Autoversicherungen: So will die Allianz den Anstieg der Prämien dämpfen

Die Versicherung Allianz will den Einsatz gebrauchter Ersatzteile weiter vorantreiben und denkt über einen speziellen Versicherungstarif nach. Das Interesse der Autofahrer ist da: 89 Prozent der Verbraucher würden eine Reparatur ihres Fahrzeugs mit gebrauchten Ersatzteilen zustimmen, wenn diese intakt und zertifiziert sind.

„Jeder zweite von uns angesprochene Kunde, bei dem eine Reparatur des Fahrzeugs mit gebrauchten Ersatzteilen möglich war, hat sich für eine nachhaltige Reparatur entschieden“, sagte Frank Sommerfeld, Chef der Allianz Versicherungs-AG, im Rahmen des 12. Allianz Autotags. Grundlage für die Zahlen bildet eine Umfrage des Versicherers.

Anfang April hat der Konzern eine entsprechende Initiative angeschoben, die langsam anrollt: Das Angebot an gebrauchten Teilen beim Online-Marktplatz ClaimParts ist seither von 3,2 auf 4,5 Millionen Teile gestiegen. Bei der Restwertbörse green.casion stieg die Anzahl der angeschlossenen zertifizierten Recycler von acht auf 20.

Aus Sicht des Versicherers hat die Nutzung gebrauchter Teile einen doppelten Nutzen: Die CO2-Bilanz ist deutlich besser und die Kosten deutlich geringer. Denn mit Autoversicherungen hat die Branche im vergangenen Jahr einen Verlust von rund drei Milliarden Euro geschrieben.

Dafür gab es zwei entscheidende Gründe:

• Deutlich höhere Verrechnungssätze in den Werkstätten: Arbeiten an der Mechanik, Elektrik oder der Karosserie kosteten 2023 im Schnitt 188 Euro pro Stunde, Lackierarbeiten 205 Euro. Laut Gesamtverband der Versicherer (GDV) stiegen beide Preise im Vergleich zum Vorjahr um 8,6 Prozent.
• Deutlich höhere Ersatzteilpreise: Die deutlichen Preissteigerungen aus den Vorjahren setzten sich auch zwischen August 2023 und August 2024 fort. Laut GDV stiegen die Preise im Schnitt um 6,2 Prozent, bei Kühlergrills waren es sogar über zwölf Prozent.

Die Kritik der Versicherer ist laut: „Die Kosten für Pkw-Ersatzteile steigen rapide und sind weitgehend unabhängig von der allgemeinen Preisentwicklung. Während der Verbraucherpreis-Index seit 2014 um rund 28 Prozent zugenommen hat, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise durchschnittlich um fast 75 Prozent“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Und Sommerfeld ergänzt: „Wir sehen Verteuerungen bei Ersatzteilen, die sich gewaschen haben.“ Dies sei nicht allein auf die Technik zurückzuführen. So habe sich der Preis für eine Tür in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Der Einsatz gebrauchter Teile würde helfen, die Prämien auf Normalniveau zu halten.

Diese haben zuletzt deutlich zugelegt. Laut einer Analyse des Vergleichsportals Verivox aus dem April 2024 sind die Preise für Kfz-Versicherungen in den zwölf Monaten zuvor um durchschnittlich 20 Prozent gestiegen.

Tendenz weiter steigend: Die HUK-Coburg, Deutschlands größter Autoversicherer, will die Prämien im kommenden Jahr um einen zweistelligen Prozentsatz erhöhen. Dabei wird der Versicherer wohl nicht alleine sein.

Mit dem Einsatz gebrauchter Teile will die Allianz der Entwicklung entgegenwirken. Die Option bietet der Versicherer bei seinen mehr als 1400 Partner-Werkstätten an. Zum Einsatz kommen rund 25 Außenteile wie Türen sowie Front- und Heckklappen, aber auch Spiegel, Scheinwerfer oder Rückleuchten. Sicherheitsrelevante Teile wie Lenkungen, Achsteile oder Räder werden nicht verwendet.

„Rund zehn Prozent aller Totalschäden sind geeignet, um als Wiederverwertung für gebrauchte Teile verwendet zu werden“, so Sommerfeld. Das Hochwasser im Juni führte in Süddeutschland bei zahlreichen Autos zu Totalschäden. Dabei waren sie äußerlich nicht beschädigt.

Das nutzte die Allianz: Insgesamt konnte der Versicherer dadurch 62 Fahrzeuge mit rund 1200 Teilen als Ersatzteilspender einsteuern.

Doch dem Versicherer fehlt der Handlungsspielraum in Deutschland. USA und Schweden fördern bereits seit mehr als 25 Jahren die Nutzung gebrauchter Teile. England, Frankreich und die Niederlande folgten. „Auch in Deutschland brauchen wir gesetzliche Rahmenbedingungen, um diese Entwicklung schneller voranzutreiben“, so Sommerfeld.

Wenn es in Deutschland eine ausreichende Verfügbarkeit von gebrauchten Ersatzteilen auch für jüngere Modellreihen gibt, will die Allianz einen Kfz-Tarif anbieten, der die Verwendung von verfügbaren gebrauchten Teilen beinhaltet.