"Ergibt keinen Sinn": Nio-Chef Li schießt gegen neue EU-Zölle

Unmittelbar vor der Entscheidung zu Strafzöllen für importierte Elektroautos aus China durch die EU-Kommission hat Nio-CEO William Li die geplanten Maßnahmen scharf kritisiert. Der Hersteller wäre von den Strafzöllen massiv betroffen, da er seine Elektromodelle für den europäischen Markt vollständig aus dem eigenen Werk im chinesischen Hefei importiert.

Im Rahmen der Eröffnung des Nio-Markenhauses im niederländischen Amsterdam sagte Li: "Die Untersuchungen der EU-Kommission ergeben keinen Sinn. Wer zuletzt in Peking auf der Auto Show war, hat gesehen, wie sehr sich chinesische Automobilhersteller bemühen, die modernsten Technologien im Markt zu nutzen, um ihren Beitrag zur Dekarbonisierung und zum Umweltschutz zu leisten. Es ist ein sehr kompetetiver Markt. Diese Hersteller sind darauf angewiesen, ihre Produkte auch außerhalb von China anzubieten, um überlebensfähig zu sein. Diese Zölle würden chinesischen Firmen die Chancen nehmen, ihre Produkte überall anzubieten. Deswegen sind wir gegen diesen Ansatz."

Im Gespräch ist aktuell eine Anhebung der Importzölle durch die EU von aktuell zehn auf bis zu 30 Prozent. Offen ist, ob alle chinesischen Hersteller von den Zöllen betroffen wären, oder nur einzelne Marken, die besonders deutlich von der chinesischen Regierung subventioniert wurden. William Li: "Nichts von dem, was in China passiert, hat mit zu großer staatlicher Unterstützung zu tun. Elektroautos werden gefördert, aber das werden sie in Europa und den USA auch. Wie wir schon immer gesagt haben, sind Elektroautos wichtig für die Dekarbonisierung und sollten nicht das Ziel von Zolluntersuchungen sein."

Der Nio-Chef argumentiert damit zwar anders als seine europäischen CEO-Kollegen, beruft sich aber dennoch auf einen inhaltlichen Konsens bei der Ablehnung von erhöhten EU-Zöllen: "In der Europäischen Union sind sich die Hersteller doch alle einig. Carlos Tavares von Stellantis hat es kürzlich in einem Interview gesagt und seine Meinung zu den Zöllen inzwischen geändert. Auch Volkswagen, BMW und Mercedes haben alle gesagt, dass sie gegen Zölle sind. Man sollte keine Zölle gegen einen Wettbewerber verhängen, den man auch im offenen Wettbewerb schlagen kann."

Unmittelbare Konsequenzen aus der nahenden EU-Entscheidung wollte Nio-Chef Li nicht ableiten. "Diese neuen Zölle würden unser Geschäftsmodell für Nio als Premiummarke nicht verändern", erklärte der Chinese auf Nachfrage der Automobilwoche. Wohl aber möglicherweise den geplanten Markteintritt der neuen Submarken Onvo (ab Ende 2024) und Firefly (ab Anfang 2025) auf dem europäischen Kontinent. "Am Ende müssen sich unsere Investitionen für uns auszahlen", sagte Li.

Für ein eigenes Werk in Europa seien die Absatzzahlen noch nicht hoch genug, so der Gründer des chinesischen Premium-Herstellers: "Für uns hängt eine Entscheidung über eine Produktion in Europa davon ab, wie erfolgreich unsere Produkte sind. Wenn das Kundeninteresse da ist, werden wir es tun."

Li nannte später auf Nachfrage noch die Zahl von 100.000 abgesetzten Fahrzeugen in Europa, um die Errichtung einer eigenen Fabrik zu rechtfertigen. Zuletzt gab es auch Gerüchte, Nio könnte sich beim österreichischen Auftragsfertiger Magna Produktionskapazitäten für seine neue Submarke Onvo sichern.

Für die weiterhin schleppenden Absätze auf dem europäischen Markt (102 Neuzulassungen im ersten Quartal 2024 in Deutschland) forderte William Li weiterhin Geduld: "So etwas braucht Zeit. Wir haben eine weitaus geringere Infrastruktur als Tesla, auch der gesamte Aftersales-Bereich muss sich erst entwickeln. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns."

Aus dem Datencenter:

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