US-Bann für China-Software: "Bombe für OEMs und Zulieferer" aus Europa

Die jüngsten Ankündigungen der US-Regierung unter Joe Biden zur Abwehr chinesischer und russischer Software klingen wie eine protektionistische Maßnahme gegen chinesische Autos – sie treffen aber auch Europas Automobilhersteller und Automobilzulieferer.

"Das ist eine Bombe nicht für die OEMs, sondern auch für die Zulieferer," sagt der Fachanwalt Daniel Wuhrmann im Gespräch mit der Automobilwoche. Er ist Partner bei der Kanzlei reuschlaw Legal Consultants in Berlin, die auf Produktrecht und Lieferketten spezialisiert ist.

"Die große Mehrheit der Automobilzulieferer in Europa dürfte betroffen sein," vermutet Wuhrmann. Die Kanzlei berät bereits seit einiger Zeit deutsche Unternehmen in dieser Frage. "Natürlich ist die Branche beunruhigt", so Wuhrmann.

"Die Amerikaner stellen jetzt ihre Türsteher auf. Und die haben nun auch auf europäische Unternehmen ein strenges Auge," so der Fachanwalt.

Dabei gehe es um weit mehr als nur Pkws, die in China oder auch Russland produziert werden. "Es geht um jede Hard- und Software im Bereich der vernetzten Kommunikation und der autonomen Fahrfunktionen, die mit China oder Russland in relevanter Weise verbunden sind. Und das betrifft auch zahlreiche Produkte und Komponenten, die europäische Unternehmen in China oder mit chinesischen Partnern herstellen oder entwickeln."

Die US-Administration nimmt mit der Verordnung kritische Technologie aus den Bereichen Kommunikation, Netzwerktechnik, Datenschutz und Verkehrssicherheit ins Visier. Darunter fallen insbesondere Komponenten und Software aus dem wachsenden Bereich des vernetzten Fahrens.

Verkündet wurde die finale Version der bereits seit September beratenen Maßnahmen durch das "Bureau of Industry and Security" (BIS), einer Unterbehörde des US-Handelsministeriums. Federführend ist dabei das dem BIS unterstehende "Office on Information and Communications Technology and Services" (OICTS).

In einer Erklärung vom Dienstag heißt es, die Maßnahmen richteten sich gegen Komponenten und Software, "die ein unangemessenes und inakzeptables Risiko für die nationale Sicherheit der USA darstellen."

"Dies ist ein gezielter Ansatz, um sicherzustellen, dass wir Technologien aus chinesischer und russischer Produktion von amerikanischen Straßen fernhalten und die Lieferketten unserer Nation für vernetzte Fahrzeuge schützen," erklärte US-Handelsministerin Gina Raimondo.

Der De-Facto-Einfuhrstopp von Software chinesischer und russischer Herkunft soll bei Autos vom Modelljahr 2027 (ab 1. Januar 2026) an in Kraft treten. Bei Fahrzeugen (Hardware) soll der Einfuhrstopp ab Modelljahr 2030 gelten (ab 1. Januar 2029).

Untersagt wird dann der Verkauf von neuen Fahrzeugen und Fahrzeugkomponenten, die in einer "hinreichende Verbindung" zur Volksrepublik China oder zu Russland stehen.

"Die Regierung Biden lässt die Definition dieser Verbindung zu China oder Russland bewusst schwammig, um sich alle Optionen für Verbotsbestimmungen und deren Umsetzung offen zu halten," sagt Rechtsanwalt Wuhrmann.

Es könnte danach schon ein Verbot ausgesprochen werden, wenn ein Joint-Venture in China mehrheitlich oder mit erheblichen Anteilen von einem chinesischen Partner geführt wird.

Viele Fragen zu den Ausführungsbestimmungen der Verordnung seien noch nicht beantwortet, räumt Wuhrmann ein. "Es ist vor allem noch nicht klar, wie die US-Administration unter dem neuen Präsidenten Donald Trump diese Einfuhrrestriktionen umsetzen wird."

Trump habe in seiner ersten Amtszeit in Bezug auf China eine wechselvolle Haltung an den Tag gelegt. "Trump hatte ein zwiespältiges Verhältnis zu China. Er schwankte zwischen hartem Dagegenhalten und kooperativem Verhalten."

Wuhrmann rät zu einer umfassenden Information und einer laufenden Beobachtung der Ausführungsbestimmungen. Daraus ließen sich dann erste Maßnahmen wie etwa Risikobewertungen ableiten.

Das Handelsministerium hat schon festgelegt, dass sich die neuen Einfuhrrestriktionen nur auf Fahrzeuge mit einem Gewicht von unter 10.001 Pfund (4,54 Tonnen) beziehen. Damit fallen beispielsweise Traktoren, Busse, viele Baumaschinen und Lastwagen nicht unter die Bestimmungen.

Den womöglich betroffenen Unternehmen in Europa rät Wuhrmann, nicht in Panik zu verfallen. "Es wird sicherlich zahlreiche Ausnahme-Bestimmungen geben, vor allem in Bereichen, in denen die USA ohne ausländische Produkte und Software schweren Schaden nehmen würde", sagt der Experte.