VW macht Dampf in China

Guangzhou. Der VW-Konzern will seine Aktivitäten auf dem strategisch besonders bedeutsamen chinesischen Markt forcieren. "China bietet uns in vielen Bereichen eine Fülle enormer Wachstumschancen, die es zu erschließen gilt", bekräftigte Karl-Thomas Neumann, Statthalter des VW-Konzerns im Reich der Mitte, in der im südlichen Landesteil gelegenen Metropole Guangzhou. "2011 wird ein weiteres Erfolgsjahr für VW in China", ergänzte der Manager bei einem Roundtable-Gespräch auf der Guangzhou Auto Show. "Und auf die künftigen Entwicklungen schauen wir ebenfalls voller Optimismus".

Dabei verhehlte die erfahrene Führungskraft, vor dem Wiedereintritt in die Volkswagen AG Vorstandschef des deutschen Zulieferers Continental aus Hannover, nicht, dass der Wolfsburger Konzern bei der Implementierung seiner Wachstumspläne in China oftmals auf Probleme stößt. Ein Beispiel ist der aus Deutschland bekannte Fachkräftemangel. So hat VW Neumann zufolge "auch in China enormen Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern, der nicht immer leicht zu decken ist." VW investiere daher nun vor Ort noch stärker als bislang schon in die Aus- und Weiterbildung potenzieller Beschäftigter. "Auch auf Leitungsebene müssen wir weitere gute Leute suchen", so Neumann, "denn im Zuge des rapiden Wachstums, das diese Nation in jüngerer Vergangenheit bewerkstelligt hat, fehlt hier zu Lande im Vergleich zu etablierten Wirtschaftsmächten gewissermaßen eine ganze Generation erfahrener Manager". Als Beispiel für Schwierigkeiten, denen sich VW in China bisweilen konfrontiert sieht, nannte Neumann überdies "die Sicherstellung einer rund um die Uhr verlässlichen Versorgung unserer neuen Fabriken mit Elektrizität in ausreichendem Umfang".

Zu den Eckpfeilern der weiteren Expansion des VW-Konzerns in China zählen wie bisher die Kernmarke Volkswagen sowie Audi und Skoda. Für das Volkswagen-Flaggschiff etwa, die Luxuslimousine Phaeton, ist China bereits der mit weitem Abstand wichtigste Einzelmarkt. Rund zwei Drittel aller weltweit verkauften Phaeton-Exemplare entfallen auf das Reich der Mitte. "Ein Werk wie die Phaeton-Manufaktur in Dresden hätte es sicher sehr, sehr schwer", konzediert Neumann, "wenn es den chinesischen Markt nicht gäbe."

Weitere Impulse erwartet der VW-Landeschef unter anderem von der breit angelegten Einführung der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge in China. Dort ist alsbald das Großraumfahrzeug Multivan zu haben - mit einem 204 PS starken Motor nebst dem auch in China begehrten Direktschaltgetriebe. Das aus dem VW Golf GTI bekannte Antriebsaggregat (dort mit 210 PS; Anm. d. Red.) für das Topmodell der Baureihe T5 ist laut Neumann "für chinesische Luxusbus-Interessenten genau die richtige Maschine, wie wir sie vorher noch nicht zu bieten hatten".

Auch die spanische VW-Volumenmarke Seat, zuvor nicht in China präsent, soll von dem boomenden Markt profitieren. Bereits im ersten Quartal des kommenden Jahres wird das Importmodell Leon in der sportiven Cupra-Version zu den chinesischen Kunden kommen. Zum Auftakt der anvisierten Markterschließung will Seat 2012 in chinesischen Großstädten wie Peking, Schanghai, Wuhan und Chengdu insgesamt 15 Händlerbetriebe eröffnen. "Seat ist in Bewegung", sagte Markenchef James Muir bei der Automesse in Guangzhou, "und bei unserer Produktoffensive wird uns China als Markt helfen." Die verlockenden Perspektiven, die das spanische Unternehmen mit dem asiatischen Land verbindet, belegen Pläne, das künftig weltweit neue Erscheinungsbild von Seat-Salons inklusive eines betont kundenorientierten Servicekonzepts zunächst in China umzusetzen. "Die drei Schlüsselelemente dabei werden 'Driving experience' und 'Transparency' sowie 'Digital experience' sein", erläuterte Paul Sevin, bei Seat als Executive Vice President zuständig für Sales & Marketing.

Doch auch am oberen Ende seiner Produktpalette will der VW-Konzern am weiteren Wachstum in China teilhaben. Nach einer Studie des Finanzhauses Deutsche Bank, aus der in chinesischen VW-Kreisen gern zitiert wird, könnte das Reich der Mitte beispielsweise bereits bis zum Jahr 2015 zum global größten Markt für Nobelkarossen aufrücken. Für die edlen VW-Label Bentley und Lamborghini etwa ist China nach Konzernangaben schon jetzt jeweils die zweitwichtigste Absatzregion. "Und wenn unsere Highend-Marke Bugatti nach dem zweitürigen Supersportwagen Veyron einen Viertürer kreiert", heißt es bei VW, "würde ein solches Fahrzeug der Extraklasse bestimmt auch in China zu haben sein." (Foto: VW Nutzfahrzeuge)