VW: "Verhaltener Optimismus" auf der Chefetage

Wolfsburg. Obgleich frisch gestärkt durch das Rekordjahr 2011, beurteilt der VW-Vorstand um den Vorsitzenden Martin Winterkorn die kurz- und mittelfristige Zukunft des Unternehmens zwar mit solidem Selbstvertrauen, aber ohne jeglichen Anflug von Euphorie. Der gesamte Konzern habe einen "Jahresauftakt nach Maß hingelegt", erklärte Winterkorn im Rahmen der Jahrespresse- und Investorenkonferenz am heutigen Montag (12. 3.) am VW-Stammsitz in Wolfsburg. Für die kommenden Monate sei die Unternehmensführung "verhalten optimistisch" gestimmt. Und dies "trotz aller konjunkturellen Unwägbarkeiten, wie der Topmanager hinzufügte.

Volkswagen hatte im Geschäftsjahr 2011 den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf gut 159 Milliarden Euro gesteigert und auch mit dem operativen Ergebnis in Höhe von 11,3 Milliarden Euro einen Rekordwert erzielt. Zudem lag die Kapitalrendite des zentralen Konzernbereichs Automobile mit nahezu 18 Prozent fast doppelt so hoch wie der intern geltende Mindestverzinsungsanspruch (neun Prozent; Anm. d. Red.). Bis 2018 will Winterkorn VW in ökonomischer und ökologischer Hinsicht zum Weltmarktführer entwickeln.

Vor den Pressevertretern, Analysten und weiteren Branchenbeobachtern in Wolfsburg bekräftigte Winterkorn: "Die Strategie 2018 greift!". Zugleich allerdings räumte Winterkorn ein: "Wir sind noch nicht am Ziel. Und vor uns liegt noch viel Arbeit". Als Beispiel für absehbare Herausforderungen nannte der VW-Chef die "Schuldenkrise in Europa", die seiner festen Überzeugung nach "die Märkte weiter belasten" wird.

Außerdem habe sich VW auf seinem Wachstumspfad vorgenommen, "das Tempo jetzt noch einmal zu verschärfen". So will das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr laut Winterkorn "mehr als 40 neue, zusätzliche Modelle, Nachfolger und Produktaufwertungen auf die Straße bringen". Zu den wichtigsten Premieren wird die mit Spannung erwartete Vorstellung des Golf VII zählen – das erstmals auf dem modularen Querbaukasten (MQB) basierende Volumenmodell soll im Herbst dieses Jahres starten.

Im Rahmen seiner Ausführungen auf der Jahreskonferenz sowie in Einzelgesprächen im Anschluss an den vom Protokoll vorgegebenen Part unterstrich Winterkorn mehrmals seinen Plan, VW zum "stärksten, fairsten und ökologischsten Autobauer" zu machen, gar "zum Leuchtturm der Automobilindustrie", wie er in seiner offiziellen Schlussbemerkung betonte. Mit Blick auf das laufende Jahr annoncierte Winterkorn: "Wir werden 2012 mehr Fahrzeuge verkaufen als im Vorjahr". Überdies werde VW "den Umsatz steigern". Weitaus vorsichtiger äußerte sich der Vorstandsvorsitzende mit Bezug auf das operative Ergebnis: Hier setze sich VW zum "Ziel, das hohe Vorjahres-Niveau zu halten".

Auf die Frage von Automobilwoche, ob der Ausbau zum "führenden Mobilitätskonzern", wie er Winterkorn nach eigenem Bekunden vorschwebt, auch die Akquisition oder den Aufbau einer Zweiradmarke beinhaltet, antwortete der Topmanager, dazu sei "heute noch nicht mehr zu sagen als in der vergangenen Woche". Vor wenigen Tagen, auf dem Genfer Auto-Salon, hatte Automobilwoche den VW-Chef darauf angesprochen, dass die italienische Motorradkultmarke Ducati zum Verkauf steht, und ein mögliches Erwerbsinteresse von VW an der Herstellung von Einspurvehikeln ausgelotet. Damals hatte "Wiko" so kurz und knapp wie vielsagend erklärt: "Wir lieben alles, was rot ist". Zu seinem früheren Bonmot merkte ein bestens gelaunter Winterkorn am heutigen Tag an: "Außer roten Zahlen, wohlverstanden".

An Winterkorns Vorstandskollegen Michael Macht, in der VW-Führung verantwortlich für den Geschäftsbereich Produktion, richtete Automobilwoche die Frage, ob der Wolfsburger Konzern daran denke, ausgesuchte Teile seiner Expertise im Bereich der modularen Baukästen im Wege eines Beratungsgeschäfts gegen entsprechende Bezahlung Wettbewerbern oder zumindest branchenfremden Unternehmen anzudienen. Vor vielen Jahren, in seiner vormaligen Funktion als Chef von Porsche Consulting, hatte Macht bereits bewährte Kompetenzen seines früheren Arbeitgebers in den Bereichen Fertigung und Logistik als Beratungsdienstleistungen einer Vielzahl interessierter Wirtschaftsbetriebe offeriert.

"Das ist eine interessante Überlegung", so Macht, "wir haben dazu auch bereits etliche Anfragen erhalten". Doch wolle VW seinen mit den modularen Baukästen verbundenen Wettbewerbsvorsprung "jetzt erst mal ordentlich absichern". Mittel- bis langfristig allerdings, merkte Macht an, sei eine Ergänzung des VW-Beratungsgeschäfts um das Generalthema Modularität "durchaus denkbar". (Foto: Volkswagen)