Wo Audi sein Charging Hub in Berlin baut

Bei der Präsentation des ersten Audi Charging Hub kurz vor Weihnachten 2021 wurde das Konzept der Ingolstädter hinter vorgehaltener Hand oft belächelt. Eigene Stromtankstellen für Premium-Kunden in urbanen Ballungsräumen? Unnötig bei rechtzeitigem Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zu groß, zu kompliziert, zu rückwärtsgewandt vom Denken. Das waren nur einige der Vorwürfe. Inzwischen haben sich die Charging Hubs aber zu einem etablierten Bestandteil von Audis Konternstrategie entwickelt. Vorläufiger Höhepunkt: Anfang 2023 bekommt die deutsche Hauptstadt Berlin ihr erstes Charging Hub. Die Automobilwoche kennt exklusiv die Details.

So entschieden sich die Strategen bei Audi für einen Standort an der Berliner Hermann-Blankenstein-Straße 48, entlang der Parkplätze des großen Feinkostmarktes Frischeparadies im Stadtteil Prenzlauer Berg. Audi mietete dieses Fläche bei dem Lebensmitteleinzelhändler an. Unweit der beiden großen Berliner Ausfallstraßen Landsberger Allee und Frankfurter Allee soll die neue Stromtankstelle Mitte des ersten Quartals 2023 eröffnet werden.

Elias Hammer, der den Aufbau des Berliner Charging Hub für Audi verantwortet, sagt der Automobilwoche: "Wir sind sehr zufrieden mit dem Standort." Hammer führt aus: "Die Nähe zur dortigen Altbau-Wohnbebauung spricht auch die Kunden an, die in ihren Wohnungen oder Immobilien nicht über die Elektro-Infrastruktur für das HPC-Laden verfügen. Mit unserem Partner Frischeparadies haben wir zudem die Möglichkeit, die Annehmlichkeiten des Standorts, wie Kaffees, Bistros oder eben auch Toiletten optimal für unsere Kunden anzubinden.“

Denn anders als in Nürnberg setzt Audi in Berlin, wie auch schon beim im November eröffneten zweiten Hub in Zürich, nicht auf eine eigene Lounge im Obergeschoss, sondern nutzt bestehende Infrastruktur und konzentriert sich auf die Lademöglichkeiten. Ein Konzept, was auch für die weiter in 2023 geplanten Standorte in München und Salzburg verfolgt wird. Elias Hammer: "Für den bereits bestehenden Standort in Zürich und das geplante Hub in Salzburg macht die kompaktere Lösung für uns mehr Sinn. Einfach auch, weil sie weniger Platz benötigt."

Auf den Kern reduziert bietet das Charging Hub Audis Kunden demnach eine HPC-Schnelllademöglichkeit weit abseits von Autobahnen und Autohöfen. Angesprochen werden sollen Kunden, die einen Audi fahren, aber in der dichten Berliner Wohnbebauung keine eigene Ladeinfrastruktur installieren können. Grundsätzlich stehen Audis Charging Hubs aber allen Marken offen, wobei nur Audi-Kunden über die MyAudi-App bestimmte Premium-Funktionen wie die Reservierung von Ladestandorten nutzen können. Eine Kilowattstunde kostet im Tarif Audi Charging Basic hier 36 Cent.

Die Strategie des Charging Hub setzt auf einen normalen Netzanschluss als einzige Bauvoraussetzung. In modularer Bauweise errichtet, nutzt Audi für seine Stromtankstellen ausrangierte e-Tron-Batterien im Kern des Hubs, die mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des jeweiligen Standorts und aus dem normalen Stromnetz kontinuierlich geladen und mit bis zu 320 kW Ladeleistung an den Kunden abgegeben werden.

Das anfangs skeptisch beäugte Konzept scheint dabei zu funktionieren. Rund 30 Ladevorgänge täglich gebe es an den vier Ladepunkten in Zürich, teilt Audi auf Anfrage der Automobilwoche mit. Eine Auslastung, die bei den Ingolstädtern intern weiter überzeugt. Auch das Debüt-Hub in Nürnberg ist nach Herstellerangaben weiter gut ausgelastet.

Und inzwischen steigt auch das Interesse außerhalb des Konzerns. So melden sich inzwischen Kommunen selbst bei Audi und fragen nach der Möglichkeit, ein Charging Hub auf dafür geeigneten Flächen errichtet zu bekommen. Dass der Premium-Hersteller sein Konzept in der Fläche groß ausrollt, gilt aber als ausgeschlossen. Weiterhin sollen nur Standorte bedient werden, die in das Markenkonzept von Audi passen und gleichzeitig über das interne Monitoring von Verkehrsströmen als geeignet erscheinen. Auch den Bereich Autobahnen wird Audi mit seinem Charging Hub weiterhin nicht bespielen.

Stattdessen plant man in Ingolstadt den Rollout im kommenden Jahr und 2024 in weiteren deutschen Ballungsräumen und perspektivisch auch weiter in Europa. Sowohl die kleineren Hubs wie in Berlin als auch die "große Lösung" aus Nürnberg sollen dabei zum Einsatz kommen. Elias Hammer: "Es wird von Standort zu Standort individuell geprüft, was Sinn macht und auch die größeren Hubs mit oben angeschlossener Lounge sind noch weiter fester Teil unseres Konzepts."

Aus dem Datencenter:

Ausbau versus benötiger Ausbau der Ladeinfrastruktur in Europa