Klare Mehrheit für mehr Mitbestimmung bei Investitionen

Nach dem Brandanschlag auf ein Umspannwerk nahe der Tesla-Fabrik in Grünheide und dem daraus resultierenden Produktionsstopp im Werk nimmt die Debatte um eine richtige Standortpolitik bei Industrieansiedlungen zusätzlich an Fahrt auf. Mit dem Anschlag will die linksextreme "Vulkangruppe" das Tesla-Werk sabotieren, obwohl die Fabrik eigentlich zeitnah sogar noch erweitert werden sollte. Dagegen protestieren auch (bisher friedlich) rund 100 Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe "Robin Wood", die derzeit ein Waldstück nahe der Tesla-Anlagen in Grünheide besetzen. Eine Exklusiv-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Automobilwoche zeigt jetzt: In Deutschland wünschen sich die Menschen generell mehr Mitbestimmung bei Großinvestitionen.

Civey befragte im Auftrag der Automobilwoche in der vergangenen Woche 5000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger zu ihrer Einschätzung bei Mitbestimmungsrechten der örtlichen Bevölkerung bei Großinvestitionen. Ergebnis: 67 Prozent der Befragten wünschen sich "eindeutig mehr" oder "eher mehr" Mitbestimmungsrechte für Anwohnerinnen und Anwohner in einer Region, in der sich Großindustrie ansiedeln will. 17 Prozent geben sich Unentschieden, nur 16 Prozent fordern weniger Mitbestimmungsrechte.

Civey-Automobilexperte Parwiz Torgull sagt: "Der Wunsch nach mehr Mitbestimmung fällt in eine wirtschaftlich herausfordernde Zeit – von Streiks bis Rezession. Wir sehen in unseren Daten ohnehin schon seit Langem eine anhaltend geringe Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Durch stärkere Mitbestimmungsrechte dürfte diese noch mal weiter sinken, ausländische Direktinvestitionen mit eingenommen. Die Ergebnisse zeigen ein bemerkenswertes regionales Muster: Insbesondere in den neuen Bundesländern ist der Wunsch nach mehr Mitbestimmung ausgeprägter als in den alten."

Wie es gehen kann, zeigt BMW in Straßkirchen. Nach anfänglichen Anwohnerprotesten setzte sich der Premium-Hersteller mit seinen Plänen im vergangenen September in einem Bürgerentscheid gegen die Kritiker durch und kann seine Hochvoltspeichermontage in Niederbayern errichten. Einen Automatismus für den Erfolg solcher Pläne gibt es aber in Deutschland nicht mehr.

Experte Torgull sieht die Meinungstendenz aber als Chance für Investitionen: "Aus Verbrauchersicht kann eine stärkere Mitbestimmung durchaus positive Aspekte haben. Sie erlaubt es den Bürgern, unmittelbaren Einfluss auf Entwicklungen zu nehmen, die ihre Lebensqualität und ihr lokales Umfeld beeinträchtigen könnten. Im Automobilsektor, in dem große Investitionen häufig mit Umwelt- und Infrastrukturveränderungen einhergehen, könnte dies dazu beitragen, dass Vorhaben nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial nachhaltig umgesetzt werden und dass die allgemeine Wertschätzung den Unternehmen gegenüber steigt."

Interessant ist auch die Einschätzung der befragten Bundesbürgerinnen und Bundesbürger in Verbindung mit ihrer parteipolitischen Präferenz. So fordern 86 Prozent der Befragten, die beabsichtigen, bei der nächsten Bundestagswahl AfD zu wählen, mehr Mitbestimmungsrechte. Auch Wählerinnen und Wähler der Linkspartei wünschen sich zu 78 Prozent mehr Einfluss. Die geringsten Hürden für die Wirtschaft wollen Wählerinnen und Wähler der FDP. Hier stimmen nur 39 Prozent der Frage nach mehr Mitbestimmungsrechten zu.

Aus dem Datencenter:

Umfrage zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilhersteller