Start im Herbst: Changan will typische Fehler chinesischer Autobauer vermeiden

Der nächste chinesische Hersteller steht in den Startlöchern für den Launch seiner Marken in Europa: "Unser Markteintritt in Deutschland ist für das dritte Quartal geplant“, sagt Nicolas Thomas, Vertriebschef Changan Europa, im Gespräch mit der Automobilwoche.

Der Start ist bereits im Juli, zunächst in Großbritannien sowie in Norwegen und Dänemark. Bis Jahresende will der chinesische Autobauer in zehn europäischen Ländern präsent sein. "In den folgenden Jahren 2026 und 2027 wollen wir die Marke auf alle europäischen Länder ausrollen“, kündigt Thomas an.

Changan will mit drei Marken nach Europa kommen: Deepal, Changan und Avatr. Der Start in den kommenden Monaten soll mit Deepal erfolgen. Erstes Modell ist das vollelektrische Mittelklasse-SUV Deepal S07, das der Autobauer ab 45.000 Euro anbieten will. Wann die weiteren Marken folgen, ist noch offen.

Die Vorbereitungen für den Marktstart von Deepal laufen: "In Deutschland wollen wir mit zehn Händlern an den Start gehen“, sagt Thomas an. "Insgesamt wollen wir das deutsche Händlernetz im nächsten Jahr auf 100 Standorte ausbauen.“

Europaweit will der Autobauer in den nächsten Jahren ein Vertriebsnetz mit mehr als 1000 Standorten aufbauen, wie Changan-Chef Zhu Huarong im Rahmen einer Veranstaltung in Mainz ankündigte.

Für das deutsche Vertriebsnetz laufen derzeit Gespräche mit verschiedenen Autohausgruppen. Der erste Vertrag ist unterschrieben: In Hamburg arbeitet Changan mit dem Autohaus Günther zusammen. Vor allem in und um Hamburg ist die Günther-Gruppe gut aufgestellt. Hier vertreibt sie Marken wie Nissan, Kia und Maserati. Insgesamt hat der Händler neun Standorte.

Dies entspricht genau den Vorstellungen des chinesischen Herstellers: Für die erste Abdeckung schaut sich Changan nach Vertriebspartnern um, die bereits drei bis 15 Standorte haben. Sie sollen die Verantwortung für größere Regionen übernehmen.

"Unsere Erwartungen an die Händler sind überschaubar: Er braucht einen Showroom mit rund 200 Quadratmeter, in dem er die Marke exklusiv repräsentieren kann“, sagte Thomas. Mit Blick auf die weiteren Kosten zeigt sich Changan pragmatisch. Große Investitionen in exklusive Ausstattung ist nicht notwendig. Genaue Zahlen nennt der Vertriebschef nicht.

"Entscheidend für uns ist, dass der Händler in seiner Region einen guten Ruf hat und die Kunden sich auf ihn verlassen können“, sagte Thomas. Die gute Reputation will der Hersteller für sich nutzen. "Nur wenn die Kunden dem Händler vertrauen, vertrauen sie auch Changan. Das ist für unseren Erfolg entscheidend.“

In den nächsten Jahren will der Autobauer sein Angebot schnell ausbauen. Bis 2027 kommt er mit acht Modellen in den unterschiedlichsten Segmenten auf den deutschen Markt. Gestartet wird mit BEVs, dann folgen Plug-ins und Voll-Hybride.

Und der Autobauer hat sich trotz starkem Wettbewerb und zunehmender Zahl chinesischer Anbieter viel vorgenommen. Thomas: "Bis 2027 wollen wir in Deutschland unter den Top 3 der chinesischen Hersteller sein. Bis 2030 wollen wir in die Top Ten aller Hersteller rücken.“

Das Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr: Mit einem Absatz von knapp 1,7 Millionen Pkw war Changan im vergangenen Jahr die Nummer vier in seinem Heimatmarkt – hinter BYD, Chery und Geely. Insgesamt verkaufte Changan im vergangenen Jahr knapp 2,7 Millionen Fahrzeuge.

Im Ranking chinesischer Autobauer könnte der Staatskonzern bald ganz nach vorne rücken. Medienberichten zufolge sollen die beiden Staatskonzerne Changan und Dongfeng fusionieren. Changan-Manager Thomas wollte sich hierzu nicht äußern.

Der chinesische Autobauer hofft, dass ihm seine Erfahrungen in Europa beim Markteintritt weiterhelfen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Changan bereits vor Ort: Im Jahr 2001 eröffnete der Autobauer sein Design-Center in Turin. "Wir sind bereit – wir verstehen den europäischen Markt.“

Für den Start in Europa will hat sich Changan seine Wettbewerber angeschaut und will aus deren Fehlern lernen. "Wir bearbeiten nicht alle Märkte selbst, in kleineren Ländern kooperieren wir mit Importeuren“, sagt Thomas. Neben Deutschland bearbeitet der chinesischen Hersteller auch Großbritannien und die Niederlande selbst.

In den Niederlanden will der Autobauer bereits im zweiten Quartal ein Teilelager für den europäischen Markt eröffnen. "Damit können wir rund 95 bis 97 Prozent der Teile abdecken. Wenn die Kunden am Abend bestellen, ist das Teil am nächsten Tag in der Werkstatt“, sagte Thomas. "Bei der Teilelogistik arbeiten wir mit Kühne + Nagel zusammen.“

Fehlen Teile, können sie gegebenenfalls aus China eingeflogen werden. "Ein Kunde, der einen Unfall hatte, will nicht wochenlang auf einen Rückspiegel warten“, so Thomas. "Uns ist klar, dass der Kundenservice von Tag eins an die entscheidende Rolle spielt."