Schneller als Tesla: BMW setzt humanoiden Roboter in der Produktion ein

Äußerlich sind sie sich auffallend ähnlich, aber bei den inneren Werten unterscheiden sie sich gewaltig: Die humanoiden Roboter Figure 02 und Tesla Optimus stehen ohne es zu wissen in direkter Konkurrenz zueinander – mit den aktuell besseren Aussichten für den Apparat von Figure.

Denn BMW hat den Roboter des kalifornischen Start-ups im US-Werk Spartanburg in einem mehrwöchigen Test im realen Produktionsumfeld eingesetzt. Die Aufgabe des Roboters war es, Blechteile zum Karosseriebau aus einem Regal zu nehmen und in eine Maschine einzulegen. In dem Werk baut BMW alle X-Modelle vom X3 bis zum X7.

In einem jetzt von BMW veröffentlichten Video ist zu sehen, wie mehrere Exemplare des Figure 02 zwar noch etwas hüftsteif durch das Werk watscheln, die Blechteile aber zielsicher mit den Händen greifen und zum Verarbeiten exakt an die dafür vorgesehene Stelle legen. So weit ist Tesla bei der Entwicklung des Optimus nicht.

BMW-Produktionsvorstand Milan Nedeljković sagte zu dem erfolgreichen Test: "Die Entwicklungen im Bereich Robotics sind vielversprechend. Mit einem frühzeitigen Testbetrieb eruieren wir jetzt die Einsatzmöglichkeiten humanoider Roboter in der Produktion."

BMW und Figure wollen den Roboter auf künftige Einsätze vorbereiten und zusammen weiterentwickeln. Durch den Testlauf habe man wichtige Erkenntnisse dazu gesammelt, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, um sogenannte Multipurpose-Roboter in ein bestehendes Produktionssystem zu integrieren.

Im Vergleich zum Vorgänger Figure 01 verfügt der neue Roboter den Angaben zufolge über die dreifache Rechenleistung, eine verbesserte Sprachkommunikation, bessere Kameras, Mikrofone und Sensoren, einen leistungsstärkeren Akku sowie verbesserte Hände mit einer mit dem Menschen vergleichbaren Kraft.

Auch die Software wurde weiterentwickelt. Der Figure-Gründer und -CEO Brett Adcock sagte laut Mitteilung: "Der Figure 02 verfügt über bedeutende technische Fortschritte, die es dem Roboter ermöglichen, eine Vielzahl komplexer Aufgaben völlig autonom auszuführen."

In dieser Mitteilung bezeichnet BMW den Figure 02 selbstbewusst als den weltweit fortschrittlichsten humanoiden Roboter, "der aktuell auf dem Markt erhältlich ist". Und es fällt schwer, das nicht auch als Spitze gegen Tesla-Chef Elon Musk zu lesen, der diese Führungsrolle für den von Tesla selbst entwickelten Optimus beansprucht.

Seit Jahren spricht Musk mit dem für ihn typischen Pomp davon, dass humanoide Roboter menschliche Mitarbeitende einmal vollständig ersetzen werden. Darin sieht er nicht weniger als eine "Transformation der Zivilisation, wie wir sie kennen"; eine "Zukunft des Überflusses, eine Zukunft, in der es keine Armut gibt".

Dabei liegt die Betonung jedoch auf "Zukunft". Denn von Musks Versprechen ist der Optimus sehr weit entfernt. Der Erfolg von Tesla und SpaceX lässt zwar vermuten, dass der Milliardär Musk auch im Robotik-Geschäft einmal ganz vorne mitmischen kann. Aber bis auf Weiteres sind Konkurrenten wie Figure – unter anderem finanziert von Jeff Bezos, Nvidia, Microsoft und OpenAI – klar im Vorteil.

Der erste (natürlich nicht ernst gemeinte) "Prototyp" des Optimus vor drei Jahren war ein Mensch in einem hautengen Roboter-Kostüm, der auf der Bühne beim Tesla AI Day zu elektronischer Musik tanzte. Im Herbst 2022 kündigte Musk dann an, den Optimus in drei bis fünf Jahren für unter 20.000 US-Dollar auf den Markt zu bringen, obwohl er erst in fünf oder zehn Jahren so richtig "unglaublich" sein werde. Die Tech-Szene war wenig beeindruckt.

In diesem Januar teilte Musk auf X ein Video eines Optimus, der scheinbar selbstständig ein T-Shirt faltet, um erst rund eine halbe Stunde später klarzustellen, dass der Roboter zum Erledigen dieser Aufgabe ferngesteuert worden war.

Tesla erhofft sich vom Einsatz seiner Technologie für automatisierte Fahrfunktionen im Optimus zukünftige Wettbewerbsvorteile durch fortlaufend gewonnene Daten. Allerdings kämpft der Hersteller noch damit, für seine "Autopilot"- und "Full Self-Driving"-Systeme eine Zulassung als Level-3-Automatisierung zu bekommen.

Der "Drive Pilot" von Mercedes-Benz ist da schon weiter: Der deutsche Premium-Hersteller hat Tesla ausgerechnet auf dem amerikanischen Markt überholt und vor der gesamten Konkurrenz Fahrzeuge mit Level-3-Automatisierung verkauft. In den Bundesstaaten Kalifornien und Nevada ist die Technik in EQS und S-Klasse gegen Aufpreis erhältlich.

Im Roboter-Rennen ist aus Sicht von Experten die eigentliche Herstellung der Apparate nicht das größte Problem. Die Hardware ist trotz offensichtlicher Herausforderungen nur der erste Schritt. Es ist die Software, die es möglich machen muss, dass Figure 02, Optimus und Co. nicht nur zur Show eingesetzt werden, sondern am Fließband auch wirklich mit anpacken können.