Demel will es noch einmal wissen

Wenn er über die E-Mobilität spricht, macht er fast dem aktuellen Audi-Chef Markus Duesmann Konkurrenz. "Der Umstieg auf nachhaltige Verkehrslösungen nimmt in der Branche immer mehr an Fahrt auf", sagt Herbert Demel. Das stelle "die Automobilindustrie und Fuhrparkbetreiber vor viele Herausforderungen", auch bei der "wirtschaftlichen Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit und Profitabilität". Gerade deshalb, so hätte wohl Demels Nach-Nachfolger an der Audi-Spitze hinzugefügt, müssen man nun umso konsequenter auf E-Autos setzen.

Dabei ist es schon 25 Jahre her, dass Demel selbst auf dem Chefsessel bei Audi saß, bevor er dann erst zu VW do Brasil und danach zu Magna Steyr, Fiat und schließlich zum Anlagenbauer M+W weiterzog. Fünf Jahre, nachdem er dort in den Ruhestand verabschiedet wurde, will er es nun noch einmal wissen: Beim englischen E-Antriebs-Zulieferer Bedeo, der auch umgerüstete  Elektro-Transporter unter eigener Marke anbietet, zog er jetzt als Berater in den Beirat ein.

Ganz verabschiedet aus der Branche hatte sich Demel ohnehin nie. Schon 2017, als M+W den damals 63-jährigen CEO in den Ruhestand schickte, sprach Demel vielsagend vom "höchst reizvollen Lebensabschnitt der Halbpension". Ein halbes Jahr später tauchte er bereits wieder auf - schon damals bei einem E-Auto-Zulieferer: Beim britischen Radnabenmotoren-Hersteller Protean Electric zog er als nicht geschäftsführendes Mitglied in die Geschäftsleitung ein.

Vor einem halben Jahr wurde Protean nun von Bedeo übernommen. Mit Demels Berufung in den Bedeo-Beirat berät er nun neben der Tochter auch die Muttergesellschaft. "Bedeo und Protean leisten mit ihren Marktkenntnissen und zukunftsweisenden technologischen Lösungen Pionierarbeit", sagt Demel. "Der von Bedeo eingeschlagene Weg hat mich sehr beeindruckt."

Bedeo war 2009 in der Türkei als BD Auto gegründet worden und entwickelt und produziert E-Antriebe für Elektro-Transporter und rüstet auch selbst Verbrenner auf Elektro um. Wichtigster Kunde ist der Stellantis-Konzern. Bedeo liefert den E-Antrieb für die Modelle Peugeot E-Boxer, Citroen E-Jumper und Opel Movano-E und rüstet die Transporter in seinem Werk in der Türkei auch um. Modelle der Stellantis-Marke Fiat, an deren Spitze Demel einst stand, dienen zudem als Basis für die eigenen E-Transporter, die Bedeo unter eigener Marke anbietet. Im Einsatz sind sie bei Lieferdiensten wie TNT und DHL.

"Herbert Demel ist einer der renommiertesten Branchenexperten weltweit. Seine umfassenden Kenntnisse und sein tiefes Bekenntnis zu unseren gemeinsamen Grundsätzen werden für unsere Mission - die Elektrifizierung des Verkehrs - von unschätzbarem Wert sein", sagte Bedeo-Gründer und -CEO Osman Boyner. "Die Welt muss ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen unbedingt reduzieren, und Dr. Demels Expertise, Erfahrung und seine Vernetzung in der Branche werden uns entscheidend dabei helfen, OEMs und Fuhrparkbetreiber mit schnellen und effektiven Elektrifizierungslösungen zu versorgen."

Demel war 1990 von Bosch zu Audi gekommen, wo der gebürtige Wiener fünf Jahre später zum Chef aufstieg. 1997 schickte ihn die Audi-Mutter VW dann nach Südamerika, um VW do Brasil  zu sanieren. Demel galt zeitweise sogar als möglicher Nachfolger des damaligen VW-Chef Ferdinand Piech, doch der Posten ging 2001 an Bernd Pischetsrieder. Demel verließ daraufhin den VW-Konzern, wechselte zunächst zu Magna Steyr und dann zu Fiat, wo er der erste Nicht-Italiener an der Spitze der Marke wurde.