Stuttgart. Dürr ist trotz der schwachen Automobilnachfrage in Europa mit einem hohen Auftragseingang ins neue Geschäftsjahr gestartet. Die Bestelleingänge erreichten mit knapp 2,6 Milliarden Euro fast den Rekordwert des Vorjahres. Im laufenden Jahr will der Maschinen- und Anlagenbauer bei Umsatz und Ergebnis allerdings nur leicht zulegen. "Durch die starke Nachfrage der Automobilindustrie waren unsere Kapazitäten voll ausgelastet. 2013 und darüber hinaus wollen wir an das erreichte Ertragsniveau anknüpfen," kündigte Dürr-Chef Ralf Dieter bei Vorlage des Jahresabschlusses an. Konkret soll die EBIT-Marge zwischen 7,0 und 7,5 Prozent liegen. Beim Auftragseingang strebt Dürr 2,3 bis 2,5 Milliarden Euro an. Voraussetzung sei allerdings ein stabiles Konjunkturumfeld, so der Manager. Der Auftragsbestand liegt bei 2,3 Milliarden Euro - acht Prozent über dem Vorjahreswert.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Lackieranlagenhersteller aus Bietigheim-Bissingen im Großraum Stuttgart seine im Jahresverlauf erhöhten Zielvorgaben erreicht. Der Umsatz legte um knapp 25 Prozent auf fast 2,4 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) sprang um 66,1 Prozent auf 176,9 Millionen Euro. Die EBIT-Marge lag bei 7,4 Prozent und damit deutlich über den 5,5 Prozent des Vorjahres. Der Nettogewinn übertraf mit einen Plus von 73,3 Prozent auf 111,4 Millionen Euro erstmals die 100-Millionen-Euro-Schwelle. Der Ergebnisanstieg basiere auf der kräftigen Umsatzausweitung mit entsprechenden Skaleneffekten sowie der moderaten Kostenentwicklung, so Finanzvorstand Ralph Heuwing. Auch die umfassenden Projektverbesserungen und IT-Investitionen der Vorjahre hätten sich positiv ausgewirkt. Nun will das im M-DAX gelistete Unternehmen die Dividende von 1,20 Euro auf 2,25 Euro pro Aktie erhöhen. Die Tarifmitarbeiter erhalten eine Rekord-Erfolgsbeteiligung von 2500 Euro. Für das Vorjahr hatte das Unternehmen 1500 Euro bezahlt. Mit den nun vorgelegten Zahlen hat Dürr wesentlich besser abgeschnitten als noch zu Jahresbeginn 2012 gedacht. "Das hat uns selbst überrascht", so Dieter. Ursprünglich sollte der Auftragseingang lediglich zwei Milliarden Euro betragen. Der Umsatz sollte um rund fünf Prozent auf über zwei Milliarden Euro zulegen, die Marge zwischen 5,5 und 6,0 Prozent liegen. Außerdem hat Dürr die Gewinnziele - eine EBIT-Marge von sechs Prozent und eine Kapitalrendite von 22 Prozent - des eigentlich bis 2015 laufenden strategischen Geschäftsplans bereits übertroffen. Im vergangenen Jahr wies der Anlagenbauer eine Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Capital Employed - ROCE) von 43,9 Prozent nach 28,4 Prozent im Jahr 2011 aus. "Wir haben es geschafft, das Wachstum mit einem sehr moderaten Kapitaleinsatz zu schaffen und wollen auch in Zukunft diese Kostendisziplin beibehalten", so Heuwing. Am Mittag legte die Dürr-Aktie um 5,04 Prozent zu. Das Geschäft mit Lackieranlagen ist und bleibt der größte Ergebnisbringer im Konzern: Der Umsatz der Sparte "Paint and Assembly Systems" kletterte im vergangenen Jahr um 28,1 Prozent auf 1,125 Milliarden Euro. Das EBIT stieg von 40,5 auf 73,9 Millionen Euro. Die Marge übertraf mit 6,5 Prozent die Zielrendite von sechs Prozent. Auch die erst vor einem Jahr neu geschaffene Sparte "Application Technology", wo die Robotertechnik angesiedelt ist, wuchs um fast 31 Prozent auf 531 Millionen Euro. Das EBIT legte von 31,1 auf 52,4 Millionen Euro zu, die Marge verbesserte sich auf fast 9,9 Prozent. Ziel von Dürr ist eine Rendite zwischen acht und zehn Prozent. Die Erlöse von "Measuring and Process Systems" mit Reinigungs- und Auswuchtmaschinen stiegen um 17,7 Prozent auf auf 647,9 Millionen Euro. Das EBIT belief sich auf 57,6 (Vj 31,4) Millionen Euro. Die Rendite lag bei 8,9 Prozent. Trotz eines Umsatzwachstums um knapp elf Prozent auf 95,5 Millionen Euro wies das noch junge Geschäftsfeld "Clean Technology Systems" einen Gewinnrückgang um 22 Prozent auf 3,8 Millionen Euro aus. Dieter begründete dies mit hohen Anlaufinvestitionen, nannte das Ergebnis aber "zufriedenstellend".Dürr startet mit hohem Auftragseingang ins neue Jahr
Der Lackieranlagenhersteller und Maschinenbaukonzern hat im vergangenen Geschäftsjahr den Umsatz um knapp 25 Prozent und den Nettogewinn um über 73 Prozent gesteigert. Im laufenden Jahr rechnet Dürr mit einem deutlich langsameren Wachstum.
Keine Ende des Wachstums in Sicht
Im vergangenen Jahr entfielen 55 Prozent des Auftragseingangs auf Schwellenländer. Aus China stammten allein 33 Prozent der Bestellungen. Zwar ging der Auftragseingang im Reich der Mitte um ein Prozent auf 852,7 Millionen Euro zurück. "Das ist aber ein sehr hohes Niveau und wir sind froh, wenn wir das halten können", so Dieter. Überraschenderweise kletterten die Bestellungen im krisengeschüttelten Europa um 26 Prozent auf 742 Millionen Euro und auch in Deutschland wuchsen die Orders um 20 Prozent auf 387 Millionen Euro. Stark rückläufig zeigten sich hingegen Amerika und Asien ohne China.
Mittelfristig sieht Dürr allerdings kein Ende der Wachstumsstory - im Gegenteil dürfte die Autoproduktion in den Schwellenländern in den nächsten Jahren noch stärker zulegen. Prognosen zufolge werden die Emerging Markets 75 Prozent des weltweiten Wachstums bis 2017 generieren. Laut Schätzungen der Beratungsfirma PriceWaterhouse Coopers (PwC) dürfte die weltweite Autoproduktion von 79 Millionen Einheiten im vergangenen Jahr auf über 102 Millionen Fahrzeug bis 2017 zulegen. "Aber auch in etablierten Märkten besteht erheblicher Modernisierungsbedarf und wir haben auch schon aktuelle Projekte", so Dieter. Laut Dürr sind mehr als 250 Lackieranlagen weltweit älter als 20 Jahre. Nachholbedarf gebe es vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Russland. Dritte Wachstumssäule ist das Service-Geschäft, das mit jeder installierten Neuanlage die Chance für Wartungsaufträge bietet. Im vergangenen Jahr lag der Service-Umsatz bei 506 Millionen Euro - rund ein Fünftel vom Konzernerlös. Dazu will Dürr in der neuen Wachstumsregion Südostasien, wo japanische Autohersteller dominieren, Fuß fassen und die neuen Geschäftsfelder wie die Klebe- und Umwelttechnik ausbauen. Um die globale Führungsposition gegenüber den Konkurrenten Eisenmann aus Böblingen und Takisha aus Japan zu verteidigen, investiert Dürr hohe Summen. Im vergangenen und dem laufenden Jahr sollen für rund 50 Millionen Euro die Kapazitäten in den Schwellenländern ausgebaut werden. Dazu kamen 2012 über 37 Millionen Euro an Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Ziel ist es, die Stückkosten der Kunden zu senken und den Energieverbrauch zu minimieren. "80 Prozent des Dürr-Geschäfts stammen aus der Autoindustrie. Damit bin ich sehr zufrieden, denn das weltweite Wachstum dieser Branche geht weiter", so Dieter.