Audi in China: Submarke ohne Ringe verletzt den Stolz deutscher Ingenieure

Es ist höchste Zeit. Bei der Veranstaltung von VW am Abend vor der Eröffnung der Auto Shanghai beginnt für Audi in China die "Vier-Buchstaben-Welt". Dann wird dort das erste Serienmodell der neuen Submarke A-U-D-I enthüllt, für die der Hersteller auf die ikonischen Ringe verzichtet und die Entwicklungshoheit dem chinesischen Partner SAIC überlässt.

Für den deutschen Premiumhersteller ist es enorm wichtig, im größten Elektroautomarkt der Welt die Wende zu schaffen. Wie riesig der Handlungsdruck in China ist, wurde bei den kürzlich veröffentlichten Absatzzahlen für das erste Quartal 2025 deutlich. Demnach hat Audi in den ersten drei Monaten in China gerade noch 3.203 rein elektrische Fahrzeuge verkauft.

Zur Einordnung: Das entspricht in etwa der Zahl an Bestellungen, die Nio im April mit einer Incentive-Aktion erzielt hat – in drei Tagen.

Für den China-Turnaround greift Audi auf eine bereits bestehende Technologieplattform des Partners SAIC zurück, die bereits bei der MG-Premiumtochter IM Motors zum Einsatz kommt. Die Fahrzeuge der neuen Submarke werden bei SAIC gebaut und auch im Vertrieb haben die Chinesen das Sagen.

Der Beitrag der Audi-Entwickler reduziert sich darauf, die Fahrzeuge der Marke bei Design, Qualitätsanmutung und den Fahreigenschaften Audi-like aufzupeppen. Anders sei es auch nicht möglich gewesen, jetzt in Schanghai, nach etwas mehr als zwei Jahren Entwicklungszeit, das erste Serienmodell auf die Straße zu bringen, sagt ein Unternehmenssprecher. Die Zusammenarbeit zwischen den Teams aus China und Ingolstadt habe sehr gut funktioniert.

Es gibt auch andere Sichtweisen. Innerhalb der 10.000-köpfigen Entwickler-Crew, die am Standort Ingolstadt ihren Dienst verrichtet, gibt es Ärger, weil CEO Gernot Döllner den stolzen Ingenieuren bei jeder Gelegenheit den vielzitierten China-Speed in der Entwicklung unter die Nase reibt.

Und ein altgedienter Audianer beklagt es als unwürdig, dass man sich als Unternehmen, das für sich "Vorsprung durch Technik" reklamiert, technologisch bei den Chinesen bedient und bei der Submarke im Grunde nur noch auf dem Beifahrersitz Platz nimmt.

Vielleicht ist das aber auch der einzige Weg, um als westliche Premiummarke auf dem chinesischen BEV-Markt überhaupt nochmal die Füße auf den Boden zu bringen. 

So kommt die Unternehmensberatung Berylls by AlixPartners  in einer vor wenigen Wochen veröffentlichten Studie mit dem Titel "Quo Vadis China" zu der eindeutigen Empfehlung, dass man das China-Geschäft völlig eigenständig und ohne Einmischung von der Zentrale führen müsse.

Hauptargument: die Marktentwicklung auf dem NEV-Markt und die Kundenerwartungen hätten sich so stark von der westlichen Welt entfernt, dass letztlich nur in China entschieden werden könne, was für den Markt dort entwickelt und verkauft wird.

Im Grunde hat Audi diesen Weg beschritten, indem man dem chinesischen Partner die Hoheit über die Submarke überlässt.

Der Markteintritt der Audi-Submarke könnte eine Antwort auf eine Frage liefern, die derzeit in Expertenkreisen heiß diskutiert wird: Brauchen, respektive wollen chinesische Autokäufer aus Imagegründen noch deutsche Marken?

Willi Wang, Leiter des China-Geschäfts bei Berylls by AlixPartners, ist skeptisch und verweist auf die "Premium Customer Study" der Unternehmensberatung. Die zeige, dass gerade bei Elektroautos "chinesische Kunden inzwischen chinesische Marken auch wegen des Markenimages kaufen".

In den vorangegangenen Studien war das anders: "Noch in den letzten beiden Jahren wurden deutsche Marken wegen ihres Images gekauft und chinesische Marken wegen Technik, Ökosystem und so weiter. Das dreht sich gerade."

Ob es Audi mit der Submarke gelingt, im hart umkämpften chinesischen E-Automarkt Fuß zu fassen, dürfte nicht zuletzt davon abhängen, wie das erste Modell preislich positioniert wird.

Wie Audi-Vetriebschef Marco Schubert neulich im Interview mit der Automobilwoche sagte, werde die auf ein jüngeres, technikaffines Publikum fokussierte Submarke anders am Markt positioniert und deutlich günstiger sein als die Kernmarke. Wo sich Audi ohne Ringe preislich einreiht, ist noch ein gut gehütetes Geheimnis.

Einen Anhaltpunkt könnte der IM Motors L6 liefern. Das Modell der SAIC-Premiummarke nutzt die gleiche Plattform wie die neue Submarke. Startpreis des L6: umgerechnet knapp  30.000 Euro.

Das erste Modell der neuen Marke kommt in China im September in den Verkauf, laut aktueller Planung sollen drei weitere in den nächsten drei Jahren folgen. Spätestens dann dürften alle Fragen um die Audi-Zukunft in China beantwortet sein.