSolutions gegründet, das für den VW-Konzern eine Software-Plattform für Infotainmentsysteme (Modularer Infotainmentbaukasten - MIB) entwickelt hat. Für BMW schreibt Elektrobit Software für Steuergeräte.Traditionell werden Fahrerassistenzsysteme komplett von einem großen Systemlieferanten wie Bosch, Conti, Autoliv, TRW, Valeo oder anderen eingekauft. Das Paket umfasst die Hardware - dazu gehören zum Beispiel Sensoren, Kameras etc. - und die dazugehörige Software. Für die Tier1-Lieferanten ist das ein attraktives Geschäft, denn die Fahrerassistenzsysteme müssen für jede Baureihe einzeln entwickelt werden. Bei einem Modellwechsel steht der Autohersteller vor der Frage, ob er mit dem Lieferanten weiter macht, damit er die Basis der Systeme weiter nutzen kann. Oder ob er den Zulieferer wechselt und dann die neue Entwicklung wieder bezahlen muss. Auf der einen Seite hat er wenig Spielraum für Preisverhandlungen, auf der anderen entstehen technologische Brüche und hohe Kosten. Deshalb geht der Trend bei Steuergeräten schon seit längerem zur Trennung von Hard- und Software. Auch bei Navigations- und Infotainmentsystemen setzt sich das immer mehr durch. Nun geht Daimler diesen Weg bei Fahrerassistenzsystemen, die beim Einparken helfen, Verkehrszeichen erkennen, vor dem Einschlafen warnen und sogar bei querenden Fußgänger automatisch eine Notbremsung auslösen.Daimler kooperiert mit Elektrobit
Der Stuttgarter Autohersteller Daimler macht Elektrobit, einen finnischen Spezialisten für Embedded Software, zum exklusiven Software-Lieferanten für Fahrerassistenzsysteme. Dadurch sollen Innovationen schneller ins Fahrzeug kommen und Kosten gespart werden.
Industriealisierung der Software-Entwicklung
"Wir haben festgestellt, dass eine Differenzierung über Hardware und Sensorik nicht zielführend ist auf dem Weg zur Innovationsführerschaft. Entscheidend ist vielmehr die Funktionsentwicklung sowie gleichbedeutend die Softwareentwicklung", so Missel. Da Daimler seine Kernkompetenz nicht im Schreiben und Testen von Software sieht, haben die Schwaben einen Partner gesucht, der dies übernimmt. Die Zusammenarbeit mit Elektrobit läuft bereits seit Ende 2010. Weil die Partner zufrieden mit den Ergebnissen sind, wurde die Kooperation nun verlängert und ausgeweitet. Zurzeit sind Daimler-Fahrzeuge aus der gesamten Produktpalette von Smart bis zur S-Klasse von Mercedes mit der Fahrerassistenzsoftware von Elektrobit im Markt.
Bei der Funktionsentwicklung beschreiben die Mercedes-Ingenieure in mathematischer Form, was das Fahrerassistenzsystem können soll. Daraus entwickelt Elektrobit die notwendige Software. "Wir können auf Basis eines Funktionsmodells bis zu 25 Fahrzeugbaureihen und -varianten bedienen. Die Software läuft auf der Hardware von sechs verschiedenen Lieferanten", so Missel. Beim Modellwechsel können die Funktionsmodelle weitergenutzt werden.Die Kooperation umfasst bis zu 60 Fahrerassistenz-Funktionen. Elektrobit übernimmt auch die Software-Implementierung sowie Modul- und Integrationstests für die mehr als 200 Software-Module. Insgesamt setzt das Unternehmen stark auf die Industrialisierung der Software-Entwicklung. Dazu wurde eine so genannte "Software-Factory" aufgebaut, die automatisch Varianten erzeugt - für die Anpassung der Fahrerassistenzfunktionen in bestimmten Regionen etwa. "Dieses neue Entwicklungskonzept wird die Verwaltung der wachsenden Zahl an Softwareversionen und -varianten vereinfachen. Es reduziert damit die Entwicklungszeit und die Kosten, verbessert die Qualität und ermöglicht eine effizientere Entwicklung von Automobilsoftware – nicht nur im Bereich Fahrerassistenz", erläutert Markus Schupfner, Vice President Infotainment Solutions EB Automotive.