Der Gründer und Vorstandschef der US-Softwarefirma Apex.AI, Jan Becker, ist Experte für automatisierte Fahrfunktionen. Sein Unternehmen kooperiert bei der Entwicklung eines Fahrzeug-Betriebssystems unter anderem mit Toyota.
AUTOMOBILWOCHE: Herr Becker, Ist 2023 das erste Jahr, in dem erstmals automatisierte Fahrfunktionen nach Level 3 größer in den Markt drängen?
Jan Becker: Ja, da tut sich jetzt einiges. Es sind Steuergeräte verfügbar, die leistungsfähig genug sind und auch die nötige Sensortechnologie ist so weit entwickelt, dass die Verantwortungsübergabe an den Hersteller erstmals machbar erscheint. Der Übergang von Level 2+ auf Level 3 scheint klein, ist aber in Wahrheit durch die rechtliche Verantwortung und die notwendige Absicherung, das heißt Testen, riesengroß.
Mercedes bietet bisher als einziger Hersteller eine Level-3-Funktion in Deutschland an. Konkurrenten lästern, der Drive Pilot bringe keinen echten Mehrwert. Teilen Sie diese Ansicht?
Für mich macht die Funktion sehr viel Sinn. In einer Situation, in der ich ohnehin gelangweilt im stockenden Verkehr festhänge, oder im Stau stehe, kann ich die Verantwortung an das Fahrzeug abgeben und die Zeit sinnvoller nutzen.
Wie bewerten Sie die vorgestellte Innovation von BMW, einen kompletten Überholvorgang per Blick in den Spiegel auszulösen?
Ich kenne die Funktion nicht im Detail. Innenraumüberwachung für Fahrerassistenzsysteme ist allerdings seit einigen Jahren auf dem Markt und wird beispielsweise von GM eingesetzt, seit 2021 für das Super Cruise-System. GM nutzt hier die Technologie des australischen Weltmarktführers Seeing Machines. Auch BMW verwendet deren Soft- und Hardware für die Fahreraufmerksamkeitsüberwachung, greift für die Assistenzsysteme aber nach meinem Kenntnisstand auf ein System von Mobileye aus Israel zurück.