Vision V: So will Mercedes in China mit Luxus-Vans überzeugen

Chinesische Kunden sitzen gerne hinten. Und sie stehen auf Entertainment, während sie sich durch den Stau der Großstädte kutschieren lassen. Geleitet von diesen Erkenntnissen hat Mercedes-Benz einen neuen Van entwickelt, der verlorene Marktanteile in dem wichtigen Markt zurückerobern soll. 

Auf der Messe Auto Schanghai präsentieren die Schwaben nun das Konzeptauto Vision V. Es ist vollgepackt mit luxuriöser Ausstattung und soll ein neues Segment definieren. Er basiert auf der neuen Plattform Van.EA

Van-Chef Thomas Klein spricht im Zusammenhang mit dem Vision V vom Beginn einer neuen Ära. "Damit setzen wir Maßstäbe in Design, Komfort und immersiver User Experience – und werden den höchsten Ansprüchen unserer Kunden gerecht.“

Tatsächlich ist der bullig gezeichnete Van mit markantem Kühlergrill komplett auf die Kundenwünsche betuchter Chinesen zugeschnitten. Während das Segment in Europa mit dem Trend zum SUV bereits seit Jahren unter Druck ist und beispielsweise VW seinen Klassiker Touran auslaufen lässt, verzeichnen luxuriöse Vans vor allem in China Zulauf.

Beim Vision V hat Mercedes an nichts gespart. Eine Glaswand, die sich auf Knopfdruck verdunkeln lässt, trennt das Cockpit vom loungeartigen Passagierbereich. Sind die Türen geschlossen, verwandelt sich der Van in ein fahrbares Kino. Sobald die Passagiere eingestiegen und die Türen geschlossen sind, gleitet aus einer mit Wurzelholz und Leder Nappa gestalteten Konsole ein Fernseher mit 65 Zoll Bildschirmdiagonale nach oben. 

Elektrisch verstellbare Sitze aus röhrenförmigen Kissen sollen größtmöglichen Komfort bieten. Der Sound kommt aus 42 Lautsprechern. Je nach Bedarf kann sich der Vision V auch in ein Büro, eine Spielzone, ein Einkaufszentrum oder eine Karaoke-Bar verwandeln. Zwar dürfte das Auto so nicht in Serie gehen, zeigt aber, wohin die Reise geht. 

Der Antrieb gerät da fast zur Nebensache. Jedenfalls macht Mercedes zu diesem Zeitpunkt noch keine Angaben zu Leistung und möglicher elektrischer Reichweite des künftigen Flaggschiffs in der Van-Sparte. 800-Volt-Technologie und die neuesten Zellen für die Batterie sollten aber für mehr als 500 Kilometer reichen.

Selbstverständlich ist auch das neue Betriebssystem MB.OS serienmäßig an Bord. Das Fahrzeug steht auf der neuen Plattform Van.EA, die ab 2026 eingeführt werden soll. Mit der Erweiterung des Modellportfolios in den Top-End-Bereich will die Van-Sparte gemäß der Luxus-Strategie vor allem mehr Angebote bei teuren Fahrzeugen schaffen. Von den kleinen Vans wird sich die Marke dagegen verabschieden.

Allerdings schläft die chinesische Konkurrenz auch hier nicht. Schon auf der Messe in Peking im vergangenen Jahr war zu beobachten, dass lokale Hersteller diesen Markt längst beackern. So bietet beipielsweise Xpeng mit dem X9 ebenfalls einen luxuriösen Van mit ausklappbarem Bildschirm für die Rücksitze an, und BYD hat über die Submarke Denza, an der auch Mercedes früher beteiligt war, den D9 im Sortiment.

Geely schickt mit dem Zeekr 9 Grand seine Edelmarke vor, wobei der ausklappbare Bildschirm hier nur 43 Zoll groß ist. Auch der Voyah Dream spielt in diesem Segment und könnte wie alle anderen chinesischen Luxus-Transporter den Weg nach Deutschland schaffen.

Bei Mercedes bildet der Vision V nur die oberste Spitze einer ganzen Familie von neuen Transportern, die den Vito für den gewerblichen Bereich und die V-Klasse für den privaten Bereich ablösen sollen. Die Luxus-Transporter werden mit den Bezeichnungen VLE und VLS in Anlehung an E- und S-Klasse an den Start gehen. 

Obwohl die Plattform zunächst rein elektrisch ausgelegt war, entwickelt Mercedes angesichts des schleppenden Elektro-Hochlaufs mit Van.CA derzeit auch eine Version für Verbrennungsmotoren. Beide Varianten sollen aber eine größtmögliche Anzahl gleicher Teile nutzen, um die Kosten im Griff zu behalten.

In Europa werden die Transporter auf der Plattform Van.EA in Zukunft am polnischen Standort in Jawor gefertigt. Hier baut Mercedes seine bisherige Motoren-Produktion zur Transporter-Montage um. In China werden Vito und V-Klasse bisher beim Joint Venture Fujian Benz Automotive gefertigt. 

Das Gemeinschaftsunternehmen wurde im Jahr 2007 am Standort Fuzhou gegründet. Als erstes Fahrzeug lief der Vito im Jahr 2010 vom Band. In 2016 folgte der Produktionsstart der Großraumlimousine V-Klasse.

Im vergangenen Jahr konnte Mercedes laut Geschäftsbericht von der V-Klasse inklusive der elektrischen Variante (EQV) 56.809 Einheiten absetzen, ein Minus von fünf Prozent. 

Den Absatz von Vito und V-Klasse in China gibt Mercedes für das Jahr 2024 mit 26.613 Einheiten an, ein Minus von 20 Prozent. Dies deckt sich mit den allgemeinen Absatzrückgängen der Marke im chinesischen Markt. Insgesamt waren es 683.568 verkaufte Autos mit Stern, sieben Prozent weniger als im Vorjahr. 

Der Elektromarkt wird von günstigen lokalen Anbietern bestimmt, während das Luxus-Segment durch die gedämpfte Stimmung in der Wirtschaft gebremst wird. Vor diesem Hintergrund muss sich zeigen, ob der Vision V chinesische Kunden überzeugen kann.