Hoch gespielt und verloren: Das verhängnisvolle Versprechen von Onvo-Chef Alan Ai

Mit viel Tamtam hat die Nio-Submarke Onvo im vergangenen September sein elektrisches Flaggschiff L60 auf den Markt gebracht. Von der chinesischen Alternative zu Teslas Model Y war die Rede, was nicht nur auf das Design des Wagens gemünzt war.

Markenchef Alan Ai hatte bei der Vorstellung auch ganz offen darüber gesprochen, mit dem in China umgerechnet knapp 29.000 US-Dollar teuren Modell im Lager der Tesla-Kundschaft wildern zu wollen.

Untermauert hatte Ai seine Ausführungen im September in Guangzhou mit dem Versprechen, dass er von seinem Amt als Präsident zurücktreten werde, wenn es ihm nicht gelinge, bis Ende März eine monatliche Absatzzahl von 20.000 Einheiten mit dem L60 zu erreichen.

Dieses Ziel ist ihm jetzt auf die Füße gefallen: Wie die chinesische "CNevPost" und andere Online-Medien berichten, hat Ai am 2. April mit Bezug auf sein nicht eingehaltenes Versprechen mitgeteilt, dass er sein Amt mit sofortiger Wirkung niederlegt.

In seinem Posting schreibt der Top-Manager, dass dies ein "sehr schwieriger, aber notwendiger Schritt" für ihn sei. Auch müsse er auf die Weise die Würde des Nio-Managements wieder herstellen, die durch seine nicht eingehaltenen Versprechen beschädigt worden sei.

Tatsächlich gehört die Entwicklung der mit großen Vorschusslorbeeren gestarteten Marke zu den großen Enttäuschungen am chinesischen E-Auto-Markt. Seit dem Marktstart im September ist Onvo nicht ansatzweise an die erwarteten Verkaufszahlen herangekommen.

Ihr bisheriges Verkaufshoch erlebte die junge Marke mit knapp 11.000 Einheiten, danach aber ging es abwärts auf 6000 Einheiten im Januar, rund 4000 Einheiten im Februar und rund 4800 Einheiten im März.

In chinesischen Medien wird nun spekuliert, inwieweit Ais Abgang Teil einer größeren Umstrukturierung bei Nio ist. Der hohe Verluste schreibende Elektroautobauer hatte bereits vor einigen Monaten organisatorische Veränderungen mit dem Ziel einer besseren Kostenkontrolle eingeleitet.

Unklar ist außerdem, wie sich Ais Rücktritt auf die Europa-Pläne von Nio auswirkt. Ursprünglich wollte der chinesische Hersteller seine Submarken Onvo und Firefly in diesem Jahr in Europa einführen. Während man mit Onvo die Mittel- und mit Nio die Oberklasse abdecken wollte, zielt man mit Firefly auf den Kleinwagenmarkt.