Fast schon tot, plant die Marke Lancia ihr Comeback. Das erste Modell ist der neue Ypsilon. Gelingt die Unterscheidung zu den vielen Stellantis-Schwestermodellen?
Lancia Ypsilon: Der Kleinwagen soll das erste einer Reihe neuer Modelle sein.
Lancia lebt noch – zumindest in Italien. Dort kann der über zehn Jahre alte Ypsilon noch immer im Kleinwagensegment bestehen. Im Rest der Welt jedoch war Lancia nur noch eine verblasste Erinnerung.
Modelle wie der Delta, Gamma und der erste Thema sind legendär, während der Voyager und der letzte Thema als missglückte Chrysler-Übernahmen gelten. Kein Wunder, dass 2017 die deutschen Händler das Licht ausmachten.
Nun keimt neue Hoffnung. Stellantis-Chef Carlos Tavares möchte die italienischen Kunden nicht im Stich lassen und plant neue Modelle, um den aktuellen Normen zu entsprechen. Er schätzt leidenschaftliche Marken mit bewegter Geschichte und haucht Lancia mit einem neuen Ypsilon neues Leben ein.
Markenchef Luca Napoletano, seit Kurzem Vertriebschef des gesamten Konzerns, verspricht eine langfristige Strategie: "Alle zwei Jahre kommt ein neuer Lancia, und natürlich sind sie alle elektrisch." Nach dem Kleinwagen folgt 2026 ein neuer Gamma und 2028 ein Comeback des legendären Delta.
Die Abgrenzung zu den Schwestermarken DS und Alfa Romeo bleibt eine Herausforderung für das Marketing. Dennoch positioniert sich Lancia als „Premium“-Marke innerhalb der Stellantis-Familie und verleiht dem Kleinwagen Ypsilon eine besondere Note.
In Zusammenarbeit mit dem renommierten italienischen Möbelhaus Cassina soll der Ypsilon mehr Finesse bieten. Zum Start wird es nur 2000 Exemplare dieser besonderen Edition geben. Auch die Standardversionen des Ypsilon sind exklusiv und auffällig gestaltet.
Das Design überzeugt: auffällige LED-Kreuze im Frontbereich, Zierteile in Kontrastfarben und kreisrunde Rückleuchten im Stil des Rallye-Champions Lancia HF. Das Interieur bietet gepolsterte Sitze, runde Türgriffe, einen von Amazons Alexa inspirierten Sprachassistenten und einen kleinen Kaffeetisch.
Die Materialien im Cockpit fühlen sich rau an.
Doch die erste Fahrt enttäuscht. Die Materialien im Cockpit fühlen sich rau an. Da hilft auch der hohe Recycling-Anteil nichts. Der Kaffeetisch wirkt wie vom Discounter, und die Verarbeitung ist mangelhaft. Trotz verbreiterter Spur bleibt das Fahrgefühl enttäuschend. Gebaut wird der Ypsilon in Saragossa, nicht in Turin oder Mailand.
Das Fahrverhalten leidet unter der Standardtechnik von Stellantis. Der Ypsilon basiert auf dem Opel Corsa E und nutzt den bekannten 156 PS starken Elektromotor sowie einen 54 kWh-Akku, der 403 Kilometer Reichweite bietet, aber nur mit 11 und 100 kW geladen werden kann.
Künftig soll es den Ypsilon mit 240 PS geben. Damit will Lancia der Konkurrenz wieder die Rücklichter zeigen.
Lancia will auch wieder auf den Rennstrecken glänzen. "Alle neuen Lancias werden mit dem HF-Logo erhältlich sein", verspricht Napoletano. Ein Ypsilon mit 240 PS soll nächstes Jahr folgen. Lancia strebt eine vollständige Elektrifizierung an, lässt sich jedoch Zeit. In Italien, wo der Ypsilon diesen Sommer für 24.000 Euro startet, wird der Wagen 30 Prozent teurer. Die E-Version kostet mindestens 34.000 Euro, ist aber günstiger als der elektrische Corsa.
Bis es in Deutschland wieder losgeht, wird es noch etwas länger dauern. Die Italiener haben noch Zeit, da die Premiumgruppe aus Alfa, Lancia und DS ihr Agenturmodell anpassen muss. Stellantis-Manager Niccolò Biagioli hat kürzlich in der Automobilwoche seine Strategie für das Comeback erklärt. Rund 25 Standorte sollen bis nächsten Sommer eröffnen – bis dahin kann Lancia noch etwas schlafen.
