Camping: Händler steigen aus - Ende der Goldgräber-Stimmung

Das Ende vom Caravan-Hype setzt Händlern zu. Etwa jeder vierte Händler geht davon aus, dass sein Absatz von Reisemobilen im nächsten Jahr um mehr als fünf Prozent zurückgeht, knapp jeder sechste fürchtet gar ein Minus von mehr als zehn Prozent.

Noch skeptischer sind die Händler mit Blick auf Wohnwagen: Knapp jeder vierte (24 Prozent) erwartet einen Rückgang um mehr als fünf Prozent. Weitere 17 Prozent der Partner geht von einem Einbruch über zehn Prozent aus. Die Skepsis ist also hoch, wenn auch niedriger als in der Mai-Umfrage.

„Der Markt wird sich im nächsten Jahr mit Blick auf die Händler konsolidieren“, sagt Niklas Haupt, Geschäftsführer MiiOS. Der Marktforscher hat gemeinsam mit der Unternehmensberatung gsr eine Studie herausgebracht, für die mehr als 100 Händler befragt wurden.

„Einige Händler, die gedacht haben, sie können nebenher noch etwas vom Kuchenstück mitnehmen, die haben nun unter Umständen Schwierigkeiten“, sagt Ariane Finzel, Geschäftsführerin des Deutschen Caravaning Handelsverbands (DCHV).

Eine Insolvenzwelle sieht sie jedoch nicht. Von den 430 DCHV-Mitgliedern mussten in den vergangenen Monaten sechs Betriebe Insolvenz anmelden. Das entspricht 1,4 Prozent. Aber viele Händler, die den Camper-Markt erst in den vergangenen Jahren für sich entdeckt haben, dürften im Verband nicht organisiert sein.

Zudem dürften viele Camper-Händler es erst gar nicht bis zur Insolvenz kommen lassen. Sie ziehen vorher die Reißleine. Dazu gehört auch der Autohändler Preckel, der seinen Ausflug in die Camper-Welt beendet hat.

„Der Goldgräber- folgt jetzt die Katerstimmung, da wir alle noch schnell eingestiegen sind“, sagt Jörn Wohlers, Geschäftsführer der Preckel-Gruppe. Der Traditionshändler hat die Konsequenzen gezogen und konzentriert sich wieder stärker auf sein Kerngeschäft.

„Es gibt zu viele Camper im Angebot, zu wenig Auslastung und zu geringe Umsatzerlöse pro Tag“, sagt Wohlers. Ein weiterer Aspekt aus seiner Sicht: „Campingplätze in Europa sind nicht wirklich mehr geworden und können das angebotene Volumen nicht stemmen.“

In den vergangenen Jahren hat die Nachfrage massiv zugenommen. Einige Händler erwarteten schon vor Corona eine Abkühlung der Nachfrage. Doch dann ging es erst nochmal richtig los.

„Der Peak vom Peak ist vorbei“, sagt Finzel. Sie rechnet nicht mit einem Absatzeinbruch. Aber: „Wir kehren jetzt zur Normalität zurück. Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden beiden Jahren stabil auf dem Niveau von 2019 sein werden.“

Doch ein Rückgang auf das Nachfrage-Niveau von 2019 bedeutet zumindest, dass das Angebot größer als die Nachfrage ist. Das bekommt die ganze Branche zu spüren. Der von zahlreichen Krisen geschüttelte Hersteller Knaus Tabbert hat seine Produktion bis Jahresende eingestellt. Andere Hersteller wie Roadfans mussten gar den Weg aufs Amtsgericht machen und Insolvenz anmelden.

Denn die Händler-Höfe stehen voll. Laut MiiOS-Umfrage bezeichnen knapp drei Viertel der Teilnehmer (71 Prozent) das Bestandsmanagement als größte Herausforderung. Das geht einher mit einem gesättigten Markt und geringer Nachfrage (58 Prozent).

Die Folge: Laut Studie werden „günstige Preise“ zum Erfolgstreiber Nummer 1. Die ursprüngliche Camper-Zielgruppe achtete relativ wenig aufs Geld. Schließlich ging es um Urlaub. Anders die in den vergangenen Jahren erschlossene Kundengruppe.

„Nur in dem Segment ,preisgünstig‘ kann man noch zusätzliche Käuferschichten erreichen“, sagt Händler Wohlers. „Die Kategorie hochwertig und für finanziell gut aufgestellte Kunden bleibt stabil.“ Auch Porsche habe nur einen gewissen Marktanteil.

Wohlers zeigt die Folgen an einem Beispiel: Die Preispolitik des Toyota Crosscamp hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Im Jahr 2021 startete der Crosscamp Lite auf Basis des Toyota Proace mit einem Einstiegspreis von 42.499 Euro für die 120-PS-Version.  Aktuell bietet Crosscamp das Modell "Lite S" mit einer 110-PS-Benzinmotorisierung zu einem Basispreis von 34.999 Euro an.

Die rückläufigen Preise wirken sich natürlich auch auf die Restwerte aus. Das bekommen Händler zu spüren, die Fahrzeuge vermieten. Um die Gewinne aufrecht zu erhalten, müssen sie über die Vermietung die geringen Margen bei der Wiedervermarktung ausgleichen.

Doch bei allen Herausforderungen im Handel, an anderer Stelle läuft es gut – fast zu gut: beim Service. Knapp drei Viertel (71 Prozent) der Händler berichten von einer Vollauslastung ihrer Werkstatt. Insgesamt lag die Werkstattauslastung im Oktober bei 96 Prozent.

Die Schlussfolgerung der MiiOS/gsr-Experten: „Diese hohe Werkstattauslastung ist Fluch und Segen zugleich: Lange Wartezeiten auf einen Werkstatttermin und hohe Stundenverrechnungssätze können bei einer budgetorientierten Kundschaft Zweifel oder gar Verärgerung auslösen.“